In Deutschland und Österreich zählt er bereits zu den besten Krimiautoren. Jetzt arbeitet Autor Marcel Huwyler erstmals mit einem Schweizer Verlag zusammen – und veröffentlicht in diesem Jahr gleich vier neue Bücher.
Marcel Huwyler hat eine Neue. Eine, wie er sie schon immer haben wollte. Nicht nur ihre raffinierte Art, Menschen hinters Licht zu führen, sondern auch ihr Auftreten samt Frisur und Make-up begeistern ihn. Ja, mit ihr würde er auch in den Ausgang gehen. Doch ob das gut kommen würde? Immerhin ist diese Frau eine gewiefte Person, die genau weiss, mit welchen Methoden sie erfolgreich mit ihren Betrügereien davonkommt.
Eliza Roth-Schild heisst diese Dame, die Huwyler seit einigen Monaten begleitet und ist die Hauptfigur in seinem neuesten Kriminalroman. «Das goldene Taschenmesser» wird voraussichtlich im Mai oder Juni erscheinen. Damit startet der Autor und Journalist eine neue Buchreihe – seine erste nach den Abenteuern der Violetta Morgenstern. Und zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Verlag.
Alle, die jetzt Angst haben, dass Morgenstern Geschichte ist, kann Huwyler beruhigen. Beim Kaffee in seiner Heimat Merenschwand erzählt er von seinen vier Buchprojekten, die in diesem Jahr realisiert werden. Darunter auch ein neues Abenteuer der Pensionärin und Serienkillerin und ihrem bitterbösen Humor – diesmal sogar als zweiteiliges Buch. Schon jetzt weiss der Autor: «Am Ende des ersten Teils werden die Fans sagen: Huwyler, jetzt spinnst du total.»
Seine «Lila-Lady» Morgenstern hat Huwyler in den vergangenen drei Jahren in der Schweiz, in Deutschland und Österreich bekannt gemacht. In seinem bisherigen Grafit-Verlag aus Köln gilt er als der beste Schweizer Krimiautor. Im Rahmen des deutschen Cologne Awards schaffte sein Buch es unter die Top 6 der besten deutschsprachigen Kriminalromane.
Jetzt arbeitet er mit Atlantis Literatur im Kampa-Verlag aus Zürich zusammen. «Für mich ist das wie die Verleihung einer Ehrenmedaille. Kampa gilt als witzigster und keckster Verlag der Schweiz. Grössen wie die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk oder Max Frisch sind dort unter Vertrag», erzählt er begeistert.
Angefragt wurde Huwyler vom Verlagsbesitzer Daniel Kampa ursprünglich wegen einer Gesamtausgabe mit kurzen Krimis verschiedener Autoren, die Ende dieses Jahres erscheinen soll. «Ich dachte, wir treffen uns schnell eine halbe Stunde lang für einen Kaffee», sagt Huwyler. Er lacht bei der Erinnerung an dieses Treffen und ergänzt: «Nach Hause ging ich vier Stunden später und mit einer Tasche voller Verträge.»
An jenem Nachmittag wurde Eliza Roth-Schild geboren – oder zumindest gezeugt. «Zufälligerweise habe ich ein paar Monate zuvor an einer neuen Figur herumstudiert. Wieder eine Frau, aber diesmal weniger comichaft als Morgenstern. Eine Hauptfigur, wie ich sie schon immer gerne erschaffen wollte», sagt der ehemalige Lehrer.
Bereits die ersten Ideen des neuen Romans hätten Herrn Kampa begeistert. «In seinem Hochdeutsch fragte er mich: ‹Herr Huwyler, wie schnell schreiben sie?› Dann haben wir Nägel mit Köpfen gemacht.» So hat Marcel Huwyler in den vergangenen Monaten also eine neue Heldin erschaffen. Eine, die sich grundlegend von seiner ersten Figur unterscheidet.
Müsste man sie mit einer Waffe vergleichen, wäre Morgenstern ein Schwert. Und zwar eines, das man mit beiden Händen halten muss, sagt Huwyler und greift kraftvoll eine Luftwaffe. Mit einem Lächeln beschreibt er: «Eliza Roth-Schild ist ganz anders. Feiner, raffinierter – Waffentyp: gut gespitzte Nagelfeile.»
Aber nicht nur die Charaktere der beiden Bücher unterscheiden sich. «Auch der Schreibstil ist wie Eliza feiner und raffinierter als bei Morgenstern. Dieses Buch ist literarisch besser, die Sprache gepflegter als in meinen vorherigen», verspricht er.
Dass er in den vergangenen Wochen zwei so unterschiedliche Bücher parallel schreiben musste, sei für ihn kein Problem gewesen, so Huwyler. Doch muss er zugeben, dass er – vor allem, was die verschiedenen Namen betrifft – zwischendurch ein Chaos im Kopf hatte.
«Ich fühlte mich zeitweise wie ein Ehemann, der noch eine Geliebte hat», sagt er, beugt sich über den hölzernen Restauranttisch und töggelt auf einer imaginären Tastatur. «Eliza Rothsch ... nein, das war die andere», murmelt er, löscht den eingetippten Namen wieder und lacht.
Ein ähnliches Namenproblem hatte er nicht nur bei den beiden Damen. Denn beim Treffen mit Daniel Kampa ist auch die Idee eines dritten eigenen Buches entstanden, das in diesem Jahr erscheinen soll. «Heilige Streiche – Weihnachten in Müntschisberg» wird es heissen. Eine Sammlung von schrägen Weihnachtsgeschichten, die Namen wie «Oh je du fröhliche» tragen, voller Wunder, speziell, «aber um Himmels willen nicht langweilig sind», wie Huwyler beschreibt.
«Geschichten dieser Art habe ich früher für das Magazin ‹Landliebe› geschrieben. Im Buch werde ich ein paar davon umschreiben und mit neuen ergänzen», erzählt er. «Jedoch habe ich bemerkt, dass ich damals die Charaktere etwas durcheinander gebracht habe.» So hiess in einer Geschichte der Metzger des Dorfes plötzlich so wie in der vorherigen der Pöstler. Die Lösung: eine Excel-Liste mit Namen und Berufen.
Die Namen in den «Müntschisberger Weihnachtsgeschichten» – der Titel stammt vom Berner Wort «Müntschi», also Kuss – liegen dem Autor besonders am Herzen. Zwar ist beispielsweise der Dorfplatz genauso wie der Name der Ortschaft erfunden. Doch eigentlich beschreibt er darin Merenschwand. «Der Lehrer Staubli ist mein Primarlehrer, der schuld daran ist, dass ich heute schreibe. Auch den Metzger und den Bäcker hat es gegeben, ihre Namen habe ich allerdings vertauscht.»
Die Geschichtensammlung sei eine Würdigung an jenen Ort, nach dem der unterdessen in Lauerz am See (SZ) lebende Autor heute Heimweh oft verspürt. Deshalb freut es ihn umso mehr, wenn er wieder einmal zurück zu seinen Wurzeln ins Freiamt kommt. Vor seiner Lesung, die am kommenden Freitag, 4. März, im Postlonzihus in Merenschwand stattfindet, sei er sogar etwas nervös.