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Schon vor zwei Jahren stöhnte die Bevölkerung im Bünz- und Reusstal unter der Sommerhitze. Die damalige Trockenheit hatte auch Auswirkungen auf den Wasserverbrauch. Er stieg merklich an, und da und dort zeigten sich gravierende Lücken in der Versorgung.
Mehrere Gemeinden im Bünztal mussten mehr Wasser von der IB Wohlen AG (IBW) beziehen, die dank der in den 60er-Jahren realisierten Leitung vom Grundwasserpumpwerk Lenzhard II in Niederlenz auch in trockenen Jahren nie Lieferschwierigkeiten hat. Im Reusstal war vor allem Tägerig betroffen. Die Gemeinde musste noch im Dezember täglich bis zu 100 000 Liter Trinkwasser von Mellingen beziehen, weil der ausbleibende Regen die Quellen ausgetrocknet hatte.
Weil die Bevölkerung weiter wächst und wegen der klimatischen Entwicklung vermehrt Trockenperioden zu erwarten sind, ist in den nächsten Jahren mit einer steigenden Nachfrage nach Trinkwasser zu rechnen. Die IB Wohlen AG hat den künftigen regionalen Wasserbedarf von der Firma Waldburger Ingenieure AG analysieren lassen.
Die Fachleute kommen in einer Studie zum Schluss, dass 2035 an Spitzentagen im Bünz- und Reusstal sowie den angrenzenden Gebieten mit einem Defizit von knapp 8 Mio. Liter Trinkwasser pro Tag zu rechnen sein wird, 2050 dürften sogar rund 22 Mio. Liter fehlen – sofern die Versorgung nicht massiv ausgebaut wird. IBW und Waldburger Ingenieure sehen die Lösung in einer Ringleitung, die vom Grundwasserpumpwerk Lenzhard II durch das Bünz- und Reusstal führt. Das Grundwasservorkommen bei Niederlenz ist gross genug, um den Bedarf zu decken. Weiter liesse sich mit einer Ringleitung auch die Versorgungssicherheit in der Region deutlich erhöhen.
2016 hat die IB Wohlen AG ihre Vision «Wasser 2035» den betroffenen Kommunen vorgestellt. 23 Gemeinden und Wasserversorgungen zeigten sich an einer Weiterverfolgung der Idee zum konkreten Projekt interessiert. Inzwischen liegt bereits ein Konzept vor, das am Donnerstagabend von Peter Lehmann, Vorsitzender der IBW-Geschäftsleitung, und Martin Schibli, Geschäftsführer der Waldburger Ingenieure, vorgestellt wurde. Was das Duo als Ergebnis einer Arbeitsgruppe präsentierte, geht weit über die Abklärungen zur technischen Machbarkeit hinaus. Lehmann und Schibli präsentierten ein schon weitgehend konkretisiertes Projekt und zeigten auch auf, wie ein solches organisatorisch und finanziell umgesetzt werden könnte.
Das Ganze ist mit einem Korreferat untermauert. Der technische Bericht wurde dem Ingenieurbüro K. Lienhard AG als unabhängige Experten zur Prüfung übergeben. Sie kamen zum Schluss, mit dem Konzept «Wasser 2035» könne die Wasserbeschaffung der beteiligten Gemeinden sowohl mittel- wie auch längerfristig sichergestellt werden. Das Konzept basiert auf der erwähnten Ringleitung (siehe Grafik rechts). Für ihre Realisierung muss das bestehende Netz im Bünztal an drei Stellen verstärkt werden, die neue Leitung im Reusstal wird aus elf einzelnen Abschnitten bestehen.
Neu gebaut werden müssten auch zwei Stufenpumpwerke. Von der bis 2035 zusätzlich benötigten Wassermenge sollen rund 4 Millionen Liter pro Tag vom Pumpwerk Lenzhard II bezogen werden. Eine weitere Kapazitätserhöhung erfolgt durch Leistungssteigerungen aus den Pumpwerken in der Region.
Als Organisationsform für die Trägerschaft der neuen Leitung ist die Bildung einer Aktiengesellschaft vorgesehen. Diese AG Wasser 2035 baut und betreibt lediglich die Ringleitung sowie die Stufenpumpwerke. Die Gemeinden bleiben mit ihren Wasserversorgungs-Anlagen weiterhin autonom.
Gerechnet wird mit Kosten von rund 15 Millionen Franken für die Anlagen, welche die neue Aktiengesellschaft von den bisherigen Eigentümern übernimmt. Weitere rund 27 Millionen Franken sind bis 2035 für den Weiterausbau des Ringsystems nötig und noch einmal 5 Millionen Franken bis 2050. Investitionen und Betriebskosten sollen nach einem speziellen Schlüssel gerecht verteilt werden.
Die Gemeinden haben nun Zeit, sich zum vorliegenden Konzept zu äussern und über ihre weitere Beteiligung zu entscheiden. Wenn das Projekt genügend Rückhalt findet, soll der politische Bewilligungsprozess in Angriff genommen werden. Loslegen kann die AG Wasser 2035 im Idealfall schon 2019.
Wegen der anhaltenden Trockenheit sprudeln die Quellen der Sarmenstorfer Wasserversorgung deutlich weniger üppig als üblich. Vor einem Jahr hat es letztmals so viel geregnet, dass die Wasserfassungen am Lindenberg richtig voll gewesen sind. Seither ging der Ertrag merklich zurück.
Jetzt spürt die Gemeinde nicht nur die lange Trockenperiode, sondern auch die Auswirkungen der Hitzewelle. Der Wasserverbrauch ist derart gestiegen, dass Sarmenstorf erstmals im grösseren Umfang Wasser von Wohlen beziehen muss. Der Wasserverbund der beiden Gemeinden ist 2005 eingerichtet worden. Seither hat Sarmenstorf aber nie Wasser bezogen, sondern geliefert. Im nassen Juni beispielsweise waren die Quellen am Lindenberg mit bis zu 1200 Minutenlitern (l/m) derart ergiebig, dass 800 l/m über die Verbundleitung nach Wohlen geliefert werden konnten.
Jetzt läuft es umgekehrt: Sarmenstorf muss die vertraglich vereinbarte Maximal-Liefermenge von 500 m3 pro Tag zeitweise fast gänzlich ausschöpfen, um den erhöhten Bedarf decken zu können. Weil die Pumpe im Stufenpumpwerk in Büttikon zu schwach ist, hat die IB Wohlen eine Notversorgung mit einer stärkeren Pumpe eingerichtet. In Sarmenstorf rechnet man allerdings damit, dass man bald wieder genügend eigenes Wasser hat. Bei etwas Regen und Bewölkung, wie sie für nächste Woche erwartet werden, würde der Wasserverbrauch umgehend deutlich sinken, erklären die Verantwortlichen. (to)