Musik
«Nachdem 300 Leute reinspaziert waren, durften wir bleiben»: Diese Freiämter Rocker sind auch nach zehn Jahren nicht konzertmüde

Bei ihrer Gründungsversammlung waren sie alle Anfang 20, vom Organisieren von Konzerten hatten sie kaum eine Ahnung. Unterdessen sind die Mitglieder des Vereins «Rock Kultur Freiamt» ein eingespieltes Team. Zu ihrem 10. Geburtstag blicken sie auf viele Anlässe und noch mehr Erinnerungen zurück.

Melanie Burgener Jetzt kommentieren
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Der Verein «Rock Kultur Freiamt» organisiert seit zehn Jahren Anlässe in der Region. Er ist für seine Deutschrocknacht und seinen Irish Evening bekannt.

Der Verein «Rock Kultur Freiamt» organisiert seit zehn Jahren Anlässe in der Region. Er ist für seine Deutschrocknacht und seinen Irish Evening bekannt.

Dominic Kobelt (3.4.2016)

Was haben Irland, ein Jassturnier und der Geruch nach kaltem Schweiss gemeinsam? Richtig: eigentlich nichts. Zumindest nicht in den Köpfen der meisten Menschen. Im Freiamt haben diese drei Begriffe aber sehr wohl einen gemeinsamen Nenner. «Rock Kultur Freiamt» heisst dieser. Er zählt gleich sieben Köpfe, deren Verstand bei diesen Dingen automatisch Erinnerungen der vergangenen zehn Jahre abspielt.

Erinnerungen an Konzerte, die erst morgens um 4 Uhr ein Ende nahmen, bei denen Hunderte von Gläsern und eine Steckdose mit Guinness-Bier gefüllt wurden und in denen sich die Teilnehmenden nach dem geklopften Jass im «Bauernhof» über die zuvor aufwendig organisierten Geschenke gefreut haben.

Mit den Geschichten, die die sieben Herren des Vereins «Rock Kultur Freiamt» bereits gemeinsam erlebt haben, könnten sie einen ganzen Abend füllen. Bei einer grossen Flasche Bier im «Löwen» in Boswil erzählen sie davon, wie sich ihre Anlässe seit der allerersten Generalversammlung verändert haben. Und davon, wie sie jetzt nach der Pandemie wieder Leben in die Freiämter Konzert- und Kulturszene bringen möchten.

Eine Rockband, 100 Gäste und eine improvisierte Tontechnik

Einen passenderen Ort für einen Rückblick zu ihrem 10-Jahr-Jubiläum gibt es wohl kaum. Schliesslich spielen der «Löwen»-Wirt Pitsch Wyrsch, sein Lokal «Chillout» und auch Bier eine wesentliche Rolle in der Geschichte des Vereins.

«Es war eine klassische Bieridee», sagt Pado Staub zur Entstehung des Vereins. «Ralph und ich sind schon immer gerne zusammen an Konzerte gegangen. Doch hier in der Umgebung war wenig los.» So haben die beiden Freiämter, damals beide Anfang 20, beschlossen, ihr eigenes Rockkonzert auf die Beine zu stellen.

Mit der Unterstützung von Freunden haben Pado Staub und Ralph Preysch in der Wohler Plattform, dem Raum für kulturelle Anlässe junger Leute, im Oktober 2011 ihren ersten eigenen Musikevent organisiert. «Das war legendär», sagt Preysch, die anderen stimmen in sein Lachen ein.

«Wir hatten eine Band aus Deutschland engagiert. Erst bei deren Ankunft haben wir erfahren, dass normalerweise die Veranstalter für die Tontechnik verantwortlich sind», sagt er. Staub ergänzt:

«Da hatte einer unserer Freunde seinen ersten Einsatz als Mischer und Lichttechniker.»

Es sei bei weitem nicht das Einzige gewesen, das an jenem Abend schiefgegangen sei. «Und trotzdem sind etwa 100 Leute aufgetaucht. Ein Jahr später hatten wir bereits zwei Bands engagiert», so Preysch. Die erste Freiämter Deutschrocknacht wurde geboren und kurze Zeit später der Verein.

«Am Anfang wurden wir noch etwas belächelt»

Die Organisation der beiden ersten Rockkonzerte hat Staub und Preysch zwar Spass bereitet. «Doch wir haben gemerkt, dass es einfacher ist, einen solchen Anlass als Verein zu organisieren», sagt Staub.

So trommelten sie fünf weitere Freunde zusammen. Am 23. Dezember 2012 gründeten Ralph Preysch, Pado Staub, Marco Koch, Stefan Hoppler, Sämi Felber, Köbi Wiederkehr und Lukas Schmid an der ersten GV den Verein «Rock Kultur Freiamt».

Seit der Gründung sind sich die Mitglieder des Vereins «Rock Kultur Freiamt» treu geblieben: Köbi Wiederkehr, Lukas Schmid, Ralph Preysch, Marco Koch, Stefan Hoppler, Pado Staub und Sämi Felber (von links).

