Mit einem Hochwasserschutzprojekt bringt der Kanton Luzern das Aargauer Reusstal in Schwierigkeiten. Das glaubt der Sinser CVP-Poltiker Andreas Villiger. Er fordert eine wirksame interkantonale Zusammenarbeit und überregionale Sicht.
Was die Luzerner in Sachen Hochwasserschutz unternehmen wollen, löst im oberen Freiamt nicht überall Freude aus: Für 167 Mio. Franken will der Kanton Luzern der Reuss zwischen Emmenbrücke und der Kantonsgrenze in Honau neue Dämme und mehr Platz geben. Der Hochwasserschutz soll komplett erneuert werden, weil die Schutzbauten aus dem 19. Jahrhundert den Anforderungen nicht mehr genügen. «Es mag sein, dass die Dämme erneuert werden müssen», sagt der Sinser Vizeammann und alt Grossrat Andreas Villiger.
«Aber mit dem vorgestellten Projekt verschieben die Luzerner das Problem einfach ins aargauische Reusstal.» Das Projekt sieht vor, dass Dämme an einzelnen Stellen neu aufgebaut, erhöht und verstärkt werden. Grösstenteils soll der Fluss mehr Platz erhalten und breiter werden. «Damit wird unter anderem die Abflusskapazität erhöht. Wenn man diese flussaufwärts erhöht, dient das dort zwar der Sicherheit. Aber der Flaschenhals kommt weiter unten», sieht hingegen Villiger ein grosses Problem im Aargauer Reusstal und im Freiamt nicht gelöst.
«Was die Luzerner jetzt in die Vernehmlassung geben, erhöht die Wahrscheinlichkeit von Hochwasser im Aargauer Reusstal», glaubt Villiger. Den Vorwurf, die Freiämter seien nicht bereit, mit Überflutungsgebieten einen Beitrag gegen Hochwasserschäden zu leisten, lässt der Politiker, der sich seit Jahren intensiv mit der Problematik befasst, nicht gelten. «Das Freiamt wehrt sich nicht dagegen, Überflutungen zu ermöglichen. Aber zuerst müssen die einfachen Varianten der Regulierung von Zuflüssen wahrgenommen werden.»
Er ist überzeugt, dass Regulierungen nicht nur beim Vierwaldstättersee, sondern auch bei Kraftwerken eine relativ einfache und effiziente Sache wären. Ein neu zu erstellendes Hochwasserwehr unter der Luzerner Seebrücke könnte wirksam eingesetzt werden. «Hochwasserspitzen sind in der Regel mit fünf bis sechs Stunden relativ kurz.» Die Behauptung, ein solches Wehr bringe nicht den gewünschten Erfolg, müsse ingenieurmässig zuerst belegt werden, bevor die Idee aufgegeben werden dürfe.
Wird das Aargauer Reusstal für Überflutungen genutzt, würden nicht einfach ein paar landwirtschaftliche Felder überschwemmt. «In Dämme müssten Schleusen gebaut werden, die man öffnen könnte.
Was geschieht bei Überflutungen mit Grundwasserfassungen, wie begegnet man Rückstaus bei Kläranlagen?», fragt Villiger. Nicht nur die Landwirtschaft stehe solchen Plänen kritisch gegenüber, sondern auch der Naturschutz. In einer massiven Erhöhung der Abflusskapazitäten im Aargauer Reusstal sieht er die Lösung ebenfalls nicht. «Das würde uns gigantische Kosten verursachen.» Jetzt ist das Luzerner Projekt für den 13 Kilometer langen Flussabschnitt von Emmenbrücke bis zur Kantonsgrenze - eine Folge des Hochwassers von 2005 - in der Vernehmlassung.
Dieser «massive landschaftliche Eingriff ins Reusstal», wie es der Luzerner Regierungsrat Robert Küng selber bezeichnete, sei auch im Kanton Luzern nicht unbestritten, weiss Villiger. «Vor allem wegen dem hohen Kulturlandverschleiss ist die Skepsis in landwirtschaftlichen Kreisen gross.» Der Kanton Luzern geht bei der Realisierung des vorgestellten Hochwasserschutzes von einem Zeithorizont von rund 17 Jahren aus.