Startseite
Aargau
Freiamt
Die finanzielle Lage der Wohler Sportpark Bünzmatt AG mit Eishalle und Schwimmbad gab zu Spekulationen Anlass. Nun sind erstmals die Jahresabschlüsse seit der Gründung bekannt geworden. Fazit: Es braucht höhere Betriebsbeiträge für das Schwimmbad sowie Coronahilfsgelder seitens der Gemeinde.
Seit der offiziellen Eröffnung des neuen Schüwo-Parks am 7. Juli 2018 scheint das Wohler Sportzentrum mit der Eishalle, dem Schwimmbad und weiteren Freizeitanlagen wie Minigolf oder Beachsport vom Pech verfolgt. Bisher konnte noch kein ganzes Betriebsjahr ohne Einschränkungen abgeschlossen werden. Zeitliche Verzögerungen und temporäre Schliessungen, Probleme mit Spannungsdifferenzen im Wasserbecken und zuletzt die Coronakrise schlugen sich aufs wirtschaftliche Ergebnis nieder.
Darüber, wie es deshalb um die finanzielle Lage der Betreiberfirma Sportpark Bünzmatt AG, die hundertprozentig im Besitz der Gemeinde Wohlen ist, stand, konnte in der Öffentlichkeit jedoch nur spekuliert werden. Die Jahresrechnungen wurden bisher nie veröffentlicht. Dies gab auch zu Kritik Anlass, zuletzt am Montag im Einwohnerrat durch die FDP-Fraktion.
Das hat sich nun aber geändert. Seit kurzem sind die Jahresrechnungen seit Gründung der AG und der Geschäftsbericht 2020 auf der Website der Sportpark Bünzmatt AG aufgeschaltet. Gegenüber der AZ sagt Verwaltungsratspräsident Patrick Amstutz:
«Der Verwaltungsrat hat unabhängig vom Gemeinderat entschieden, die Zahlen zu publizieren und offenzulegen. Wir haben nichts zu verstecken.»
Sie hätten die Aktionärin, also die Gemeinde, vorgängig darüber informiert. Die Rechnung sei jedes Jahr stets fristgerecht erstellt und eingereicht worden, so Amstutz. Das Geschäftsjahr endet jeweils per 31. März.
Ein Blick auf die publizierten Zahlen zeigt, dass der Jahresverlust 2018/19 vor den Betriebsbeiträgen der Gemeinde bei rund 344'000 Franken lag und sich in der Saison 2019/20 auf rund 734'000 Franken mehr als verdoppelte. Abzüglich der Gemeindebeiträge belief sich der Verlust auf 3000 Franken (2018/19) und auf knapp 257'000 Franken (2019/20). Dies bei Einnahmen in der Höhe von je rund 1,2 Millionen.
Zahlen in Tausend Franken dargestellt
Besonders stark zu Buche schlug 2019/20 der Personalaufwand von fast einer Million. Dieser wird sich in Zukunft deutlich reduzieren, weil die Gastronomie jetzt professionell an «Marco Polo» ausgelagert wurde. Sie war neben dem strukturellen Defizit des Schwimmbadbetriebs der Haupttreiber des Verlusts. Sportpark-Geschäftsführer Christian Meier sagt: «Wir mussten im zweiten Jahr in der Gastronomie Lehrgeld bezahlen, da müssen wir selbstkritisch sein. Mit Marco Polo ist es nun sehr gut. Die Kunden sind zufrieden, und die Qualität stimmt.»
Ein kleiner Lichtblick sei, dass der operative Cashflow in den ersten beiden Betriebsjahren knapp positiv war. Die AG könne aber die Abschreibungen nicht tragen. Mit anderen Worten: Es wird sehr eng, sobald die ersten grösseren Ersatzinvestitionen anstehen. Amstutz kritisiert vor allem die von Anfang an zu tief berechneten Betriebsbeiträge seitens Gemeinde. Sie belaufen sich auf rund 480'000 Franken.
«In der Politik sprach man vor fünf Jahren praktisch nur von den Investitionskosten, aber nie konkret über die Betriebskosten. Man kann ein Start-up, wie wir es sind, nicht mit so wenig Betriebsbeiträgen ohne jeglichen Risikopuffer für Schlechtwetterperioden und ausserordentliche Ereignisse unterhalten», sagt Amstutz. Alles sei auf Messers Schneide gerechnet, ergänzt Meier. Erschwerend kommt nun die Coronakrise hinzu, die den Umsatz stark sinken liess.
Im Gegensatz zu anderen Eishallen blieb der Schüwo-Park aber stets für die unter 16-Jährigen geöffnet. Meier sagt: «Rein wirtschaftlich gesehen hätten wir zumachen müssen, aber wir haben auch einen gesellschaftlichen Auftrag.»
Vor einem Jahr betrug das Eigenkapital der AG noch rund 2,6 Mio. Die Zahlen zum Abschluss 2020/21 werden erst in den kommenden Monaten bekannt. «Es wird sicher einen Verlust aufgrund der Covid-19-Krise geben. Dies müssen wir mit der Aktionärin, also der Gemeinde Wohlen, anschauen. Wir brauchen aber sicher Geld, um auch die Liquidität zu sichern und die Löhne zu bezahlen. Das ist das Wichtigste zurzeit», erklärt Amstutz. Er habe von Anfang an dem Gemeinderat gnadenlose Kostenwahrheit versprochen.
