Urteil
Warum der Elternmörder von Sarmenstorf nicht ins Gefängnis muss

Obwohl Andreas S. beide Elternteile tötete, bleibt ihm das Gefängnis erspart. Für viele ist dieses Urteil unverständlich.

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Von Wahnvorstellungen getrieben tötete Andreas S. 2015 seine Eltern auf brutale Weise. Trotzdem wurde er vom Bezirksgericht Bremgarten vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freigesprochen. Für viele ist dieses Urteil ein Hohn, wie ein Blick in die Kommentarspalten von Tele M1 zeigt. Jeder Verkehrssünder werde schwerer bestraft, lautet der Tenor.

Eine Gefängnisstrafe bleibt S. erspart, weil er unter einer paranoiden Schizophrenie leidet. Deshalb gehört er in eine stationäre Therapie, wie Gerichtspsychiater Josef Sachs gegenüber Tele M1 betont. «Häufig hat man dort nicht mehr Freiheiten als in einem Gefängnis», erklärt er. Der Unterschied besteht im Tagesablauf: In der Regel seien die Bewohner den ganzen Tag über mit therapeutischen Massnahmen beschäftigt.

Doppelmord Sarmenstorf - Strafuntersuchung eröffnet
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Das Einfamilienhaus am Schulweg in Sarmenstorf aus anderer Perspektive - es befindet sich nahe der Schule.
Die beiden Toten wurden am Mittwochabend in ihrem Haus gefunden - die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort.
Die Polizei sperrte das Gebiet rund um das Haus am Mittwochabend grossräumig ab.
Der Bruder des mutmasslichen Täters (32) fand seinen 64-jährigen Vater und seine 60-jährige Mutter gegen 20 Uhr in ihrem Haus – erstochen.
Die Eltern zogen fünf Kinder auf, drei Söhne und zwei Töchter.
Einer der Söhne starb vor einigen Jahren bei einem Autounfall.
Der mutmassliche Täter A.S. war vor einiger Zeit vorübergehend wieder für ein paar Wochen bei seinen Eltern eingezogen. Er lebte aber zum Zeitpunkt der Tat offenbar wieder in einer eigenen Wohnung in der Region.
Die versiegelte Wohnung von A. in Dottikon am Tag nach der Tat.
Das Haus am Schulweg in Sarmenstorf am Tag nach der Tat. Rechts Sohn A.S.

Doppelmord Sarmenstorf - Strafuntersuchung eröffnet

Keystone/ZVG

Tat besser verstehen

Die Gewissheit, dass Andreas S. erwiesenermassen an einer psychischen Krankheit leidet, hilft auch seinen Geschwistern dabei, die Tragödie zu verarbeiten. «Das Gutachten lieferte ihnen gewisse Antworten», erklärt Corinne Moser, die Anwältin der Hinterbliebenen. «Sie können nun besser verstehen, wie ihr Bruder zu solch einer Tat fähig war», so die Anwältin.

Auch der jüngere Bruder von Andreas S. leidet unter einer schizophrenen Erkrankung. Keine Seltenheit: «Wenn bereits ein Familenangehöriger erkrankt ist, liegt das Risiko bei bis zu 10 Prozent, bei einem Elternteil noch höher», weiss Gerichtspsychiater Sachs.

In frühstens fünf Jahren kann Andreas S. einen Antrag auf Neubeurteilung seines psychischen Zustands stellen. Bis dahin bleibt er in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden in Behandlung. (cze)