Wohlen
Wohler Gemeinderat kann sich dank Zufall über «Punktlandung» freuen

Der Gemeinderat von Wohlen präsentiert Rechnungsabschluss und Geschäftsbericht für das Jahr 2013. Unerwartete Nachsteuern und ein Landverkauf haben das Ergebnis besser ausfallen lassen als erwartet.

Toni Widmer
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Eine Art Jahrbuch: Geschäftsbericht der Gemeinde Wohlen.

Eine Art Jahrbuch: Geschäftsbericht der Gemeinde Wohlen.

Toni Widmer

Der Nettoaufwand liegt mit 32,9 Mio. Franken um 3,9 Prozent unter dem Budget von 34,2 Mio. Franken, der Steuerertrag ist mit 35,6 Mio. Franken um 726 455 Franken höher – Wohlen legt (wie bereits Ende März berichtet) einen hervorragenden Abschluss für das Jahr 2013 vor. Minderaufwand und Mehrertrag haben sich positiv auf die Abschreibungen ausgewirkt. Mit 2,6 Mio. Franken sind diese um 642 000 Franken höher ausgefallen.

Die Jahresrechnung ist Anlass zur Zufriedenheit, aber kein Grund zum Jubeln. Denn wenn man den Nettoaufwand bereinigt beziehungsweise den Grund für die besseren Zahlen genauer analysiert, steht Wohlen am Ende des Rechnungsjahres 2013 nur durch Zufall besser da, als ursprünglich geplant.

Verantwortlich sind unerwartete Nachsteuern in der Höhe von 827 000 Franken und ein Buchgewinn von 410 000 Franken aus einem Landverkauf am Gewerbering. «Genau genommen», sagte Gemeindeammann Walter Dubler denn auch an der Pressekonferenz, «haben wir mit dem bereinigten Nettoaufwand von 34,177 Mio. Franken eine Punktlandung erzielt. Die effektive Abweichung zum Budget liegt bei lediglich 94 434 Franken.»

Hohe Ausgabendisziplin

Auffallend in der Rechnung 2013 ist die hohe Ausgabendisziplin in praktisch allen Verwaltungsabteilungen. Die Bereiche Allgemeine Verwaltung und Umwelt, Raumordnung liegen mit 1,3, und 2,3 Prozent Mehrausgaben zwar knapp über Budget. Die Abschlüsse in den Bereichen Öffentliche Sicherheit (–12,7), Bildung (–0,9), Kultur, Freizeit (–1,9), Gesundheit (–2,5) und Verkehr (–6,2) belegen aber doch, dass im Wohler Gemeindehaus grundsätzlich nicht über die Verhältnisse gelebt wird. Allerdings konnte auch hier teilweise von günstigen Rahmenbedingungen (etwa bei der Spitalfinanzierung) profitiert werden.

Sozialkosten steigen weiter

Sorgen bereiten sowohl Gemeindeammann Walter Dubler wie Finanzminister Markus Gsell die steigenden Kosten im Bereich Soziale Wohlfahrt. Sie machen mit 8,7 Mio. Franken oder 26,5 Prozent mittlerweile über einen Viertel des gesamten Nettoaufwandes aus. Gegenüber dem Budget sind sie um 9,7 Prozent, gegenüber der Rechnung 2012 gar um 12,4 Prozent gestiegen.

«Die generelle Zunahme der Sozialfälle um 14 Prozent sowie den überproportionalen Anstieg der Sozialhilfequote müssen wir in den Griff kriegen», sagte Markus Gsell. Bloss: «Ich weiss nicht wie. Wir haben wenig Handhabe, da etwas zu ändern.» Walter Dubler hofft auf Hilfe von aussen: «Da muss der Kanton die Gemeinden unterstützen und eine Lösung finden. Es kann nicht sein, dass gut situierte, steuergünstige Gemeinden kaum Sozialhilfe leisten müssen, weil in ihre teuren Wohnungen kaum Sozialfälle ziehen, andere Gemeinden aber laufend stärker belastet werden.»

Insgesamt ist der Gemeinderat mit der Rechnung und der daraus resultierenden Finanzlage zufrieden: «Ich zumindest», sagte Markus Gsell, «würde eine Firma in diesem Zustand sofort kaufen.»

Gut gemachter Geschäftsbericht

Ebenfalls am Donnerstag präsentiert hat der Gemeinderat den Geschäftsbericht 2013. Die schlichte, mit vielen Farbaufnahmen aufgelockerte Broschüre vermittelt einen detaillierten Überblick zum Geschehen in der Gemeinde. «Es ist eine illustre Jahreschronik, die aufzeigt, dass in Wohlen auch 2013 in verschiedenen Bereichen viel passiert ist», sagte Gemeindeammann Walter Dubler.

Kommentar: Man kann auch schönreden

Ein Kommentar von Toni Widmern

Eben noch hat der Wohler Gemeinderat eine Erhöhung des Steuerfusses um 3 Prozent beantragt, weil er das aufgrund der Finanzlage als dringend nötig erachtete. Man habe keinerlei Spielraum mehr, Investieren sei unter diesen Voraussetzungen unmöglich, der Gebäudeunterhalt der gemeindeeigenen Liegenschaften müsse noch weiter vernachlässigt werden, Wohlen drohe zu verslumen.

Das Volk hat das Begehren klar abgelehnt. Der Gemeinderat legt einen praktisch unveränderten neuen Voranschlag vor, der auf dem bisherigen Steuerfuss von 113 Prozent beruht, das Volk stimmt deutlich zu und in Wohlen ist die Kirche wieder im Dorf.

Nach der Präsentation der Rechnung 2013 wird die Kirche sogar neu beleuchtet: «Ich würde eine solche Firma sofort kaufen», sagt Finanzminister Markus Gsell zum Zustand der Wohler Finanzen. Und Gemeindeammann Walter Dubler sagt: «Übers Ganze gesehen stehen wir ganz gut da.»

Aha. Was hat sich denn gegenüber dem Voranschlag so sehr zum Guten gewendet? Mit den 642 000 Franken an zusätzlichen «gewonnenen» Abschreibungen lassen sich die über Jahre vernachlässigten Wohler Gemeindeliegenschaften wohl kaum sanieren. Und die Eigenfinanzierungsquote ist durch den besseren Abschluss auch nicht plötzlich auf ein gesundes Mass gestiegen.

Man kann die Wohler Finanzen auch schönreden.