Seit der Gründung sind sich die Mitglieder des Vereins «Rock Kultur Freiamt» treu geblieben: Köbi Wiederkehr, Lukas Schmid, Ralph Preysch, Marco Koch, Stefan Hoppler, Pado Staub und Sämi Felber (von links).

Dominic Kobelt
(4.5.2014)

Bereits für ihre dritte Deutschrocknacht war die Räumlichkeit in Wohlen zu klein. «Da haben wir nach Boswil ins ‹Chillout› gewechselt. Am Anfang hat uns Inhaber Pitsch Wyrsch noch etwas belächelt», erinnert sich Staub. Grinsend fügt Vereinskollege Sämi Felber an:

«Als er die 300 Leute gesehen hat, die hier reinspaziert sind, war er so begeistert, dass wir bleiben durften.»

Geblieben sind sie bis heute. Die Deutschrocknacht wurde unterdessen zur Freiämter Rocknacht und gehört seither jeden Herbst in den Veranstaltungskalender der Region. 2015 hat der Verein zusätzlich den Irish Evening ins Leben gerufen, der jeweils Ende April stattfindet. «Aufgebaut ist er wie die Rocknacht – nur eben mit irischer Rock- und Punkmusik», sagt Felber. Und natürlich gibt es Guinness-Bier.

Irische Rock- und Punkmusik und Guinness-Bier gehören zur Irish Night in Boswil dazu. Die nächste findet am 30. April statt.

zvg

Apropos Bier: Auch da wissen sie eine lustige Geschichte zu erzählen. «An einem unserer ersten Konzerte hat ein Gast Bier über eine Steckdose geleert. Kurz vor dem letzten Lied der Band ist der Strom komplett ausgefallen und es war fast 20 Minuten lang stockdunkel im Raum», erinnert sich Pado Staub lachend. Felber ergänzt: «Seither sind die Steckerleisten nicht mehr am Boden, sondern auf der Bühne und gut eingepackt.»

Den Geburtstag feiern sie noch nicht

Nachdem sie zwei Jahre lang keine Konzerte organisieren konnten, möchten sie nun wieder loslegen. «Im Dezember haben wir das Licht am Ende des Tunnels gesehen», so Staub. Sie starten mit dem Irish Evening am 30. April, ihren Geburtstag feiern sie in diesem Rahmen aber nicht.

Seit 2015 veranstaltet «Rock Kultur Freiamt» seinen Irish Evening mit Bands aus dem Ausland und jeder Menge Guinness-Bier.

Seit 2015 veranstaltet «Rock Kultur Freiamt» seinen Irish Evening mit Bands aus dem Ausland und jeder Menge Guinness-Bier.

Dominic Kobelt
(8.4.2017)

«Wir wollen zuerst schauen, wie der Anlass nach der Coronapause ankommt. Aber vielleicht machen wir an der nächsten Rocknacht im Oktober etwas Spezielles», erzählt Ralph Preysch.

Früher hat der Verein auch Jassturniere im Restaurant Bauernhof in Oberlunkhofen organisiert. «Schliesslich haben wir auch noch das Wort ‹Kultur› im Vereinsnamen», so Felber. Jedoch hätten sie diesen Anlass unterdessen den Verantwortlichen des «Bauernhofs» überlassen. «Der Aufwand war riesig, zum Beispiel die Geschenke für die Teilnehmenden zu besorgen. Wir haben gemerkt, dass unsere Leidenschaft dafür nicht so gross war», so Staub.

Die Lebenssituationen änderten sich, die Freundschaft aber blieb

So konzentrieren sie sich aktuell nur noch auf Konzerte. Beim Organisieren sind die sieben Mitglieder ein eingespieltes Team – denn es sind immer noch alle seit der Gründungssitzung dabei. Felber sagt lachend:

«Es gibt die Regel, dass man den Verein nur verlassen darf, wenn das einstimmig von allen genehmigt wurde.»

Sie seien sich aber sicher, dass niemand diesen Antrag stellen wird. «Ich glaube sogar, dass der Verein bestehen bleibt, auch wenn wir einmal keine Anlässe mehr organisieren sollten», so Staub. Denn durch «Rock Kultur Freiamt» hätten sie als Freunde, die unterdessen alle über 30 und in komplett anderen Lebenssituationen stecken, immer Kontakt gehalten.

Geblieben sind ihnen aus all der Zeit gute Kontakte zu den Bands, Geschichten von legendären Abenden «und auch wenn es etwas eklig ist: der Geruch nach Bier und Schweiss am Morgen danach», sagt Preysch, seine Vereinskollegen lachen mit und leeren den letzten Schluck in ihren Flaschen.

Der nächste Irish Evening findet am 30. April um 20 Uhr im Chillout Boswil statt.

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