Wohlen
Einigkeit von links bis rechts: Einwohnerrat spricht Geld für drei Spielplätze und erhöht die Gebühren für Baubewilligungen

Seltene Einstimmigkeit im Wohler Einwohnerrat: Praktisch alle Traktanden passierten ohne Kommentar. Dass der Rat die Diskussion zur Antwort des Gemeinderates über die Rückforderung von Sozialhilfebeiträgen nicht verlangte, stimmte Einwohnerratspräsident Meinrad Meyer aber nachdenklich.

Marc Ribolla und Nathalie Wolgensinger
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Die Spielgeräte beim Bleichi-Spielplatz wurden aus Sicherheitsgründen bereits entfernt.

Die Spielgeräte beim Bleichi-Spielplatz wurden aus Sicherheitsgründen bereits entfernt.

Marc Ribolla

Den Einstieg in den Abend machte die Die-Mitte-Anfrage zur Coronademo vom Februar dieses Jahres. Das Traktandum konnte an der letzten Sitzung nicht mehr behandelt werden, der Rat zog das Sitzungsende vor, um den EM-Match Schweiz–Frankreich nicht zu verpassen. Sonja Isler (Die Mitte) wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass Corona weiterhin im Mittelpunkt kontroverser Diskussionen stehe. Mit der Antwort des Gemeinderates gab sie sich nicht zufrieden, sie sagte: «Der Gemeinderat verharmlost die Diskussion.»

Sonja Isler zog in Zweifel, ob der Gemeinderat überhaupt wusste, dass die Demonstration bewilligt worden sei. Mit diesem Vorgehen habe er jegliches politisches Fingerspitzengefühl vermissen lassen und die Verantwortung gegenüber der Bevölkerung nicht wahrgenommen, kritisierte sie. Sie stellte den Antrag auf Diskussion, der aber vom Rat mit 14:19-Stimmen abgelehnt wurde.

Gebühren für Baubewilligungen werden teurer

Eine komplette Einstimmigkeit mit 34 Ja-Stimmen zeigte der Rat hingegen bei der Genehmigung des revidierten Baugebührenregelements. Ab 1. Januar 2022 beträgt der Ansatz für eine Baubewilligung für Bausummen bis zehn Millionen statt 2‰ neu 3‰, für Summen bis 20 Millionen steigt er auf 2,5‰, darüber bleibt er bei 2‰.

Mit der Erhöhung soll die latente Unterdeckung im Baugebührenbereich, von jährlich rund 210'000 Franken, die aus Steuermitteln finanziert werden muss, auf 90'000 Franken verringert werden. Laura Pascolin, Sprecherin der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission (FGPK), erklärte:

«Die FGPK war über den tiefen Deckungsgrad erstaunt und erachtet die Revision grundsätzlich als gut. Auch, dass das Verursacherprinzip stärker gewichtet wird.»

Für einmal stemmte sich auch die Ratsrechte nicht gegen zusätzliche Gebühren. Roland Büchi erklärte namens der SVP-Fraktion: «Die SVP steht Gebührenerhöhungen seit jeher skeptisch gegenüber. In diesem Fall sind wir aber anderer Meinung. Die Erhöhung ist moderat und bringt wenigstens etwas Geld in die Kasse.»

Ja zur Sanierung und dem Neubau der Spielplätze

Und nochmals war man sich quer durch die Parteien einig. Dieses Mal, dass das Reglement für die Ersatzabgabe für Spiel- und Erholungsanlagen Sinn macht. Diese Abgabe ermöglicht es, die Qualität der Spiel- und Erholungsanlagen zu verbessern. Finanziert wird sie durch jene Bauherren, die keine Spielanlagen in der Kernzone erstellen können und anstelle derer eine Ersatzabgabe entrichten.

Einstimmig hiess der Rat ebenfalls die drei Nachtragskredite im Gesamtbetrag von 160'000 Franken für den Ersatzbau der Spielplätze im Bärholz und der Bleichi sowie den Neubau des Spielplatzes Bünzmatt gut. Gemeinderat Thomas Burkard wies darauf hin, dass die Gemeinde über 21 Spielplätze verfügt und die meisten davon einen grossen Sanierungsbedarf aufweisen.

Denise Strasser (FDP) gab sich zufrieden mit der Antwort auf ihre Anfrage bezüglich des Verkehrs. Der Gemeinderat konnte sie nämlich damit beruhigen, dass man mit dem Bau des Kreisels bei der Kreuzung Aargauerstrasse und Zentralstrasse bis im Frühling 2022 zuwartet.

Drittältestes Postulat aus Jahr 2014 abgeschrieben

Abgeschrieben hat der Rat das drittälteste offene Postulat. Eingereicht 2014 von der damaligen CVP-Fraktion, heute Die Mitte. Sie verlangte vom Gemeinderat einen prüfenden Bericht, ob in Wohlen künftig der Grundsatz gelten könne, dass

  1. der Bezug von Sozialhilfe zur unentgeltlichen Teilnahme an gemeinnützigen Einsätzen verpflichtet.
  2. anerkannte Flüchtlinge, welche Sozialhilfe beziehen, von einer Integrationsfachstelle begleitet werden müssen.
  3. Nothilfebezüger nur noch in gemeindeeigenen Notunterkünften untergebracht werden.

Im zwölfseitigen Bericht erklärt der Gemeinderat u. a., dass Sozialhilfe nicht an Arbeitseinsätze gebunden werden könne, sondern beispielsweise maximal um 30 Prozent gekürzt werden kann. Gemeinderat Paul Huwiler sagte: «Der Gemeinderat verfolgt die Entwicklung genau. Er kommt zum Schluss, dass man an der bisherigen Praxis festhalten kann.»

Keine Freude am Bericht hatte Die Mitte mit Sprecher Harry Lütolf, der einen Rückweisungsantrag stellte: «In der Sozialhilfe geht es um grosse Summen für die Gemeinde, rund sechs Millionen oder etwa 20 Steuerprozente. Da ist viel Fleisch am Knochen. Unsere Fraktion ist überzeugt, dass Kosteneinsparungen möglich sind. Der Gemeinderat soll nochmals über die Bücher.»

Huwiler widersprach und erklärte: «Eine Rückweisung ist nur möglich, wenn der Bericht unvollständig erscheint. Aber nicht, weil einem der Inhalt und die Schlussfolgerung nicht genehm sind. Dem Gemeinderat fehlt die Fantasie, was man noch schreiben könnte.» Die Rückweisung wurde mit 16:18-Stimmen abgelehnt, die Abschreibung des Postulats mit 19:15 genehmigt.

Ebenso unzufrieden war Mitte-Lütolf mit der Antwort des Gemeinderats zu einer Anfrage über die Erfolgsquote der Gemeinde bei der Rückforderung von Beträgen bei der Sozialhilfe. Dort schneidet Wohlen im Vergleich mit anderen Aargauer Städten bescheiden ab. Er verlangte im Rat eine Diskussion, was dieser aber mit 16:18-Stimmen verweigerte.

Diese Haltung beim letzten Traktandum des Abends irritierte Ratspräsident Meinrad Meyer. Er schloss die Sitzung mit den Worten: «Ich erlaube mir noch eine Bemerkung. Es ist schon speziell, wenn ein Parlament nicht diskutieren will.»