«Tischlein deck dich» sucht in der Erntezeit den Goodwill der Landwirte und Landfrauen: Die Non-Profit-Organisation will mehr Frischware und möchte liegen gebliebene Lebensmittel auf dem Feld einsammeln.
Die Idee ist einfach: Henrieta Suter, die Leiterin von «Tischlein deck dich» in Muri, bringt einen Harass in Umlauf, der jetzt, in der Erntezeit, von Bauern mit Geerntetem gefüllt werden kann, das sie nicht verkaufen können. Dieser Versuch, mehr Frischwaren an Bedürftige abgeben zu können, ist wahrscheinlich bisher einzigartig in der Schweiz.
«Viele Lebensmittel bleiben, bedingt durch die maschinelle Ernte oder weil sie von Grösse oder Aussehen her nicht markttauglich sind, auf dem Feld zurück. Das ist schade, man könnte sie problemlos konsumieren,» sagt Suter. Deshalb versucht sie, Kartoffeln, Äpfel, Rüebli, Kürbisse, Salat und anderes mehr mit ihrem Harass zu sammeln, damit diese Nahrungsmittel Bedürftigen zugute kommen, statt untergepflügt zu werden. «Wir bringen und holen den Harass selbstverständlich selber», unterstreicht Suter, «der Landwirt soll möglichst keinen Aufwand haben.» Suter kann sich auch vorstellen, dass sie und ihre Helferinnen und Helfer mit Erlaubnis von Bauern selbst den Harass füllen.
Der Leiterin von Tischlein deck dich Muri geht es aber nicht nur darum, das Angebot ihrer Abgabestelle mit gesunden Frischprodukten aufzuwerten. «Damit möchten wir auch ein Zeichen setzen gegen den Verlust von Nahrungsmitteln.» Immerhin gehen rund ein Drittel aller in der Schweiz produzierten Lebensmittel zwischen Feld und Teller verloren oder werden verschwendet. Seit Juni dieses Jahres gibt bereits Murimoos werken und wohnen jede Woche Frischprodukte an «Tischlein deck dich» ab, die nicht mehr im Bio-Markt verkauft werden können.
«Das ist grundsätzlich eine gute Idee», stellt Ralf Bucher, Geschäftsführer des Aargauischen Bauernverbandes, fest. Aber er warnt auch vor Illusionen: «Die Kartoffeln, die auf dem Feld nach der maschinellen Ernte liegen bleiben, sind beispielsweise nicht lagerfähig, weil sie meistens irgendwie verletzt sind. Obst, das auf dem Feld übrig bleibt, stammt in der Regel von Hochstammbäumen und ist damit entweder als Mostobst nicht schmackhaft genug zum direkten Verzehr oder aber oft wurmstichig, weil die Bäume nicht gegen Schädlinge behandelt werden. Klar ist für Bucher, dass Private nur nach der Erlaubnis der Landwirte Feldfrüchte einsammeln dürfen. «Unsere Felder sind schliesslich auch nach der Ernte kein Selbstbedienungsladen.»
Das ist für Suter klar, die während eines Erntedankgottesdiensts auf ihre Idee gekommen ist. «Wir suchen selbstverständlich den Kontakt zu den Landwirten.» Melden kann man sich unter den Telefonnummern 056 664 66 10 / 079 701 37 26. «Mit unserer Aktion können wir bei den Leuten auch ins Bewusstsein rücken, dass Lebensmittel nicht einfach so in den Laden kommen, sondern dass man sich dafür bücken muss.»
Jetzt ist sie gespannt, bei welchem Landwirt, bei welcher Landfrau im Freiamt respektive im Kanton Aargau der Tischlein-deck-dich-Harass vorbeikommen darf, um gefüllt zu werden. «Falls die Spender nichts dagegen haben, schreiben wir gerne auch in unserer Verteilstelle an, woher die Nahrungsmittel stammen.» Ein erster Harass wurde bereits gefüllt - von Helen Schreiber, vom Bio-Hof Gründelematt in Wegenstetten. Schreiber ist auch Präsidentin der Aargauer Landfrauen.