Vor zwei Jahren wurde eine Frau in Gipf-Oberfrick erstochen. Heute verurteilte das Bezirksgericht Laufenburg deren Ehemann zu 18 Jahren Gefängnis. Die Richter folgen damit dem Antrag der Staatsanwältin.
«Es war nicht meine Absicht, meine Frau zu töten.» Mehr als diesen einen Satz kann Gerichtspräsident Beat Ackle dem Beschuldigten nicht entlocken. Ein Geständnis ist das nicht. Der 42-jährige Afghane sprach gestern vor den Richtern am Bezirksgericht Laufenburg auch lieber über seine eigenen Probleme, als über den Tod seiner Frau vor zwei Jahren. Er erzählte vom Krieg in Afghanistan, von Raketen-Angriffen und den Taliban.
Er betonte, er sei an jenem Tag im November 2015 «nicht normal» gewesen und sei «seit Jahren krank» wegen der traumatischen Erlebnisse. Am Morgen, als seine Frau erstochen wurde, sei er aufgewacht, weil er das Gefühl hatte, er werde angegriffen. Er habe sich gewehrt, sei «wie im Wahn» gewesen. Er konnte aber nicht sagen, ob der «Angreifer» seine Frau oder jemand anderes war. Daran, dass er zum Küchenmesser griff und damit 56-mal auf seine Frau einstach, bis sie schliesslich im Garten verblutete, erinnere er sich nicht.
Für Staatsanwältin Simone Stöckli ist auch ohne ein Geständnis klar, dass der Afghane seine Frau auf «brutalste Art und Weise» getötet hatte und dabei mit einer «unglaublichen Kaltblütigkeit und unfassbaren Brutalität» vorgegangen war. «Das Opfer war nicht sofort tot, es musste qualvoll sterben», sagte Stöckli. Er habe seine Ehefrau «richtiggehend abgeschlachtet», sagte sie. Als Motiv vermutet die Staatsanwältin Eifersucht. So habe der Afghane seine Frau gezwungen, ihren Facebook-Account zu löschen, und verlangt, dass sie ihre SIM-Karte wechsle, damit sie für Freunde und Bekannte nicht mehr erreichbar ist. Das zeige: «Es war ein krass egoistischer Akt eines Mannes, der es nicht verkraften konnte, dass sich seine Ehefrau der Kultur in der Schweiz besser anpassen konnte als er.» Stöckli forderte 18 Jahre Gefängnis wegen Mordes.
Dayana Beréni Kamm, die Anwältin der Kinder der Familie, forderte auf zivilrechtlichem Weg eine Genugtuung von 50 000 Franken pro Kind. Die Kinder – inzwischen 13, 11 und 8 Jahre alt – hätten nicht nur ihre Mutter verloren: «Sie standen auf einen Schlag ohne Eltern und im Wissen darum da, dass der Vater ihre Mutter getötet hatte.» Dass der Beschuldigte keine Einsicht zeige, erhöhe ihren Schmerz.
Roger Huber, der amtliche Verteidiger, stellte die Anklage wegen Mordes infrage: «Es ist vielmehr von einem Streit auszugehen, als von einer von langer Hand geplanten Tötung.» Eine Zeugin habe gesehen, wie das Opfer am Tag der Tat den Beschuldigten angeschrien hatte. Der Tötung sei also ein Streit vorausgegangen. Huber forderte eine Haftstrafe von maximal zehn Jahren wegen vorsätzlicher Tötung.
Das Gericht folgt dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Afghanen wegen Mordes zu 18 Jahren Gefängnis. Seinen Kindern muss er je 50 000 Franken Genugtuung bezahlen. Das Gericht zweifle nicht daran, dass er seine Frau umgebracht habe. Die Beweise seien «erdrückend». Gerichtspräsident Ackle vergleicht den Afghanen mit einem Raubtier, das seiner Beute nachstellt, bis sie tot am Boden liege.
«Wenn man sich den Tathergang
anschaut, kann man das mit einem Wort umschreiben: Es war ein Abschlachten.»
Die traumatischen Erlebnisse, die der Afghane im Krieg durchgemacht hatte, wirkten sich strafmindernd aus. Von einer weiteren Strafminderung sah das Bezirksgericht Laufenburg wegen «schlechter Führung im Gefängnis» und «fehlender Einsicht» hingegen ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien können es ans Obergericht weiterziehen.
Im Garten dieses Einfamilienhauses in Gipf-Oberfrick ist die Asylbewerberin am 4. November 2015 tot aufgefunden worden:
«Besonders tragisch an diesem Tötungsdelikt sind die drei schulpflichtigen Kinder», sagt Kapo-Sprecher Bernhard Graser im Interview mit Tele M1: