Der Schauspieler und Regisseur aus Gipf-Oberfrick begeistert mit Geschichten zum Bözberg, der wohl stark und unerschütterlich erscheinen mag, jedoch überraschend verletzliche Seiten hat. Am 6. November erzählt er sie in einem besonderen Rahmen.
Der Berg ruft. Wieder und wieder. Bereits achtmal hat Kaspar Lüscher das Publikum bei seinen Geschichtenwanderungen auf dem Bözberg in den Bann gezogen, hat ihnen von den Nöten der Menschen erzählt, von ihren Freuden, von der Kriegszeit, von den Römern auch. Von der Kraft des Berges und seiner Verletzlichkeit. Lüscher ist, das berichten Leute, die ihn erlebt haben, in seinem Element, erzählt leidenschaftlich, nimmt die Mitwandernden mit hinein in die Bözberg-Welten, wandert mit ihnen durch Raum und Zeit.
Gerade diesen Sonntag war Lüscher wieder mit seinen Geschichten unterwegs. Es sei traumhaft gewesen, erzählt er, viele seien mitgewandert, hätten gelauscht – und ja, auch die Geschichten mit eigenen Anekdoten weitergesponnen. Mit dabei waren diesmal auch Regierungsrat Dieter Egli und Grossratspräsidentin Elisabeth Burgener, die zur Wanderung eingeladen hatte.
Burgener war es auch, die Lüscher vor drei Jahren den Auftrag gegeben hat, Geschichten über den Bözberg zu schreiben und sie dann auf einer Wanderung Interessierten zu erzählen.
Lüscher war begeistert von der Idee, denn genau das liebt der Autor, Schauspieler und Regisseur aus Gipf-Oberfrick: in die Welt von Menschen einzutauchen, mit ihnen in die Erinnerungen abzutauchen, ganz tief, um dann mit Ideen für die Geschichten wieder aufzutauchen.
Lüscher hat für die Geschichtenwanderungen mit vielen Bözbergerinnen und Bözbergern gesprochen, hat ihnen zugehört, hat auch das gehört, was leicht zu überhören wäre – und hat daraus seine acht Geschichten, die er jeweils an verschiedenen Stationen auf dem Bözberg erzählt, geformt, hat das Gehörte in die unverwechselbare Lüscher-Form gegossen. Er lässt das Gestern so im Heute aufleben und schlägt zugleich eine Brücke zum erinnernden Morgen.
Wer den Tausendsassa aus Gipf-Oberfrick kennt, der weiss: Lüscher hat die Geschichten mit Akribie geschrieben, hat sich viele zusätzliche Informationen geholt, etwa aus den Beiträgen von Historiker Max Baumann, hat den Geschichten Leben eingehaucht, ein Leben, das für den Moment des Erzählens zu seinem Leben wurde. Und so stand er am Sonntag da, auf dem Bözberg, mit ausgestreckten Händen, den Schal um den Hals gewickelt, die Augen weit aufgerissen, und erzählte den Menschen von «seinen» Menschen.
Die Geschichtenwanderung am Sonntag war die letzte, die Burgener organisiert hat – aber nicht die letzte Gelegenheit, um den Geschichten zu lauschen. Eine ganz besondere Geschichtenwanderung wird es am 6. November um 15.30 Uhr geben: eine sitzende Wanderung, organisiert vom Jurapark Aargau in der Kirche von Kirchbözberg (Infos und Anmeldung unter www.jurapark-aargau.ch).
«Ich möchte die Geschichten erzählen für die Menschen, die auf dem Bözberg leben», sagt Lüscher. Nicht alle aber wollen oder können wandern. Lüscher sagt:
«Sie sollen die Gelegenheit haben, den Geschichten sitzend zu lauschen.»
Die Kirche sei dazu prädestiniert, findet Lüscher. Und natürlich lässt es sich Lüscher nicht nehmen und schreibt für diesen besonderen Anlass eine spezielle Geschichte, eine, die in der Kirche beginnt.
Die Kirche steht, anders als die meisten, nicht auf einer Anhöhe, sondern in einer Senke. Das hat auch damit zu tun, dass über den Bözberg gleich zwei Handelsrouten führten, die sich auf dem Bözberg kreuzten. Der Berg sei also früher auch ein Tor zur Welt gewesen, sagt Lüscher.
Die Begegnung mit den Menschen ist für Lüscher bei seiner Arbeit zentral. Er hofft, dass viele Einheimische kommen werden und die Geschichten, die er erzählt, weitererzählen werden – und dies im doppelten Sinn: Sie sollen sie anderen weitererzählen und sie sollen sie weiterspinnen.
Es sei kein Mitmachtheater, beruhigt Lüscher, denn das mag er selber auch nicht. Lüscher sagt:
«Es ist die Aufgabe des Künstlers, das Programm zu gestalten, und nicht der Zuschauerinnen und Zuschauer.»
Aber wenn er die Menschen animieren kann, mitzugehen, mit ihm in die Geschichten einzutauchen und vielleicht mit der einen oder anderen Vergewisserung daraus wieder aufzutauchen, «dann habe ich einen guten Job gemacht».
Den wird er machen. Wie immer. Und anders als auf der Bühne, wo ein Zwischenraum zwischen Künstler und Publikum, Bühne und Saal besteht, sind die Zuschauerinnen und Zuschauer hier Teil des Geschehens, formen den Raum für die Geschichten. Denn, das ist Lüscher wichtig: «Nicht ich stehe im Mittelpunkt, sondern die Geschichten.»