Wittnau/Sisseln
«Eigentlich bin ich ein Gfrörli»: 62-jähriger steigt bei jedem Wetter in den Rhein

Jakob Vogt lässt sich sein Bad im Rhein trotz tiefer Temperaturen nicht nehmen. Das macht er schon seit knapp 40 Jahren – tagtäglich.

Rael Probst
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Jakob Vogt steigt aus dem eisigen Wasser – wie jeden Tag.

Jakob Vogt steigt aus dem eisigen Wasser – wie jeden Tag.

Rael Probst

Es ist zwei Grad kalt, ein nebliger Tag. Jakob Vogt spaziert in Sisseln am Rheinufer entlang. Bekleidet mit einer Badehose, Neopren-Füsslingen und Handschuhen. «Eigentlich bin ich ein Gfrörli», sagt der spärlich Bekleidete, raucht seine Zigarette zu Ende und steigt ins eisige Wasser. Dieses Jahr sei er nur einen einzigen Tag nicht im Rhein gewesen, sagt der 62-Jährige. Knapp 40 Jahre steige er schon tagtäglich in den Rhein. «Wasser ist mein Leben, ohne Wasser geht nichts», sagt Vogt und spricht von Entzugserscheinungen nach gelegentlichen Schwimm-Aussetzern.

«Meine Frau hat manchmal Angst um mich, ich gehe auch bei Hochwasser in den Rhein. Dass Wasser sehr gefährlich ist, weiss ich. Ich habe meine innere Uhr, die mir sagt, wann Schluss ist.» Lebensgefährliche Situationen habe es durchaus schon gegeben, er wisse aber, wie er sich wann verhalten muss. Das sei sehr wichtig, wenn man bei Wassertemperaturen um 5 Grad schwimmen geht. Heute ist Vogt fast 15 Minuten im Rhein, er durchquert den Fluss, bis er fast an der deutschen Seite angelangt ist, dann schwimmt er zurück ans Sissler Ufer.

Den Schwan, der an Vogts Ausstiegsort schwimmt, kennt der Wasser-Liebhaber bereits. «Solche Momente sind meine Highlights. Manchmal kann ich Eisvögel beobachten, oder ein Biber nagt zwei Meter von mir entfernt an einem Baumstamm. Die Natur ist wunderbar», schwärmt Vogt, während er am ganzen Leib schlottert. «Das geht je nachdem noch eine bis drei Stunden so weiter. Mein Körper ist unterkühlt und zittert. Aber ich fühle mich gut.» Die Hände und Füsse schützt der 62-Jährige mit Neopren-Füsslingen und Handschuhen. Denn Schmerz in den schneller abkühlenden Händen und Füssen sei nicht angenehm, wenn man das Wasser geniessen wolle.

Obwohl Vogts bevorzugte Luft-Temperatur bei 30 Grad liegt und die schönste Wasser-Temperatur 15 Grad sei, kann er auch im Winter nicht ohne den Rhein. Woher diese Passion komme, kann Vogt sich nicht erklären, schmunzelnd sagt er: «Wir haben schliesslich vor der Geburt neun Monate im Wasser gelebt. Vielleicht ist meine Liebe und Abhängigkeit zum Wasser angeboren.»