Fricktal
Die Quagga-Muschel gefährdet die Fischbestände im Rhein: «Boote und Material müssen unbedingt gereinigt werden»

Nach der Schwarzmeergrundel kommt die Quagga-Muschel: Die invasiven Arten gefährden das Ökosystem im Rhein. Die Muschel hat sich vom Bodensee aus im Hochrhein ausgebreitet. Die Behörden und Fischer appellieren deshalb an Bootsbesitzer und Freizeitsportlerinnen – denn diese könnten die gefrässige Muschel noch weiter verschleppen.

Nadine Böni
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Die Quagga-Muscheln kommen inzwischen wohl auf den gesamten Fricktaler Rheinabschnitt vor.

Die Quagga-Muscheln kommen inzwischen wohl auf den gesamten Fricktaler Rheinabschnitt vor.

Zvg

Die eine ist gerade mal drei Zentimeter klein, die andere doch immerhin
15 Zentimeter gross. Beide stammen sie aus dem Schwarzmeerraum. Und beide gefährden sie hierzulande die Ökosysteme in den Gewässern. Die Rede ist von der Quagga-Muschel und der Schwarzmeergrundel.

Letztere sorgt mit ihrem Eroberungszug durch die Schweizer Flüsse schon seit mehreren Jahren für Schlagzeilen. Auch im Fricktaler Rheinabschnitt ist die Grundel inzwischen weitverbreitet.

Vom Bodensee rheinabwärts geschwemmt

Die Quagga-Muschel ihrerseits wurde 2014 im Rhein bei Basel zum ersten Mal in der Schweiz nachgewiesen. 2017 wurde sie im Bodensee entdeckt und hat von dort aus inzwischen den Hochrhein erobert. Lukas De Ventura, Fachspezialist Oberflächengewässer beim Kanton, sagt:

«Die Quagga-Muschel kommt in sehr grossen Dichten im Bodensee vor und ihre Larven werden auch rheinabwärts geschwemmt. Daher ist eine Besiedlung des Rheins nicht mehr zu verhindern.»

Das letzte biologische Monitoring im Rhein stammt aus den Jahren 2017/2018. Darin wurde die Muschel bereits erfasst: «Sie kam vom Bodensee bis Schweizerhalle an fast allen Untersuchungsstellen in kleinen Dichten vor», sagt De Ventura. Mit Ausnahme von Sisseln, wo gar keine Quagga-Muscheln, und Ellikon nahe Schaffhausen, wo bereits höhere Dichten gefunden wurden.

Eine Wiederholung der Untersuchungen ist für nächsten Frühling, also 2023 geplant. Und De Ventura macht keinen Hehl daraus, dass die Prognosen nicht gerade vielversprechend sind:

«Wir rechnen damit, dass die Muscheldichten bei der nächsten Untersuchung wohl eher höher ausfallen werden.»

Dass die Muschel inzwischen wohl den gesamten Fricktaler Rheinabschnitt besiedelt hat, ist auch den hiesigen Fischern nicht verborgen geblieben. «Gerade nach Hochwassern sieht man grosse Mengen an leeren Schalen», sagt Rolf Bürgi, Präsident des Fischereivereins Bezirk Rheinfelden.

Die Fischbestände könnten leiden

Welche Auswirkungen die Präsenz der Quagga-Muscheln in den hiesigen Gewässern hat, ist dabei noch unklar. Untersuchungen aus Nordamerika lassen erahnen, dass unter anderem die Fischbestände leiden könnten.

Diese Auswirkungen hat die Quagga-Muschel

Gesicherte Ergebnisse zu den ökologischen Folgen der Quagga-Muschel für die Schweizer Gewässer liegen noch nicht vor. Hinweise liefern Untersuchungen aus Nordamerika, wo die Grossen Seen bereits vor rund 20 Jahren besiedelt wurden. Gerade hohe Besiedlungsdichten führen demnach zu einem Rückgang der Biomasse des pflanzlichen Planktons – was Einfluss auf die Fische hat. Diese sind unter anderem auf die Kleinstorganismen als Nahrungsquelle angewiesen. In einem Merkblatt des Wasserforschungsinstituts des Bundes Eawag heisst es auf den Bodensee bezogen: «Es ist zu befürchten, dass dadurch die Produktivität des Bodensees abnimmt und bestimmte Fischbestände noch weiter zurückgehen können.»

Es gelte deshalb, ein Augenmerk auf die Muschel und deren Ausbreitung zu haben, sagt Rolf Bürgi. Denn: Ähnlich wie die Schwarzmeergrundel kann auch die Quagga-Muschel beispielsweise über Freizeitboote, Wassersport- und Fischereimaterial in weitere Gewässer verschleppt werden.

Fokus auf den Schutz des Hallwilersees

Der Kanton Aargau habe den Fokus deshalb vorerst darauf gelegt, die Einschleppung der Quagga-Muschel und anderer invasiver Arten in den Hallwilersee zu verhindern, sagt Lukas De Ventura. Für Schiffe gilt vor dem Einwassern in den See ein Reinigungsgebot.

Und auch Rolf Bürgi appelliert an die Eigenverantwortung von Fischern und Freizeitsportlern auf dem Rhein: «Boote und Material müssen vor dem Übersetzen unbedingt gereinigt und abgedampft werden.»