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Der Bremgarter Gerichtspräsident Peter Thurnherr traf seinen Entscheid abseits des Zivilgesetzbuches – und schlichtete so einen jahrelangen Streit um eine Hecke.
Mit einer kreativen Idee rettete Gerichtspräsident Peter Thurnherr eine Hecke mit Hasel-, Holunder- und Weissdornsträuchern an einem Dorfbach in einer Freiämter Gemeinde: Er lege das Zivilgesetzbuch einmal zur Seite und schlage einen Kompromiss vor, beschied Thurnherr den beiden Ehepaaren, die sich wegen der Höhe der Hecke in die Wolle geraten waren.
Die Hecke soll im Verlauf der nächsten Jahre gestuft auf den Stock zurückgeschnitten werden – auf die maximale Höhe von 3,50 Metern. Der Charakter der Hecke soll darunter nicht leiden.
Er denke nicht an einen glatten Schnitt «wie beim Coiffeur», meinte Thurnherr. Die Hecke sollte nachher nicht aussehen «wie ein Thujahag», sondern wellenförmig, naturnah.
Auf diesen Vorschlag reagierten die beiden Ehepaare versöhnlich. Jahrelang hatten sie sich über die Hecke gestritten. Die Kläger bemühten den Friedensrichter. Nachdem man sich nicht einig geworden war, engagierten beide Parteien einen Anwalt. Das Gericht ordnete einen Augenschein an. Die Ehepaare, beide in den besten Jahren, sahen sich in Bremgarten vor Gericht wieder.
«Die Hecke ist eindeutig zu hoch», entschied der Gerichtspräsident. Die Kläger ärgerten sich über den Schatten, den die Hecke auf ihren Hausplatz warf und den Rasen «verwurmen» liess. Die Aussicht störe die Hecke wenigstens nicht, gaben diese zu Protokoll. Die Beklagten wandten ein, dass die Hecke unter kommunalem Schutz stehe und ihnen lieb geworden sei. In der Hecke nisteten Vögel. Jedes Jahr engagierten sie einen Gärtner, der etwas von seiner Sache verstehe. Dieser führe den notwendigen «Pflegeschnitt» aus.
Der Anwalt der Kläger erinnerte an die Vorschriften im Zivilgesetzbuch: Die Hecke dürfe nicht höher als 1,80 Meter sein. Die Sträucher hätten «keinen besonderen Wert». «Aber wir könnten einen Vergleich schliessen», schlug er vor. Darauf ging der Anwalt der beklagten Partei ein. Er könne sich eine Hecke «mit Lichtfenstern» vorstellen. Diese sollte nicht geometrisch genau geschnitten werden. Die beiden Wildkirschbäume sollten indessen nicht gestutzt werden. Denn diese störten die Kläger ja nicht.
Gerichtspräsident Peter Thurnherr konstatierte: «Wenn ich das Zivilgesetzbuch anwenden muss, schadet das der Hecke. Wenn sie aber so zurückgeschnitten wird, wie ich es Ihnen empfehle, dann bleibt beiden Parteien noch ein Sichtschutz», sagte er. «Ihr müsst ja noch ein paar Jahre nebeneinander wohnen bleiben.»
Der angestrebte Zustand der Hecke sollte im Jahr 2021 erreicht werden. «Ich schaue, dass die Verfahrenskosten nicht zu hoch werden. Parteientschädigungen gibt es in diesem Fall keine», erklärte Thurnherr. «Ihr dürft aber eure Meinung nicht mehr ändern.» Fall gelöst.