Startseite
Aargau
Freiamt
Ein letztes Mal noch geöfnet: Am Samstag schliesst die Wohler Kulturbeiz für immer ihre Türen. Das Restaurant war für viele Freiämter ein beliebter Begegnungsort – einmal sogar für Russen.
«Erzähl doch von den Russen», ruft Käth Galizia aus der Küche. Gefragt ist eine witzige Begebenheit der vergangenen 14 Jahre. Liz Kuhn und Corinne Manimanakis überlegen seit Minuten angestrengt. «Ach, die Russen!», sagt Liz Kuhn, und ein Lächeln huscht über ihr schmales Gesicht. Da seien doch tatsächlich Russen ins Restaurant gekommen, als sie zum russischen Buffet luden. «Ich war total aufgeregt und konnte mich gar nicht mehr konzentrieren», erzählt Galizia, die kurz aus der Küche kommt. Und wie fanden denn die Russen das Essen? «Die haben kein Wort gesagt», erinnert sich Kuhn. «Aber viel gegessen haben sie. Geschmeckt hat es bestimmt», fügt Galizia lachend an.
Geschichten wie diese gäbe es wohl viele zu erzählen. Doch an diesem trüben Freitagmorgen ist es den drei Frauen von der Kulturbeiz nicht ums Erzählen. Die letzten Wochen seien anstrengend gewesen, fügt Corinne Manimanakis an. Ständig seien sie von den Gästen auf das Ende angesprochen worden. «Mir wurde erst jetzt bewusst, welchen Stellenwert die ‹Kulti› im Leben vieler Wohler hatte», sagt sie nachdenklich.
Tatsächlich war die Kulturbeiz Chappelehof, wie sie eigentlich heisst, viel mehr als ein Restaurant. In den Räumen wurden Generalversammlungen und Vorstandssitzungen abgehalten, runde Geburtstage gefeiert, und der Saal erlebte ein eigentliches Revival als Austragungsort für Theater, Konzerte, Vorträge und Versammlungen. Mit handwerklichem Geschick peppte das Team den kahlen Innenhof zum trendigen Biergarten auf, der in den Sommermonaten zur Oase für Biertrinker und Fussballfans wurde. Der Töggelikasten im Foyer erfreute sich ebenso grosser Beliebtheit wie die Kegelbahn im Keller.
Dass das Restaurant einst zum beliebten Treffpunkt und Kulturveranstalter würde, darauf hätte man 2006, als Res Matter und Christian Döbeli die «Kulti» gründeten, wohl keinen Rappen verwettet. Was als Zwischennutzung auf ein Jahr angelegt war, wurde zur Institution, die bald nicht mehr wegzudenken war.
Dazu beigetragen hat massgeblich Käth Galizia. Seit dreizehn Jahren zaubert sie internationale und auch währschafte Menus auf die Teller. Selbstverständlich frisch gekocht mit Zutaten aus der Region. Weitherum bekannt wurde die «Kulti» für ihre Buffets, bei denen libanesische, chinesische, indische oder marokkanische Speziali- täten gekocht wurden. Serviert wurden die Gerichte von Liz Kuhn. Ausgestattet mit schwarzem Humor und einem feinen Gespür für die Menschen, war sie die perfekte Gastgeberin. Sekundiert wurde sie von jungen Leuten, meist Studenten, die sich im Service ein Zubrot verdienten. Vor zwei Jahren stiess Corinne Manimanakis dazu. Die gelernte Servicefachangestellte staunte, wie locker das Team an die Arbeit ging. «Wir haben ganz vieles ausprobiert und beibehalten, was sich bewährt hat», fasst Liz Kuhn zusammen. «Trotz aller Lockerheit wurde immer diszipliniert gearbeitet», ergänzt Manimanakis. Diese gelungene Mischung kam nicht nur bei den Gästen an, auch die Gemeinde honorierte das Engagement im Jahr 2016 mit dem Kulturpreis. Nun geht die beliebte Beiz zu. «Es waren 14 gute Jahre, darauf blicken wir gerne zurück», zieht Kuhn zufrieden Bilanz.