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Altersheime sind für Besucher geschlossen, Virusabwehr hat erste Priorität – Notfallszenarien mit 12-Stunden-Schichten sind erarbeitet.
Die Pflege- und Altersheime sind in der Corona-Krise besonders gefordert, denn ältere Menschen trifft das Virus am härtesten. Die Verantwortlichen setzen deshalb alles daran, das Virus von den Heimen fernzuhalten. Gleichzeitig gilt es, sich bereits für den Notfall vorzubereiten. Dieser kann darin bestehen, dass einer oder mehrere Bewohner erkranken – oder darin, dass ein Teil des Personals ausfällt. Wie gehen die Heime mit der ausserordentlichen Lage und der Verantwortung um? Eine Spurensuche am Beispiel des Vereins für Altersbetreuung im oberen Fricktal (VAOF), der in Frick und Laufenburg Alterszentren betreibt.
«Der Schutz der Bewohner vor einer Ansteckung hat oberste Priorität», sagt VAOF-Geschäftsführer Andre Rotzetter. Unabhängig und Stunden vor dem Bundesrat hat der VAOF deshalb einschneidende Massnahmen beschlossen. So sind beide Heime seit Dienstag geschlossen; Besuche sind nur noch in Notfällen – etwa in der Sterbephase – von den engsten Angehörigen erlaubt.
Die Angehörigen hat der VAOF Anfang Woche per Brief orientiert. Die Reaktionen seien unterschiedlich ausgefallen, sagt Rotzetter, von «absolut richtig» über «viel zu spät» bis hin zu «muss das sein?»
Der Aargau verwandelt sich unter dem Corona-Virus in einen Geisterkanton – 45 Impressionen:
Es musste sein, das zeigte auch das Verhalten einiger Angehörigen. Während die Angehörigen ihre Verwandten in Laufenburg nur noch zurückhaltend besuchten, «kamen in Frick Leute auf Besuch, die man zuvor Monate nicht gesehen hatte», sagt Rotzetter. Sie brachten so, unwissend oder wissend, ihre älteren Verwandten in Gefahr.
Bei den Bewohnern selber ist die Schliessung «mehrheitlich gut» angekommen – auch, weil sich das Personal bemüht, die nun leergewordenen Zeiten zu füllen. Dies kann ein gemeinsamer Spaziergang sein, ein zusätzlicher Schwatz oder auch das Aufrechterhalten von liebgewonnenen Ritualen. Wenn beispielsweise in einer Jassrunde nun der Externe fehlt, springt jemand aus dem Pflegeteam ein.
Geschlossen ist auch die Caféteria. Die Bewohner können Kaffee & Co. auf den Stockwerken beziehen. Die Caféteria wird nun als Speisesaal-Erweiterung genutzt, damit die Bewohner weiter auseinander sitzen. Gingen früher auch die Bewohner der Alterswohnungen im Zentrum ein und aus, werden diese nun separat gepflegt. Man tut alles, um dem Virus den Zutritt ins Heim so schwer wie möglich zu machen.
Gleichzeitig, dies ist eine zweite Ebene, arbeitet man konsequent in Teams, damit eine Infektion – kann diese nicht vermieden werden – nicht über das ganze Haus verschleppt wird. Wo dennoch stockwerkübergreifend gearbeitet werden muss, beispielsweise in der Nachtschicht, geschieht dies mit erhöhten Hygienemassnahmen.
Eine Garantie, das weiss Rotzetter, gibt es trotz aller Vorsicht nicht. Am letzten Montag zeigte eine Bewohnerin Symptome, die auf eine Corona-Erkrankung hindeuteten. Isolation, Test, Entwarnung.
Im Umfeld des Personals gibt es ebenfalls Corona-Fälle. «Wir können nicht allen sagen, sie dürften dann nicht mehr arbeiten – sonst hätten wir ein ernstes Personalproblem», sagt Rotzetter. Für Mitarbeitende, die Corona-Fälle im Umfeld haben, gelten aber verschärfte Hygienevorkehrungen und sie müssen sich testen lassen.
Kritisch werde es, wenn 50 Prozent der Pflegenden ausfalle, sagt Rotzetter. In einem solchen Fall ordnet der VAOF Notbetrieb an; die Mitarbeitenden sind vorinformiert. Notbetrieb heisst: Es wird in zwei Schichten à 12 Stunden gearbeitet, auch häuserübergreifend, wenn es sein muss. Rotzetter macht keinen Hehl daraus: Die gewohnte Pflege kann im Notbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden; «es geht dann ums Durchkommen». Vorsorglich hat der VAOF Teilzeitmitarbeitende angefragt, ob sie im Notfall mehr arbeiten würden. Die Resonanz ist «ganz gut», so Rotzetter.
Er hofft, dass es nicht so weit kommt. Und wenn doch? «Dann heisst es: zusammenstehen.»