Muri/Bremgarten
Tierpornografie und Kindsmissbrauch: Abscheuliche Videos beschäftigten diese Woche die Freiämter Justiz

Zwei Familienväter mussten sich unabhängig voneinander wegen illegaler Videos vor Gericht verantworten. Sie leiteten tier- und kinderpornografische Inhalte auf Facebook weiter. Den beiden Ausländern drohte ein Landesverweis.

Pascal Bruhin
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Anonymer Mann nachts mit einem Laptop.

Anonymer Mann nachts mit einem Laptop.

Symbolbild: Shutterstock

Zwei Bezirke, zwei Gerichte, ein Delikt. Ähnlicher könnten sich die beiden Verfahren, über die die Bezirksgerichte Muri und Bremgarten diese Woche unabhängig voneinander zu urteilen hatten, kaum sein. In beiden Fällen ging es um Pornografie. Unerlaubte Pornografie wohlverstanden.

Zwei Familienväter waren angeklagt, Sexvideos mit Minderjährigen und mit Tieren besessen und über die sozialen Medien weitergeleitet zu haben. Die Gerichtspräsidenten Markus Koch in Muri und Peter Thurnherr in Bremgarten hatten auch darüber zu entscheiden, ob die beiden Angeklagten in der Schweiz bleiben dürfen oder nicht. Denn den beiden Ausländern drohte ein Landesverweis.

Über Facebook hat er ein kinderpornografisches Video verschickt

Der 41-jährige Dardan (Name geändert) ist gebürtiger Albaner, hat aber die italienische Staatsbürgerschaft. Seit acht Jahren wohnt er mit Frau und den drei Kindern in der Schweiz. Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten warf dem Lageristen vor, im Sommer 2020 über seinen Facebook-Account vorsätzlich eine Videodatei mit kinderpornografischem Inhalt an einen anderen Nutzer verschickt zu haben.

«Mit Kinderpornografie habe ich nichts zu tun», betonte er Anfang der Woche am Bezirksgericht Muri in gebrochenem Deutsch. Dass er das Video tatsächlich über seinen Zweitaccount mit falschem Namen verschickt hat, konnte er nicht leugnen.

Das Video habe er aber unabsichtlich weitergeleitet

«Ich kann es nicht bestreiten, aber ich habe es nicht absichtlich gemacht», sagte er. Das Video habe er von einem Freund erhalten und dann wohl aus Versehen weitergeleitet. Die Person, an die er es geschickt hat, wollte er nicht kennen. Auch den Inhalt des Videos sei ihm nicht bekannt gewesen. Der Beschuldigte versicherte:

«Zum ersten Mal habe ich das Video bei der Einvernahme bei der Polizei gesehen.»

Obwohl Dardan kein Verschulden seinerseits sah, sagte er: «Ich bedauere es sehr. Und ich schäme mich, dass ich heute hier sitzen muss.»

Die Staatsanwaltschaft, die nicht am Prozess teilnahm, forderte eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 50 Franken sowie eine Busse von 1500 Franken. Zudem sei eine obligatorische Landesverweisung von fünf Jahren auszusprechen.

Die Verteidigung mahnte: «Es stellt sich die Frage, ob mein Mandant tatsächlich vorsätzlich gehandelt hat. Die ist zu verneinen.»

Allerhöchstens habe Dardan, der im Umgang mit der modernen Technik ungeübt sei, fahrlässig gehandelt. Der Verteidiger forderte deshalb einen Freispruch. Auf den Landesverweis sei entsprechend zu verzichten.

Ungar stand wegen des gleiches Vorwurfs in Bremgarten vor Gericht

Nur zwei Tage später musste sich Janos (Name geändert) vor dem Bezirksgericht Bremgarten für dasselbe Delikt verantworten. Der 33-jährige Ungar ist Vater einer elfjährigen Tochter. Auch er soll über Facebook-Messenger ein illegales Video verschickt haben, allerdings nicht mit kinder- sondern mit tierpornografischem Inhalt.

