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Der Grundstein zum Reusspark, dem Zentrum für betagte Menschen, wurde bereits vor 125 Jahren gelegt.
Oft vergassen die Pfleglinge, ihren Most im Restaurant Gnadenthal zu bezahlen. Daraufhin führte der Wirt die Barzahlung bei Getränkeabgabe ein oder verlangte Vorauszahlung, um auf seine Rechnung zu kommen. Die Bewohner der vor 125 Jahren gegründeten Pflegeanstalt Gnadenthal hatten aber nicht nur Durst, sie genossen die Freuden des Lebens auch in anderen Bereichen.
So kamen sich ein Insasse und eine Insassin, wie die zu Betreuenden damals genannt wurden, im Laufe der Zeit näher und wollten sich vermählen. Ein eifersüchtiger Pflegling soll sich dazu geäussert und gesagt haben, das Gnadenthal sei denn keine Heiratsanstalt...
Diese und weitere Anekdoten gab Thomas Peterhans an der Jubiläumsfeier zum Besten. Er ist Direktor des Reussparks, des heutigen Zentrums für Pflege und Betreuung im Gnadenthal mit rund 300 Bewohnerinnen und Bewohnern sowie 450 Mitarbeitenden. Er erwähnte vor den rund 300 geladenen Gästen im Zirkuszelt: «Wir blicken mit Freude und Genugtuung auf die 125-jährige Geschichte zurück, möchten uns den grossen Herausforderungen im Gesundheitswesen weiterhin stellen und den Betagten auch in Zukunft gute Pflege und Betreuung bieten.» Er wies auf die Schnittstellen zur weiteren Öffnung des Reussparks hin, etwa das Restaurant Gnadenthal, kulturelle Veranstaltungen und verschiedene öffentliche Anlässe für Jung und Alt im Jahresprogramm.
Der historische Teil des Reussparks, das ehemalige Zisterzienserkloster, wird vom Verein Gnadenthal in verschiedener Hinsicht gepflegt und in Ehren gehalten. Einmal durch Sanierungen und Umbauten, zuletzt im Betrag von 10 Millionen Franken, und durch die Neuvermittlung des Klosters und der damaligen Pflegeanstalt als Kulturdenkmal für die Öffentlichkeit. Dabei sollen, wie an der Generalversammlung des Vereins Gnadenthal bekannt gegeben wurde, die vorhandenen Kulturgüter gesichert und inventarisiert werden. Im Reusspark in Niederwil wurden im Jahr 2018 total 280 Bewohnerinnen und Bewohner betreut. Die Bettenbelegung im stationären Wohnbereich lag bei 96,7 Prozent. Es konnte ein Betriebsergebnis von 61 340 Franken erwirtschaftet werden, das Jahresergebnis des Gesamtbetriebes machte 17 700 Franken aus. Der Vorstand mit Bettina Ochsner als Präsidentin wurde wiedergewählt. (CHR)
Bettina Ochsner, Präsidentin des Vereins Gnadenthal, betonte an der Jubiläumsfeier: «Wir sind wirklich ein Park, in einer herrlichen Landschaft gelegen.» Weiter meinte sie: «Der Reusspark, auf den wir sehr stolz sind, geht auf die Initiative weitsichtiger Personen zurück, und ich stelle fest, wir sind für die Zukunft gewappnet. Bei Gesunden und Kranken, Jung und Alt herrscht im Reusspark eine gute Stimmung.»
Walter Koch, Gemeindeammann von Niederwil, unterstrich die Verbundenheit zum Reusspark und hob dessen Bedeutung für den Ort, die Region und den Kanton hervor. Regierungsrätin Franziska Roth, die Vorsteherin des kantonalen Departements Gesundheit und Soziales, überbrachte die Grüsse des Regierungsrats, hob die besonderen Ereignisse im Reusspark hervor und stattete den Dank an die Belegschaft und Leitung des Zentrums für Pflege und Betreuung ab.
Den Unterhaltungsteil an der Jubiläumsfeier bestritten Philipp Galizia am Bass und Chrigi Roffler am Piano, wobei Galizias Part mit den herrlichen Geschichten und den Videoclips besonders in Erinnerung bleiben dürfte.
Das Gnadenthal, die Idylle an der Reuss, ist ein geschichtsträchtiger Ort. Im 13. Jahrhundert als Frauenorden gegründet, wurde das Kloster nach der Aufhebung durch den Kanton Aargau anno 1876 verkauft und in eine Tabak- und Zigarrenfabrik verwandelt. Bereits 1894 öffnete dort die Pflegeanstalt Gnadenthal ihre Tore. In den alten Klostergebäuden waren zeitweise gegen 400 Pfleglinge untergebracht. Im Jahr 1903 wurde der Hilfsverein gegründet, der heutige Verein Gnadenthal.