Zurzeit steht eine Absage der Gemeindeversammlungen (noch) nicht zur Diskussion. Das zeigt eine Umfrage der AZ unter den Gemeinden. Die «Gmeind» wird jeweils mit einem Schutzkonzept abgehalten.
Die Coronakrise hat die Schweiz wieder voll im Griff. Den explodierenden Fallzahlen fallen auch viele der ohnehin spärlich gewordenen Veranstaltungen zum Opfer. Und was machen die Gemeinden? Für sie kommt just jetzt, wo die Coronazahlen Rekordwerte erreichen, die heisse Volks-Phase: An den Gemeindeversammlungen im November und Dezember legen sie dem Souverän ihre Geschäfte – auch jene der abgesagten Gemeindeversammlungen im Juni – und vor allem das Budget 2021 zur Genehmigung vor. Da stellt sich die Frage: Können die Gemeindeversammlungen überhaupt durchgeführt werden?
Anders als in anderen Regionen, wo mehrere Gemeinden die Gemeindeversammlung bereits abgesagt haben, gehen viele Gemeinden im Fricktal, Stand jetzt, davon aus, dass sie die Versammlung abhalten können. Das zeigt eine Umfrage der AZ unter den grösseren Gemeinden.
«Wir verfügen über ein Schutzkonzept, das gewährleistet, dass die Hygiene- und Abstandsvorschriften eingehalten werden können», sagt Roger Erdin, Stadtschreiber von Rheinfelden. Unter diesen Umständen habe man bereits die Gemeindeversammlung vom 3. September durchgeführt. «Neu kommt eine generelle Maskenpflicht hinzu, auch wenn die Abstandsvorschriften eingehalten werden können», so Erdin.
Ähnlich tönt es in Stein. Auch hier setzt man an der Gemeindeversammlung auf Maskenpflicht, Sektorenzuteilung und Erhebung der Kontaktdaten. So habe man in den letzten Wochen schon zwei grössere Veranstaltungen erfolgreich durchgeführt, sagt Gemeindeschreiber Sascha Roth, der weiss: «Die Sicherheit steht und fällt mit der Disziplin jedes Einzelnen.»
Wo es geht, weichen die Gemeinden zudem auf grössere Räume aus. So findet die Versammlung in Laufenburg nicht wie gewohnt in der Aula im Schulhaus Blauen, sondern in der Stadthalle statt. «Die Grösse der Stadthalle erlaubt es uns, die Abstände von 1,5 Metern zwischen den Stühlen vollumfänglich einzuhalten», sagt Stadtschreiber Marco Waser. Man habe ein umfassendes Schutzkonzept erarbeitet. So gilt auch in Laufenburg für die Versammlung eine Maskenpflicht. Das handhabt Gipf-Oberfrick gleich. Die Maskenpflicht gilt «auch bei Voten der Stimmberechtigten», sagt Gemeindeschreiber Urs Treier.
In Gipf-Oberfrick hat der Gemeinderat zudem aufgrund der Coronasituation das emotional aufgeladene Thema «Tempo 30», das für einen Grossauflauf sorgen würde, von der Traktandenliste gestrichen. Über «Tempo 30» wird später an der Urne abgestimmt. «Die Mehrzweckhalle hat Platz für 400 bis 500 Personen, wir erwarten an der GV nicht mehr als 150 Personen, das geht gut», sagt Treier. «Mit Masken und dem grosszügigen Stuhlen besteht eine gute Sicherheit.»
Auch Marius Fricker, Gemeindeschreiber von Möhlin, verweist auf die grosszügigen Räume. «Aufgrund der niedrigen Traktandenlast» erwartet die Gemeinde zudem keinen Grossaufmarsch. Um grosszügig stuhlen zu können, weicht Frick auf die Dreifach-Turnhalle aus. So könne der Sicherheitsabstand von 1,5 Metern eingehalten werden, sagt Gemeindeschreiber Michael Widmer. «Es werden zudem Sektoren gebildet, und es wird eine Schutzmaskenpflicht geben.»
Die Stichworte fallen auch in Kaiseraugst: «Maskenpflicht, Abstände, Sektoren, Lüften, Desinfektionsmittel am Eingang», nennt Gemeindeschreiber Rolf Dunkel die Sicherheitsvorkehrungen. Zudem sei aufgrund der Traktanden kein ausserordentlicher Andrang zu erwarten.
Ob die Gemeindeversammlungen jedoch im November auch tatsächlich stattfinden werden, hängt von der weiteren Entwicklung ab – und von den Vorgaben des Kantons respektive des Bundes. «Wir beobachten die weitere Entwicklung aufmerksam», sagt Michael Widmer.
Auch in Laufenburg verfolgt man die Entwicklung genau. Abgesagt würde die Versammlung laut Marco Waser zum einen, wenn sie von Kanton oder Bund verboten würde. Zum anderen, wenn «sich die Bedingungen weiter zuspitzen und eine Durchführung nicht mehr verantwortet werden kann». Als Beispiel für einen Absagegrund nennt Marius Fricker die epidemiologische Lage zum Zeitpunkt der Versammlung. Abgesagt werde die Versammlung, «wenn es beispielsweise absehbar ist, dass sich so viele Stimmberechtigte in der Quarantäne befinden oder aus anderen epidemiologischen Gründen eine Durchführung verunmöglicht wird».
Was aber passiert im Falle einer Absage mit den Traktanden? Sie würden entweder auf die nächste Versammlung verschoben – oder es würde ein Urnengang angesetzt. Letzteres wäre suboptimal, gibt Marco Waser zu bedenken. «Bei 19 ordentlichen Traktanden wäre dieser aber ein grosser Umtrieb», so der Stadtschreiber. Auch würde der direkte Austausch mit der Stimmbevölkerung ausbleiben, «was sehr schade ist und allenfalls auch Unklarheiten/Fragen zu den Traktanden offenlässt».
Kommt erschwerend hinzu, dass eine komplette Verlagerung der Traktanden an die Urne nach geltender Regelung kaum möglich wäre. «Aktuell lässt die Notverordnung des Kantons Urnenabstimmungen nur bei Geschäften zu, die keinen Aufschub zulassen», sagt Michael Widmer. «Für den generellen Ersatz der Gemeindeversammlung durch Urnenabstimmungen besteht aktuell also keine rechtliche Grundlage.»
Nicht an die Urne gebracht werden können aus rechtlichen Gründen auch die Einbürgerungsgesuche, über welche die Gemeinden traditionell an den Gemeindeversammlungen im Spätherbst befinden.