In einer öffentlichen Informationsveranstaltung haben Gemeinde und Kanton über die Verkehrsplanungen in Wohlen informiert. Aktuelle Zahlen gibt es noch keine. Lösungen auch nicht. Aber bis im Herbst 2023 will der Kanton Fakten und Möglichkeiten liefern. Dennoch bot der Abend überraschende Details. Im Vordergrund steht jetzt die Gesamtverkehrsbetrachtung Wohlen.
Es ist ein alltägliches Thema und es nervt viele: das Verkehrschaos in Wohlen. Gerade erst gab es gute Nachrichten von der Baustelle Nutzenbachstrasse. Ab Ende November wird die Strasse, die an Wohlen vorbeiführt, wieder durchgängig befahrbar sein. Das bedeutet, dass ein grosser Teil der Autos und Lastwagen, die heute durch Wohlen fahren, wieder vom Zentrum fernbleiben werden. Doch das generelle Verkehrsproblem im Zentrum Wohlens wird das nicht lösen.
Am Donnerstagabend veranstalteten Kanton und Gemeinde einen Infoanlass dazu. So viel vorweg: Es gab noch überhaupt keine genauen Zahlen, geschweige denn Massnahmen, die das Verkehrsproblem lösen sollen. Aber der Kanton ist dran, das war wohl die Hauptinformation des Abends.
Als Allererstes braucht es eine Gesamtverkehrsbetrachtung, sind sich Kanton und Gemeinde einig. Dabei werden alle Verkehrsmittel berücksichtigt, vom öffentlichen über den Fuss- und Veloverkehr bis hin zum motorisierten Individualverkehr. Durch diese Gesamtschau sollen Massnahmen geprüft werden, die zur Verbesserung des Verkehrssystems für den Raum Wohlen führen sollen. Eine dieser Massnahmen könnte die Südumfahrung sein.
Laut älteren Zahlen fahren täglich 10'000 bis 15'000 Fahrzeuge durch Wohlen. Die Idee ist einleuchtend: Hätte man eine Südumfahrung, die die Bremgarterstrasse mit der Bünztalachse verbindet, wie es schon 1980 angedacht wurde, könnte man diesen Verkehr aus dem Wohler Zentrum wegleiten. Aber: So einfach ist es nicht.
Nicolas Mühlich, Projektleiter des Kantons, zeigte auf, dass in älteren Zählungen nur rund 20 Prozent dieser Fahrzeuge dem Durchgangsverkehr zuzurechnen sind. Weitere 20 Prozent waren damals Binnenverkehr, also Fahrten von einem Wohler Quartier ins andere. Der weitaus grösste Teil war der sogenannte Quell-/Zielverkehr, bei dem die Fahrten entweder in Wohlen starteten oder endeten. «Der Quell-/Zielverkehr betrug in Wohlen bei den letzten Messungen rund 60 Prozent», so Mühlich.
«Eine Südumfahrung könnte also höchstens die 20 Prozent Durchgangsverkehr aus dem Zentrum bringen. Für alles andere brauchen wir sowieso andere Ideen und Massnahmen.»
Und genau diese will der Kanton nun suchen. «Eine Südumfahrung, die ja bereits als Zwischenergebnis im kantonalen Richtplan eingetragen ist, ist absolut nicht vom Tisch. Aber bevor wir diese planen, müssen wir mit der Gesamtverkehrsbetrachtung anschauen, wie die heutige Situation aussieht, was es braucht und welche unterschiedlichen Möglichkeiten wir haben.»
Genau das tut der Kanton jetzt. «Die Erarbeitung der Gesamtverkehrsbetrachtung ist bereits gut vorangeschritten. Ein erster Berichtsstand soll bis zum Sommer 2022 vorliegen», so Mühlich. In der Gesamtverkehrsbetrachtung werden unter anderem auch Erkenntnisse basierend auf Verkehrserhebungen und Modellauswertungen dokumentiert.
Gleichzeitig beginnt das Team ganz konkret mit der Zweckmässigkeitsbeurteilung der Südumfahrung. Dabei stehen in einem Variantenstudium folgende Fragen im Vordergrund: Wie viele Personen würden von einer neuen Umfahrung profitieren und wie gross ist die Verkehrsentlastung im Zentrum von Wohlen? Wo und wie knüpft die Umfahrung ans bestehende Strassennetz an? Wo und wie wird die Bünz gequert?
Die Gemeinde bleibt derweil nicht untätig, sondern wird im Sommer, aufbauend auf den Zahlen, die der Kanton liefert, mit der Überarbeitung ihres Kommunalen Gesamtplans Verkehr (KGV) beginnen. Dieser wird normalerweise alle zehn bis zwölf Jahre erneuert. Jener der Gemeinde Wohlen stammt aus dem Jahr 2012, die Überarbeitung liege also genau im Zeitplan, so Ammann Arsène Perroud.
Er hält fest: «Bei der Überarbeitung des KGV ist eine Mitwirkung der Bevölkerung im Rahmen mehrerer Workshops vorgesehen.» So werden sowohl Interessenvertretende wie auch interessierte und engagierte Personen aus der Bevölkerung die Gelegenheit erhalten, sich in die Planung einzubringen.
Im Herbst 2023 sollen dann an einer neuen Infoveranstaltung endlich Zahlen, Fakten und auch Massnahmen der Öffentlichkeit präsentiert werden können. Wie sich am Donnerstagabend zeigte, gibt es schon heute viele Ideen.
Ehemalige und aktuelle Politiker hatten grosse Vorschläge. Wie wäre es mit einer Umfahrung Wohlens zwischen der Bremgarter- und der Niederwilerstrasse? Oder noch weiter hinunter bis zur Nutzenbachstrasse? Oder gleich einen Tunnel ab der Nutzenbachstrasse bis nach Fischbach-Göslikon? Könnte man auch die Südumfahrung als Tunnel planen, um die Fruchtfolgeflächen bestehen zu lassen? Und wäre nicht die einfachste und schnellste Lösung ein Einbahnregime im Wohler Dorfzentrum? Auch all das werde angedacht und geprüft, hielt Mühlich fest.