Die Gemeinde Gipf-Oberfrick habe den Entscheid aufgrund der Rechtslage «tendenziell so erwartet», sagt Gemeindeschreiber Urs Treier. Und weiter: «Der Gemeinderat wird den Beschluss nun analysieren und anschliessend das Gespräch mit Nancy Holten suchen.»
Damit geht Nancy Holtens Kampf um den Schweizer Pass in die nächste Runde. Am Donnerstag hat der Regierungsrat bekannt gegeben, dass er die Beschwerde der Holländerin gegen ihre Nicht-Einbürgerung gutheisst. Das Geschäft geht zur erneuten Behandlung zurück an die Gemeinde. Der Entscheid der Gemeindeversammlung ist damit aufgehoben.
Aufgrund von Absenzen wegen der Sommerferien werde das Gespräch aber frühestens im August stattfinden, so Gemeindeschreiber Treier. Klar ist jedoch: «Wenn Nancy Holten am Gesuch festhält, muss es erneut der Gemeindeversammlung vorgelegt werden.»
Genau das will Nancy Holten, wie sie gegenüber der az erklärt hatte: "Tierschutz und Schweizer Pass, das beisst sich doch nicht." Die Gipf-Oberfricker also erneut über die Einbürgerung entscheiden.
Kritische Einstellung zum Fleischkonsum
Der Gemeinderat müsse im Vorfeld das Gesuch neu beurteilen, so Treier weiter. Zur Erinnerung: An der Gemeindeversammlung vom 15. November 2015 hatte der Gemeinderat das Einbürgerungsgesuch von Nancy Holten unterstützt, im Beschwerdeverfahren aber die Haltung des Volkes übernommen und den Entscheid der Gemeindeversammlung vertreten.
Mehrere Votanten hatten an der Gemeindeversammlung moniert, Holtens kritische Einstellung zum Fleischkonsum, zur Nutz- oder Zirkustierhaltung oder zum Geläut der Kirchenglocken seien Indiz für eine fehlende Integration. Am Ende waren 144 Stimmberechtigte dieser Argumentation gefolgt und hatten die Einbürgerung abgelehnt. Nur 48 Anwesende stimmten für eine Einbürgerung von Nancy Holten.
Neue Begründung möglich
Im Regierungsratsbeschluss, der der az vorliegt, werden all diese Argumente detailliert geprüft – und er kommt zum Schluss: «Die Beschwerdeführerin kritisiert kein spezifisches lokales Brauchtum.» Auch könne das Verhalten von Nancy Holten nicht als übertrieben oder extremistisch bezeichnet werden und es bringe deshalb weder die Wohngemeinde in Verruf, noch verletze es grundlegende Werte der Bundesverfassung.
Nancy Holten ist besonders durch ihre Beschwerden gegen Kuh- und Kirchturmglocken bekannt geworden.
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«Religionsfreiheit bedeutet auch, dass sich ein Glaubenssystem anderen nicht aufdrängt», so Holten.
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Der Regierungsrat hat jedoch darauf verzichtet, in der Sache selbst zu entscheiden. Zwar wird der Beschluss der Gemeindeversammlung aufgehoben, das Geschäft geht aber zurück an die Gemeinde. Dieses Vorgehen sei üblich, sagt Samuel Helbling, Leiter Kommunikation des Departements Volkswirtschaft und Inneres. «Vielleicht gibt es ja neue Gründe», so Helbling, «erst wenn immer die gleichen Gründe zur Ablehnung führen, wird der Regierungsrat wohl einmal selber entscheiden.»
Im Regierungsratsbeschluss ist festgehalten, dass für die erneute Behandlung des Einbürgerungsgesuches «kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung besteht». Wenn allerdings keine neuen Umstände vorlägen, werde die Einwohnergemeinde Gipf-Oberfrick «nicht umhinkommen, der Beschwerdeführerin das Gemeindebürgerrecht zuzusichern.»