Seit zehn Jahren ist er Rentner. Doch Müssiggang gibt es für ihn nach wie vor nicht. Vor allem nicht in der Adventszeit. Dann rüstet er seine Weihnachtsbäume für den Verkauf ab Hof.
Kaum mehr jemand, der sich im dunklen Wald illegal eine schön gewachsene Rottanne besorgt. Weihnachtsbäume gibt es überall. In den letzten Jahren hat sich dafür auch in der Schweiz eine richtige Industrie entwickelt. Und: Rottannen sind sowieso längst nicht mehr gefragt. In den meisten Stuben steht heute am 24. Dezember eine Nordmanntanne.
Besonders schöne Exemplare, davon sind viele überzeugt, gibt es bei Martin Baur in Sarmenstorf. Er hat vor rund 20 Jahren die ersten Bäume gesetzt. Mit aus Dänemark importierten Setzlingen: «Ich habe vorerst etwas Erfahrung gesammelt und dann beschlossen, es zu versuchen. Jetzt kann ich mir damit ein kleines Zubrot zu meiner Rente verdienen», schmunzelt der 75-jährige ehemalige Landwirt.
Die Nordmanntanne ist wegen ihrer speziellen Nadeln, ihrem geraden Wuchs und ihrer satten immergrünen Farbe zum beliebtesten Weihnachtsbaum überhaupt geworden. Sie wächst vor allem noch im Kaukasus und wird dort bis zu 60 Meter hoch. Ihr Holz wird dort zur Papierherstellung genutzt. In Mitteleuropa ist die Nordmanntanne in der Forstwirtschaft wenig verbreitet, weil sie unter strengen Wintern und Spätfrost leidet. Dänemark hat die Nordmanntanne als Weihnachtsbaum gefördert und gilt heute als grösster Produzent überhaupt. Jährlich werden rund 5 Millionen Bäume in verschiedene Länder exportiert, auch in die Schweiz. Die Samen beziehen die Dänen vornehmlich aus Georgien. Die Region Ratscha-Letschchumi gilt dabei als jene mit der besten Qualität. Bekannt ist insbesondere die Ortschaft Ambrolauri. Von dort kommt der Samen für die Jungpflanzen, die Martin Baur in Dänemark bezieht. (to)
Lehrgeld bezahlt
«Heute», sagt Martin Baur, «könnte man da und dort fragen und wüsste relativ rasch, wie man schöne Bäume züchten muss. Ich habe noch alles selber lernen müssen und vorerst doch etwas Lehrgeld bezahlt.»
Mittlerweile hat er die Zucht im Griff: «Weil die Nordmanntanne eine Pfahlwurzel hat, ist der Boden entscheidend. Es muss humusreicher, tiefgründiger Boden sein, also bestes Ackerland.» Dazu, sagt der erfahrene Christbaum-Züchter, braucht es die entsprechende Pflege: «Man muss zur richtigen Zeit jäten und düngen, und man muss darauf achten, dass die Bäume nicht vom Stockschwamm angesteckt werden.» Er könne auf den Stöcken von geschlagenen Weihnachtsbäumen entstehen. Diese werden nicht entfernt. Man lässt sie in der Christbaumkultur vermodern.
«Ein schöner Baum ist gerade gewachsen, hat einen schönen Spitz und die Abstände der einzelnen Kronen sind regelmässig», sagt Martin Baur. Doch die Meinungen der Kundschaft gingen weit auseinander: «Ich hatte einen Kunden, der hat einen Baum gekauft, den ich als absolut missgebildet bereits ausgeschieden hatte.» Der Kunde habe gesagt: «Du wärst doch auch gerne ein schöner Baum geworden, also komm, ich nehm dich mit nach Hause.» (TO)
Der Stockschwamm ist allerdings nicht das grösste Problem: «Richtig schlimm sind Läuse und Hagel. Dadurch können die stärksten Schäden entstehen.»
400 bis 500 Setzlinge jährlich
Martin Baurs Plantage umfasst inzwischen einige tausend Tannen. Jährlich setzt er 400 bis 500 junge nach, die drei bis vier Jahre alt sind. Bis sie zum Weihnachtsbaum in der meist gewünschten Grösse von 1,4 bis 2,4 Metern gewachsen sind, verstreichen weitere 8 bis 9 Jahre.
Weihnachtsbäume gibt es bei Martin Baur immer frisch: «Ich schlage die ersten Bäume vor dem Beginn der Adventszeit für die Gärten. Dann ist Pause bis Mitte Dezember. Am liebsten verkaufe ich meine Bäume so frisch, dass sie in der Stube nach Tanne riechen.»
Auf Wunsch schneidet der Weihnachtsbaum-Mann die Bäume so zurecht, dass sie in den vorhandenen Christbaum-Ständer passen. «Es hat ja doch kaum jemand mehr ein Beil oder einen Gertel daheim», sagt er.