Wohlen/Zufikon
Wie aus Primarschülern Künstler werden

Schüler gestalten zusammen mit Designern eine Sonderausstellung im Wohler Strohmuseum - gebastelt wird mit Blättern, Moos und Stroh.

Dominic Kobelt
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Als Teil der Inspirations-Phase stand ein Besuch bei Hutmacher Kurt Wismer in Hägglingen an. zvg

Als Teil der Inspirations-Phase stand ein Besuch bei Hutmacher Kurt Wismer in Hägglingen an. zvg

«Sorry, bin kein Künstler», hat Jonas neben seine Zeichnung geschrieben. Die Designerinnen Annina Gähwiler und Tina Stieger schmunzeln, sie finden die Zeichnung von Jonas gelungen, auch wenn der Sechstklässler kein Profi ist. Die 6b aus Zufikon ist eine von fünf Klassen, die am Projekt «Stroh inspiriert Schulklassen» teilnehmen dürfen.

Jede dieser Klassen bekommt einen Platz in der neuen Sonderausstellung im Strohmuseum im Park in Wohlen. Die Vernissage ist auf den 5. Juli angesetzt. Bis dahin machen die Kinder zusammen mit den beiden Profis den kompletten Design-Prozess durch, lassen sich inspirieren, entwickeln eine Idee, probieren Materialien aus und stellen schliesslich ein Produkt für die Ausstellung her.

Was genau die Schüler designen, wollen sie noch nicht verraten und ist auch noch nicht im Detail festgelegt. Gähwiler erklärt: «Was am Schluss entsteht, entscheidet die Klasse. Das ist auch für uns eine Herausforderung, weil wir nicht planen können, wir entwickeln die Idee gemeinsam weiter», erklärt Stieger.

Silvesterkläuse und Zahnstocher

Nachdem die Klasse von David Graf den Hägglinger Hutmacher Kurt Wismer besuchen durfte, lieferten die beiden Designerinnen bei ihrem ersten Besuch im Klassenzimmer zusätzliche Inspiration.

Mit Fotos und Videos von den traditionellen Silvesterkläusen, die in Urnäsch den Winter vertreiben, bis zu Arbeiten von modernen Künstlern, die mit Zahnstochern oder kunterbunten Pelzen arbeiten, zeigten sie auf, wie Designer mit unterschiedlichsten Materialien arbeiten. Im Vordergrund stehen dabei natürliche Werkstoffe wie Blätter oder Moos, und selbstverständlich Stroh. Die Kinder mussten die Bilder analysieren – keine einfache Aufgabe in dem Alter.

«Die Figur ist lustig und sehr bunt. Nur ihr Gesicht sieht irgendwie tot aus. Ich glaube, das ist aus Kleister gemacht. Wir haben sie Rainbow-Boy genannt», erklärt eine der Gruppen der Klasse. Tina Stieger erläutert die Schwierigkeit: «Die Kinder müssen beobachten und beschreiben. Für sie ist es recht anspruchsvoll zu erkennen, was der Künstler mit seinem Werk ausdrücken wollte.»

Und es warten im Design-Prozess noch weitere solche Aufgaben: Die Kinder sollen nicht «nur» etwas herstellen, sondern hinterfragen, kritisch denken und bewusste Entscheidungen treffen. Und wie ist es umgekehrt?

Lernen die erfahrenen Designerinnen auch von den Kindern? «Ja», sagen beide unisono. «Für mich ist es das erste Mal, dass ich unterrichte», führt Stieger aus. «Die Kinder sind sehr kritisch. Das merkt man, wenn man zu viele Dinge erzählt, die für sie nicht spannend sind – die Aufmerksamkeit schwindet.»

Und Gähwiler ergänzt: «Sie sind unverblümt, ihnen fehlt die ‹déformation professionnelle›, und das ist gut so. Wenn wir ein Werk betrachten, haben wir von Berufs wegen eine eingeschränkte Sichtweise.»

Die Idee der Kuratorin Anna Hegi, die Sonderausstellungsfläche des Strohmuseums Schulklassen zur Verfügung zu stellen, ist neu in der Museumslandschaft. Der Auftrag zur Konzeptausarbeitung und -durchführung wurde den Kulturvermittlerinnen Andrea Huser und Andrea Zielinski übergeben.

Im letzten Herbst wurden mittels Ausschreibung Schulklassen aus Wohlen, Villmergen, Eggenwil, Dottikon und Zufikon für das Projekt ausgewählt. Klassenlehrer David Graf ist vom Projekt überzeugt: «Ich zeichne und bastle mit den Kindern auch sonst, aber hier machen wir mehr. Das geht ins ‹reale Leben› über, schliesslich wird unsere Arbeit ein Jahr in der Ausstellung zu sehen sein. Das spornt die Kinder an.»

Sonderausstellung «Stroh inspiriert Schulklassen», Vernissage am 5. Juli um 18 Uhr, Strohmuseum im Park, Wohlen