Dottikon
Wegen Streit um Sozialdiakonin wird an Kirchgemeinde geflucht

Die reformierte Kirchgemeinde in der Umgebung Dottikon ist sich in vielen Punkten uneinig. Ein Streitpunkt ist der Wohnort der Sozialdiakonin, die zur Zeit ausserhalb des Gebiets der Kirchgemeinde wohnt.

Andrea Weibel
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Dunkle Wolken über der Kirche in Ammerswil der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde (Ammerswil, Dintikon, Dottikon mit Ballygebiet Villmergen und Hägglingen).

Dunkle Wolken über der Kirche in Ammerswil der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde (Ammerswil, Dintikon, Dottikon mit Ballygebiet Villmergen und Hägglingen).

Dominic Kobelt

Die Wellen gehen hoch in der Kirchgemeinde Ammerswil, Dottikon, Dintikon, Hägglingen und Ballygebiet. In den letzten Wochen haben sich die Angehörigen der Kirche in verschiedenen Leserbriefen Luft gemacht. Bei den Diskussionen geht es darum, wo eine Sozialdiakonin wohnen darf, beziehungsweise, ob sie im Gemeindegebiet wohnen muss.

Laut Dienst- und Lohnreglement ist sie dazu nämlich verpflichtet, sobald sie zu über 50 Prozent angestellt ist. Susanne Vögeli, um deren Fall es geht, bekleidet ein 70-Prozent-Pensum als Sozialdiakonin. Sie hat an der Juni-Kirchgemeindeversammlung den Antrag gestellt, diese Wohnsitzpflicht aufzuheben. Seither herrscht Zwist in der Kirchgemeinde.

Sozialer Gedanke

Vögeli wohnt in Schlieren, ihr Ehemann führt dort ein Gartenbaugeschäft. «Seine Kundschaft betreut er seit 25 Jahren in Zürich und Umgebung. Durch den enormen Zeitverlust (weiterer Anfahrtsweg) könne er nicht mehr alle Kunden betreuen und dadurch wäre die Existenz des Ehepaares gefährdet», heisst es im Protokoll der «Juni-Gmeind».

Die Gegner führen den sozialen Gedanken hinter dem Amt einer Sozialdiakonin ins Feld, die als Ansprechperson für die Mitglieder der Kirchgemeinde fungieren und somit auch persönlich erreichbar sein sollte. Dies wäre mit einem Wohnsitz in einer der Kirchgemeinden natürlich einfacher.

An die Urne

Aufgrund der verschiedenen Leserbriefe sah sich die Kirchenpflege vor einer Woche genötigt, eine Informationsveranstaltung zu dem Thema anzusetzen, zu der die Presse allerdings nicht eingeladen war. «Es wurde heftig diskutiert und wir kamen überein, die Wohnsitzpflicht in diesem Fall an die Urne zu bringen», hielt Kirchenpflegepräsident Peter Bircher lediglich fest.

Kirchenmitglied Yves Polin aus Dottikon reichte das jedoch nicht. Er wollte die Diskussion an der Versammlung vom Dienstag wiedereröffnen. Die Kirchenpflege blockte vehement ab. Polin vertrat die Meinung, dass es vermutlich nicht nur um das Geschäft von Susanne Vögelis Mann, sondern auch um ihre eigene Mal- und Gesprächstherapie-Praxis in Schlieren gehe.

Hier konnten viele der 54 Anwesenden nicht mehr an sich halten, heftig wurde diskutiert und gar geflucht an der Kirchgemeindeversammlung. Einzelne Mitglieder verliessen kopfschüttelnd den Saal. Nur mit Mühe verschaffte sich Bircher Gehör und wiederholte, am 20. November werde über das Thema abgestimmt.

Streitpunkt Pfarrer-Computer

Doch die Wohnsitzpflicht war lediglich der emotionalste der verschiedenen Streitpunkte an der Versammlung. Auch beim Thema EDV fielen markige Worte, teilweise direkt gegen verschiedene Amtsträger. Thema war der Computer, den die abtretende Pfarrerin Brigitte Oegerli vor vier Jahren neu erhalten hatte.

Sie wollte wissen, wie damit verfahren werden solle: Entweder werden die gesamten Daten gelöscht und ihr Nachfolger erhält den neu aufgesetzten, vierjährigen Computer, oder es wird für den neuen Pfarrer ein neuer Computer angeschafft, während Oegerli den alten behalten kann. Auch bei diesem Sachthema brandeten die Emotionen auf.

Positiver Schlusspunkt

Es sei noch gar nicht lange her, da sei es in der Kirchgemeinde, bestehend aus den fünf politischen Gemeinden, ruhig und friedlich zu- und hergegangen, sagten einige Mitglieder. Wie Peter Bircher hoffen auch sie, dass die Urnenabstimmung bald Linderung bringt.

Als positiver Schlusspunkt bedankte sich Bircher bei Kirchenpflegerin Nicole Zimmermann für ihre gute Arbeit während der vergangenen Jahre. Die Dottikerin zieht in den Kanton Luzern um und tritt daher von ihrem Amt zurück. Sie erhielt neben einem Blumenstrauss und lieben Worten einen Rosengutschein, «damit sie das Rosendorf nicht vergisst», so Bircher.

Kirchpflegepräsident Peter Bircher bedankt sich bei der abtretenden Kirchenpflegerin Nicole Zimmermann.

Kirchpflegepräsident Peter Bircher bedankt sich bei der abtretenden Kirchenpflegerin Nicole Zimmermann.

Andrea Weibel