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Frau Gemeindeammann Vreni Meuwly hat 33 Jahre in der Schul- und der Gemeindebehörde mitgearbeitet. Ende Jahr tritt die FDP-Frau ab. Zeit um Rückschau auf ein bewegtes Politikerleben zu nehmen.
Politische Urgesteine sind in der Regel männlich. Vreni Meuwly darf man mit Fug und Recht als wohltuende, herzliche Ausnahmeerscheinung bezeichnen.
Ende Jahr tritt die FDP-Frau von der politischen Lokalbühne ab, nach neun Jahren in der Schulpflege und nach 24 Jahren im Gemeinderat Widen, wovon 14 1⁄2 Jahre als Gemeindeammann. Dabei hatte die in Baden aufgewachsene Frau weder auf den Mutschellen zügeln noch politisches Oberhaupt werden wollen. Dass es ganz anders kam, wertet sie heute als «grosse persönliche Glücksfälle».
Frau Meuwly, Sie müssen sich in der Schulpflege und im Gemeinderat sehr wohl gefühlt haben. Sonst hätten sie es kaum 33 Jahre lang dort ausgehalten.
An der Wider Gemeindeversammlung vom 21. November wurde Vreni Meuwly reich beschenkt und sehr herzlich verabschiedet. Auch ihre beiden Söhne Christian (42) und Matthias (40) nahmen am Verabschiedungsakt teil. Matthias ist Pilot, auch Christian arbeitet in der Reisebranche. «Beide Söhne hatten mich schon anlässlich der Gemeindeammann-Wahl begleitet. Diesen Wunsch erfüllten sie mir auch bei der Verabschiedung.» Ihren Lebensunterhalt hat Vreni Meuwly als Leiterin des Sekretariats der Reformierten Kirchgemeinde Bremgarten-Mutschellen verdient, das sie während mehr als 20 Jahren führte. (sl)
Vreni Meuwly: Das trifft zu, das Mitarbeiten hat mir enorm Freude gemacht. Selbstverständlich gab es auch weniger erfreuliche Situationen. Aber das Positive überwog bei weitem. Ich habe die Menschen gern, insbesondere meine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner von Widen.
1970 zügelten Sie als junge Frau aus der Stadt Baden ins ländliche Widen mit damals kaum 2000 Einwohnern. Wie war das?
Das war am Anfang nicht einfach. Ich zügelte meinem Mann Peter zuliebe, einem Zufiker, ins Mutschellendorf Widen. Allerdings unter der Bedingung, dass ich ein Auto bekomme, mit dem ich hin und wieder in mein Baden fahren konnte. Der öffentliche Verkehr war damals noch sehr lückenhaft.
Frau Gemeindeammann wollten Sie gar nie werden. Trotzdem wurden Sie als erste Frau im Bezirk Bremgarten Gemeindeammann.
Ich war 1998 Vizeamtsfrau in Widen und leitete im Gemeinderat mit Begeisterung das Bauressort. An einem heissen Tag im Mai erlitt Gemeindeammann Karl Diener einen Herzinfarkt. Plötzlich musste ich als Stellvertreterin des Gemeindeammanns einspringen. Vor der Wahl im Herbst ermunterten mich dann viele Leute, als Gemeindeammann zu kandidieren. Ich konnte fast nicht Nein sagen, musste aber mein geliebtes Bauressort aufgeben.
Sie erlitten einen schweren Schicksalsschlag, als ihr Ehemann sehr früh starb. Wann war das?
1979 brach Peter auf dem Tennisplatz tot zusammen, kurz nach einem Gesundheitscheck beim Arzt. Urplötzlich war ich eine alleinerziehende Frau mit zwei kleinen Söhnen. Da taten sich Abgründe auf.
Wie fanden Sie zurück in die Spur?
Meine Eltern und Schwiegereltern unterstützten mich nach Kräften. Ich erfuhr aber auch unerwartet grosse Zuwendung von Nachbarn, von der reformierten Kirchgemeinde und der ganzen Dorfgemeinschaft. Viele Leute gaben mir Halt und haben mich getragen. Von da an wusste ich, dass Widen für immer mein Wohnort sein wird.
Zurück zu Ihrer langen Behördezeit. Wo konnten Sie besondere Akzente setzen?
Spontan fallen mir kleinere Begebenheiten ein. Zum Beispiel eine gute Lösung für eine junge Mutter, die ein Problem mit ihrem Schulkind hatte. Rückblickend bin ich dankbar, dass ich die starke Entwicklung unserer Gemeinde und auf dem Mutschellen begleiten durfte. Ein unvergessliches Highlight war die Eröffnung des regionalen Sport-, Freizeit- und Begegnungszentrums in Widen.
Das neue Sportzentrum hat ja eine fast unendliche Vorgeschichte.
Von der ersten Planungssitzung bis zur Realisierung des Grossprojekts dauerte es 18 Jahre. Die zahllosen Gespräche, die vielen Abstimmungen, die Einsprachen, die Einwendungen und die Neuplanung hielten zahlreiche Leute auf Trab, auch mich. Ich war schon sehr erleichtert, als das Zentrum für den Mutschellen mit den rund 13 000 Bewohnern endlich eröffnen konnte.
Trotz Ihres Rücktritts Ende 2013 bleiben Sie für weitere zwei Jahre Chefin des Regionalplanungsverbandes Mutschellen, Reusstal, Kelleramt.
Ich bin dankbar, dass ich das Präsidium des Verbandes auch die nächsten beiden Jahre ausüben kann. Regionale Anliegen wie beispielsweise der Ausbau des öffentlichen Verkehrs liegen mir sehr am Herzen. Aktuell beschäftigt uns die Raumplanung stark. Die Kernfrage dazu lautet: Wie kann sich unsere Region auf dem Hintergrund des einschneidenden neuen Raumplanungsgesetzes entwickeln?
Wie werden Sie die gewonnene Freizeit ab 2014 nutzen?
Ich werde wohl meine Leidenschaft, die Pferderennen auf dem Schachen in Aarau samt Wetteinsätzen, noch mehr geniessen können als bis jetzt. Spanisch möchte ich bald lernen, spannende Bücher lesen und hin und wieder verreisen.
Jetten Sie bald um die halbe Welt?
Gott bewahre, nein, nein. Lange Flüge sind mir ein Gräuel. Ich möchte den einen oder anderen Europa-Trip absolvieren. Das reicht mir vollkommen.