Die Sportpark Bünzmatt AG wird das Gespräch mit der Gemeinde suchen. Weil sie im Besitz der öffentlichen Hand ist, gibt es auch keine Coronahärtefallgelder. Geschäftsführer Meier sagt klar:
«Es sollte allen klar sein, dass man so eine Anlage nicht kostenlos betreiben und sie ohne Hilfe nicht überleben kann.»
Die Jahresrechnungen 2017-2020 und der Geschäftsbericht 2020 der Sportpark Bünzmatt AG sind nun seit kurzem auf deren Website publiziert. Wieso hat der Gemeinderat diese nicht schon in früheren Jahren von sich aus öffentlich kommuniziert und kommentiert?
Bis anhin waren sämtliche Betriebsjahre von Sondereffekten geprägt. Die Jahresrechnungen war entsprechend wenig aussagekräftig. Es wurden seinerzeit keine konkreten Begehren an den Gemeinderat getragen, die Jahresrechnung einzusehen. Auf Nachfrage aus Kreisen des Einwohnerrates machte der Gemeinderat die Jahresrechnungen dem Einwohnerrat zugänglich. In der am 9. November 2020 vom Einwohnerrat zur Kenntnis genommenen Eigentümerstrategie Sportpark Bünzmatt AG wird die Jahresberichterstattung klar geregelt. Sie ist von der Sportpark Bünzmatt AG vor der öffentlichen Publikation dem Gemeinderat zur Kenntnis zu bringen. Zudem ermöglicht der Gemeinderat dem Einwohnerrat mittels Jahresbericht die parlamentarische Oberaufsicht. Die Eigentümerstrategie gilt seit dem 8. Juni 2020 und demnach erstmals für das per Ende März 2021 abzuschliessende Geschäftsjahr. Entsprechend wird der Gemeinderat dem Einwohnerrat den Jahresabschluss zur Kenntnis bringen.
Gemäss der Sportpark Bünzmatt AG sind die jährlichen Betriebsbeiträge der Gemeinde an Schwimmbad/Eishalle zu tief angesetzt. Ist es ein Thema, dies in Zukunft zu erhöhen, um den Betrieb langfristig sicher zu stellen?
Der Gemeinderat befindet sich in laufendem Austausch mit den Verantwortlichen der Sportpark Bünzmatt AG. Die Betriebsbeiträge sind dabei jeweils auch Gegenstand der Gespräche. Gemäss Leistungsvereinbarung sind die jährlich wiederkehrenden Leistungen der Gemeinde erstmals nach zwei Jahren und danach alle fünf Jahre zu überprüfen. Im Rahmen dessen wurden sie 2019 erhöht. Auf Antrag der Sportpark Bünzmatt AG ist der Gemeinderat bereit, eine Adjustierung der Betriebsbeiträge zu prüfen.
Offenbar ist das aktuelle grosse Problem, die Liquidität aufrechtzuerhalten. Bisher hat die Gemeinde bzw. der Gemeinderat die Sportpark Bünzmatt AG nicht mit Hilfsgeldern unterstützt. Weshalb, und ist sich der Gemeinderat der schwierigen Lage der AG bewusst?
Bereits im Juli 2020 hat der Gemeinderat der Sportpark Bünzmatt AG auf Anfrage mitgeteilt, dass er bereit ist, nach Vorliegen der Rechnung des Geschäftsjahres 2020/2021 auf Ersuchen der Sportpark Bünzmatt AG einen Kreditantrag zum Ausgleich ausserordentlicher Aufwände aufgrund Covid-19 zuhanden des Einwohnerrates zu prüfen. Entsprechende Rückstellungen hat der Gemeinderat letztes Jahr vorgenommen. In welchem Umfang sich die Gemeinde Wohlen am finanziellen Schaden durch die Coronapandemie zu beteiligen hat, wird sich nach Vorliegen der Jahresrechnung des Jahres 2020/2021 unter Berücksichtigung allfälliger Ausfallentschädigungszahlungen zeigen. Den Entscheid fällt der Einwohnerrat aufgrund des konkreten Antrags des Gemeinderats.
Wie schätzt der Gemeinderat die Zukunftsaussichten der Sportpark Bünzmatt AG ohne zusätzliche finanzielle Hilfe der Gemeinde ein?
Das Obligationenrecht überträgt dem Verwaltungsrat die Verantwortung für die Finanzplanung. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass der Verwaltungsrat dieser Aufgabe gewachsen ist und der Verantwortung gewissenhaft nachkommt. Wie oben ausgeführt, hat der Gemeinderat für allfällig nötige finanzielle Hilfe bereits im vergangenen Jahr Rückstellungen gebildet. Die beiden ersten Saisons können aufgrund der ausserordentlichen Ereignisse sicher noch nicht als Referenz beigezogen werden. Erst die Ergebnisse nach zwei, drei regulären Betriebsjahren können eine aussagekräftige langfristige Tendenz abbilden.