Lehrertheater Möhlin
Die Zeit ist reif für Max Frisch

Das Lehrertheater Möhlin führt «Biedermann und die Brandstifter» auf und nimmt sich der grossen Schweizer Literatur an.

Ingrid Arndt
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Schauspielerteam: (sitzend) Hans Nassi, Nadine Condor, Benny Zingg, (stehend) Sandra De Minico, Jacob Heinz, Daniel Zingg (Chor). Der Regisseur Dieter Schlachter sitzt im Sessel.

Schauspielerteam: (sitzend) Hans Nassi, Nadine Condor, Benny Zingg, (stehend) Sandra De Minico, Jacob Heinz, Daniel Zingg (Chor). Der Regisseur Dieter Schlachter sitzt im Sessel.

Ingrid Arndt

Erfrischende Abwechslung in der Auswahl der Stücke ist eines der Markenzeichen des Lehrertheaters Möhlin. Nachdem das Team im letzten Jahr mit einer umwerfend verrückten Kriminalkomödie punkten konnte, ist diesmal grosse Schweizer Literatur angesagt. Max Frisch also (1911–1991) mit dem humorvoll skurrilen «Biedermann und die Brandstifter», uraufgeführt 1958, aber zeitlos hochaktuell.

«Meine Liebe zum Schriftsteller Max Frisch ist eine recht späte, genauer gesagt erst seit einem knappen Jahr», sagte Regisseur Dieter Schlachter lachend. Und weiter: «Aber man weiss ja, je intensiver man sich mit etwas beschäftigt, umso nachhaltiger kann es werden.» Deshalb, so fand er, war die Zeit für das fast 60-jährige Möhliner Lehrertheater reif für Max Frisch, der dem Theaterstück den Untertitel «Ein Lehrstück ohne Lehre» gab. Damit, natürlich ungewollt, auch auf die momentanen Besetzungsprobleme in der Schule abzielte, schob Regisseur Dieter Schlachter schmunzelnd nach.

Ein Meister des Verdrängens

Ein Biedermann wird in dieser Parabel ironisch aufs Korn genommen, dessen Rückgrat allzu beweglich ist, ein Opportunist, der jede Zivilcourage, jede kritische Selbstreflexion vermissen lässt, der sich gegen jede offensichtliche Wahrheit feige verweigert, ängstlich nur seine eigene Haut retten will. Realitätsverweigernd agiert er gemeinsam mit den Brandstiftern, die von Anfang an sagen, was sie im Schilde führen. Er präsentiert sich als Meister des Verdrängens.

Anfänglich echauffiert er sich lautstark gegen die Verbrecher, die in der Stadt aus unterschiedlichen Motiven heraus ein Haus nach dem anderen abfackeln. Doch als diese als Hausierer getarnt auf seinem Dachboden nächtigen wollen, lässt er sie hasenfüssig herein. Ganz ungeniert treiben sie dort oben ihr Unwesen, dümmlich vor Panik paktiert Biedermann mit ihnen, findet sich total uneinsichtig in der Hölle wieder. Wer also ist Brandstifter? Nur diejenigen, die offen mit dem Streichholz zündeln? Oder auch die feigen Mitläufer? Diejenigen, die mit Worten die Gefahr befördern?

Im Nachspiel des Theaterstückes findet Max Frisch, dass sich alles immer wieder aufs Neue wiederholt, ganz wie im Hamsterrad. Er liefert hier ein Paradebeispiel für spiessige Doppelmoral, makabre Komik und anspruchsvolle spannende Dialoge.

Die Proben zum Stück begannen bereits im Frühjahr. Jetzt, kurz vor der Premiere, ist noch viel zu tun. Alle im Team, ob Darsteller oder Techniker, sind gemeinsam am Werkeln, Hämmern und Nageln – doch wie immer: Zur Premiere ist alles parat.