Auf dem Video, das mehrfach auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten festgestellt werden konnte, penetriert ein älterer Mann einen Esel. Die Datei liess er auch einem Freund zukommen. Zudem wurde ein weiteres Video gefunden, das tote Personen zeigt, die mit Macheten zerstückelt und zur Schau gestellt werden.

Für mehrfache Pornografie und Gewaltdarstellungen forderte die wiederum zuständige Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 110 Franken und eine Verbindungsbusse von 2800 Franken. Der ebenfalls in der Anklageschrift beantragte Landesverweis von fünf Jahren stellte sich als Versehen der Staatsanwaltschaft heraus. Denn im Gegensatz zur Kinderpornografie ist Tierpornografie keine Katalogtat und hat deshalb keinen obligatorischen Landesverweis zur Folge.

Der Beschuldigte machte keine Aussagen, las aber ein Statement vor

Bei der Einvernahme durch die Polizei wollte Janos keine Aussagen machen. Auch vor Gericht las er lediglich in brüchigem Deutsch ein Statement vor, in dem er jegliche Vorwürfe bestritt. Er habe die genannten Videos weder besessen noch gespeichert. «Solche Inhalte verabscheue ich» – mit diesem Satz schloss er seine Erklärung und äusserte sich weiter nicht zum Fall.

Auch sein Verteidiger machte im Plädoyer geltend, dass die Anklage nicht nachweisen könne, dass sein Mandant tatsächlich im Besitz dieser Videos war. Die Staatsanwaltschaft hätte nachweisen müssen, dass Janos die Videos aktiv auf seinem Gerät gespeichert hatte und sie nicht automatisch und ohne Wissen des Nutzers gesichert wurden. Zudem sei kein Motiv für die Tat erkennbar und entsprechend kein Vorsatz vorhanden.

Diesem Argument folgte Peter Thurnherr in seinem Urteil. Der Gerichtspräsident betonte in der Urteilsbegründung:

«Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Was Sie auf dem Handy hatten, ist unter aller Sau. Es sind wirklich, wirklich widerliche Darstellungen.»

Vom Vorwurf der Gewaltdarstellungen sprach er Janos frei, da ihm der Besitz tatsächlich nicht nachgewiesen werden könne.

Nicht so beim tierpornografischen Video, das er nachweislich verschickt und sein Gegenüber darauf noch mit einem Smiley geantwortet habe. Er verurteilte den Angeklagten zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 110 Franken sowie einer Busse von 1000 Franken. Mangels Katalogtat verzichtete er auf den Landesverweis.

Albaner entgeht dank Frau und Kindern knapp dem Landesverweis

Über Dardan, dem Beschuldigten am Bezirksgericht Muri, schwebte hingegen tatsächlich das Damoklesschwert der obligatorischen Landesverweisung. «Ich glaube Ihnen schlichtweg nicht, dass Sie das kinderpornografische Video nicht gekannt haben», sagte Gerichtspräsident Markus Koch in seiner Urteilsbegründung. Er erklärte:

«Wenn jemand ein Video bekommt, das er nicht sehen will, dann löscht er es.»

Koch verurteilte den Beschuldigten entsprechend der Anklageschrift zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 50 Franken sowie einer Busse von 1000 Franken.

Zum wichtigsten Punkt aber, äusserte sich Koch zuletzt: «Trotz Ihres Verhaltens will ich Ihren Kindern, die hier gut integriert sind, nicht im Wege stehen.» Der Gerichtspräsident verzichtete auf einen Landesverweis, «Aber nicht Ihretwegen, sondern wegen Ihrer Familie.» Er fügte an:

«Wären Sie alleinstehend, hätte ich Sie des Landes verwiesen.»

Der Verurteilte solle jetzt nach Hause gehen und sich bei seiner Familie bedanken. «Denn das nächste Mal wird sie Ihnen auch nicht mehr helfen.»