Wohlen
«Leben, was geht!» – diese Ausstellung stellt den Suizid in den Mittelpunkt

Bei der interaktiven Ausstellung «Leben, was geht!» erzählen Suizid-Hinterbliebene von ihren Erfahrungen. Die Wanderausstellung von Kantilehrer Martin Steiner beginnt in Wohlen und macht später auch Halt in Bremgarten.

Marc Ribolla
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Martin Steiner in seiner Ausstellung zum Thema Suizid: «Leben, was geht!» An verschiedenen Hörstationen erzählen Hinterbliebene.

Martin Steiner in seiner Ausstellung zum Thema Suizid: «Leben, was geht!» An verschiedenen Hörstationen erzählen Hinterbliebene.

Marc Ribolla

Der erste Anlauf vor etwas mehr als einem Jahr wurde im März vom Coronalockdown gestoppt. Nur drei Tage nach der Vernissage in der Aula der Kanti Wohlen musste Martin Steiner seine Ausstellung «Leben, was geht!», die sich um das ernste Thema Suizid dreht, wieder abbrechen. Die monatelange Vorbereitung war fast für die Katz.

«Das war ein harter Schlag, den ich zuerst einmal verdauen musste», blickt Steiner zurück. An jenen drei Tagen hätten rund 200 Besucher die Ausstellung besucht. «Und dann war es plötzlich fertig, da fällt man schon in ein kleines Loch.»

Ein Blick in die Ausstellung im Wohler Chappelehofsaal.

Ein Blick in die Ausstellung im Wohler Chappelehofsaal.

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Für den Kantilehrer, der schon die fünfte Ausstellung seit 2009 konzipierte, sollte es aber nicht das Ende seines neuesten Werks sein. Er sagt:

«Das Projekt war fixfertig. Aus innerem Antrieb war für mich wichtig, dass die Ausstellung irgendwie weitergeht.»

Dies hat er nun geschafft. Ab diesem Samstag, 17. April, wird «Leben, was geht!» im Wohler Chappelehofsaal während zweier Wochen bis zum 2. Mai zu erleben sein. Die Ausstellungsfläche ist im Vergleich zur Aula zwar um einen Drittel geschrumpft, der Inhalt allerdings erweitert.

«Das Thema Suizid hat an Aktualität nicht verloren»

«Das Thema Suizid hat angesichts der möglichen psychischen Auswirkungen der Coronakrise nicht an Aktualität verloren. Wir haben jetzt vier zusätzliche Bücher, insgesamt sind es nun 23», erklärt Steiner. Diese «Living Books» können teilweise an Hörstationen angehört werden oder via QR-Code auf dem eigenen Handy mit den eigenen Kopfhörern abgespielt werden. Familiär oder von Berufes wegen Direktbetroffene eines Suizids berichten emotional, wie sie mit dem Erlebten umgegangen sind. Zu Wort kommen beispielsweise ein Vater, eine Freundin, eine Tochter, ein Ehemann und Bestatterinnen. Aber auch ein Seelsorger, eine Mutter oder ein Überlebender.

Genügend Freiraum, um die Eindrücke auf sich wirken zu lassen.

Genügend Freiraum, um die Eindrücke auf sich wirken zu lassen.

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An den beiden Sonntagen (18. und 25. April) sind Mitwirkende der «Living Books» persönlich anwesend, am ersten Sonntag unter anderen Psychiater Josef Sachs oder Seelsorger Jörg Weisshaupt. Während der ersten Wohler Woche wird auch Martin Steiner stets vor Ort sein.

Persönliche Gespräche in abgeschirmten Rahmen möglich

Aufgebaut ist «Leben, was geht!» beim Konzept ähnlich wie beim ersten Anlauf mit verschiedenen Informationspanels, Modulen und einem Postenparcours im Chappelehofsaal. Die Bühne kann in abgeschirmten Abteilen für persönliche Gespräche mit den Suizidbetroffenen genutzt werden.

Natürlich findet die Ausstellung mit einem Coronaschutzkonzept statt. Aufgrund der Fläche dürfen maximal 25 Personen gleichzeitig da sein. «Ich denke aber nicht, dass dies je der Fall sein wird. Das Ambiente soll auch eine gewisse Ruhe haben, die zum Thema passt», erklärt Steiner.

Und: Am 24. April veranstaltet der Freiämter Verein «Nichten und Neffen», der Menschen ab 30 in schwierigen Lebenssituationen unterstützt, einen Themenabend. Er trägt den Titel «Sich den Tod geben» und dauert von 19 bis 21 Uhr. Er beinhaltet einen Vortrag des holländischen Philosophen und Theologen Jean-Pierre Wils, eine Diskussion und ein Playbacktheater von gehdicht.ch.

Auch in Bremgarten und Zug fix eingeplant

Schon jetzt steht fest, dass die komplette Ausstellung auf Wanderschaft gehen wird. Nach Wohlen wird sie vom 6. bis 20. Mai in Bremgarten im Zeughaus Oberer Zoll zu besuchen sein und im Herbst während dreier Wochen in der Shedhalle in Zug.

Für 2022 sind gemäss Steiner bereits weitere Orte in Obwalden, Schwyz und Uri im Gespräch, abhängig von der Finanzierung. Teile der Ausstellung werden zudem in der Aarauer Stadtbibliothek und der Zürcher Pestalozzi-Bibliothek präsentiert werden.

«Leben, was geht!»

Weitere Informationen zu Daten, Zeiten und dem Inhalt der Ausstellung gibt es auf
www.leben-was-geht.ch.