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Alle Gemeinderatsmitglieder zusammen bekommen knapp drei Millionen Franken. Zwar wollen neun Gemeinden die Entschädigungen auf die neue Amtsperiode hin erhöhen. Doch auch mit den neuen Tarifen liegen fast alle Gemeinden unter den Empfehlungen der Gemeindeammänner-Vereinigung.
Da liegen (Lohn-)Welten dazwischen: Roger Fricker bekommt für seinen Einsatz als Gemeindeammann von Oberhof eine Pauschale von 9000 Franken pro Jahr; er ist damit der am schlechtesten entschädigte Gemeindeammann im Fricktal. Franco Mazzi, Stadtammann von Rheinfelden, liegt am anderen Ende der Skala und erhält 211'250 Franken im Jahr.
Zugegeben, die beiden Kommunen lassen sich nicht miteinander vergleichen; Oberhof ist ein Dorf mit knapp 1000 Einwohnern, Rheinfelden eine Stadt mit gut 13'000 Einwohnern. Zugegeben, Franco Mazzi ist Vollzeitpolitiker mit einem 100-Prozent-Pensum; Fricker schätzt seinen Einsatz auf «15 bis 25 Prozent, je nach Geschäftslast».
Zugegeben, bei Mazzi ist «all inclusive»; Fricker wird – wie viele Ammänner – für Augenscheine, Verhandlungen, Begehungen, Kurse und Tagungen nach Aufwand zusätzlich entschädigt. Er komme so auf rund 12'000 Franken im Jahr, sagt Fricker. Auf 100 Prozent hochgerechnet kommt er somit auf 48'000 bis 80'000 Franken im Jahr.
Das sei doch gar nicht so schlecht, findet Fricker, lacht. Nein, neidisch sei er nicht auf die Ammänner, die zum Teil deutlich mehr verdienen. «Jede Gemeinde muss es so halten, wie sie es für richtig findet.» Und richtig findet er, der Fricker Roger, das SVP-Urgestein, dass in Oberhof der Milizgedanke hochgehalten wird. «Ich habe ein Amt übernommen und nicht einen Job», sagt er. Es mache ihm schon Sorgen, zu sehen, dass immer weniger Menschen bereit seien, sich für die Gemeinschaft zu engagieren. «In Oberhof ist das zum Glück noch nicht so.»
Die Entschädigungs-Empfehlung der Gemeindeammänner-Vereinigung hält er für seine Gemeinde für «nicht umsetzbar». 26'400 Franken sollte er danach als Gemeindeammann erhalten. «Ich würde es nie fertigbringen, zu sagen: Ich will mehr Lohn – und den Einwohnern im nächsten Atemzug eine Steuererhöhung vorlegen.» Das könne er nicht zusammendenken.
Damit ist Fricker nicht allein. Zwar wollen neun Gemeinden die Entschädigungen auf die neue Amtsperiode hin erhöhen. Doch auch mit den neuen Tarifen liegen fast alle Gemeinden unter den Empfehlungen der Gemeindeammänner-Vereinigung – und zwar bisweilen um fast 200 Prozent (Eiken, Gansingen und Zeihen). Im Schnitt verdient ein Gemeindeammann im Fricktal rund halb so viel, wie es die Vereinigung vorschlägt. Die Vizeammänner sowie die Gemeinderäte bekommen einen Viertel weniger.
Der einzige Ammann, der über den Empfehlungen liegt, ist Franco Mazzi (+10,4 Prozent). Allerdings unterscheidet die Empfehlung nur Gemeindegrössen bis 7000 Einwohner. Zudem hat Mazzi neben der Pauschale «keine weiteren Entschädigungen zugute», sagt Stadtschreiber Roger Erdin. Ein Vergleich der BDO AG von 32 Schweizer Städten zeigt ferner, dass Rheinfelden mit seinen 211'250 Franken genau den Durchschnittswert zahlt.
Im Schnitt müsste ein Gemeindeammann im Fricktal gemäss den Empfehlungen mit 55 691 Franken entschädigt werden; effektiv bekommen die Ammänner im Schnitt 33'982 Franken. Bei den Vizeammännern beträgt die Differenz 8387 Franken, bei den Gemeinderäten 7352 Franken. Imposant werden Summe wie Differenz, wenn man die Entschädigungen aller Exekutivmitglieder im Fricktal zusammenzählt. Effektiv bekommen sie im Jahr 2,964 Millionen Franken; nach den Empfehlungen müssten es sogar 4,637 Millionen Franken sein. Spesen und Arbeiten, die per Aufwand abgerechnet werden, sind in dieser Summe nicht enthalten.
Gerade bei den Spesen und den zusätzlich abgegoltenen Leistungen zeigt sich der föderale Geist der Schweiz par excellence. Das fängt damit an, dass die einen Gemeinden ihren Exekutivpolitikern Spesen zahlen, andere nicht. Es geht weiter, indem jede Gemeinde für sich regelt, was in der Pauschale enthalten ist und was nicht. Und endet schliesslich in den Ansätzen, die pro Stunde für zusätzliche Leistungen ausbezahlt werden; die Stundenansätze liegen zwischen 27 und 60 Franken.
Hier, bei der Stundenentschädigung, sähe auch Roger Fricker am ehesten Handlungsspielraum. «Wenn man die Entschädigung erhöhen will, dann sollte man nicht die Pauschale raufsetzen, sondern die Stundenansätze.» Das sei gerechter, denn «dann bekommt der mehr, der auch viel für die Gemeinde tut», sagt Fricker, der gleichzeitig Präsident der Gemeindeammänner-Vereinigung des Bezirks Laufenburg ist.
Eine der Gemeinden, die das Frickersche Credo bereits lebt, ist Gipf-Oberfrick. Hier sind die Pauschalentschädigungen mit 32'000 Franken für den Ammann, 20'000 für den Vize und je 17'000 Franken für die Gemeinderäte verhältnismässig tief. Daneben stehen rund 62'000 Franken pro Jahr für aufwandbezogene Vergütungen zur Verfügung.
Der Gemeinderat sei der Meinung, dass eine Entschädigung allein mit festen Pensen zu keiner gerechten Entlöhnung des effektiven Aufwands führe, hielt der Gemeinderat an der letzten Gmeind fest. Zum einen sei der Aufwand in jedem Ressort anders. Zum anderen ergebe sich innerhalb eines Ressorts, je nach Projekten und Geschäften, nicht in jedem Jahr der gleiche Aufwand. «Deshalb sollte die Entlöhnung der Gemeinderäte zumindest teilweise individuell erfolgen.» Der Souverän teilte diese Auffassung – und genehmigte die neue Besoldung.