Bremgarten
Kein Sex mit 14-Jähriger: Ehre eines Polizisten wiederhergestellt – doch seinen Job ist er los

Zwei Männer wurden vom Bezirksgericht Bremgarten vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit einer 14-Jährigen freigesprochen.

Toni Widmer
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Das damals 14-jährige Mädchen war in einer psychisch sehr schwierigen Phase, als es Kontakt zu den Männern suchte. (Symbolbild)

Das damals 14-jährige Mädchen war in einer psychisch sehr schwierigen Phase, als es Kontakt zu den Männern suchte. (Symbolbild)

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Die Anklageschrift liest sich wie ein schlechter Porno-Roman: Sex in verschiedenen Variationen und Stellungen – einmal in einer Wohnung, das nächste Mal im Auto. Gegenstand von zwei Verhandlungen vor dem Bezirksgericht Bremgarten waren allerdings nicht die beschriebenen Praktiken.

Grund dafür war das Alter der Frau, die bei diesen Handlungen freiwillig mitmachte, wie sie den Untersuchungsbehörden versicherte. Sie war zum damaligen Zeitpunkt erst 14 Jahre alt. Die Männer, denen von der Staatsanwaltschaft sexuelle Handlungen mit einem Kind vorgeworfen wurde, waren 40- und 42-jährig. Beide Angeklagten haben diese Vorwürfe schon in der Untersuchung und jetzt auch vor Gericht erneut vehement bestritten.

Und sie sind schliesslich auch freigesprochen worden. Das Bezirksgericht Bremgarten – es hat im ersten Fall in voller Besetzung getagt, die zweite Verhandlung führte Gerichtspräsident Raimond Corboz als Einzelrichter – kam zur Überzeugung, dass die vorhandenen Beweise in beiden Fällen für einen Schuldspruch nicht genügten. Dazu später mehr.

Fristlose Kündigung und Bruch der Beziehung

Für die Angeklagten dürften die Freisprüche eine Erlösung bedeuten. Allerdings lässt sich das Rad nicht zurück ins Jahr 2015 drehen: Der Ältere der beiden hat wegen der Geschichte seinen Job verloren, er lebt zurzeit auf dem Existenzminimum und wird von seiner Familie finanziell unterstützt. Der Jüngere hat zwar noch seine Stelle, nicht aber seine Freundin. Die Beziehung ist wegen seiner – angeblichen – Affäre mit dem Mädchen in die Brüche gegangen.

Brisant am «Fall» ist, dass er sich im Umfeld einer Freiämter Regionalpolizei abgespielt hat. Der ältere Beschuldigte war selber Polizist, der jüngere der Partner einer Polizistin. Auch das – vermeintliche – Opfer hatte indirekt einen Bezug zum Korps. Zieht man das in Betracht, darf man sich nicht wundern, dass die Ermittlungen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft zumindest auf dem Papier etwas seltsam anmuten: Vorerst ermittelte die Chefin, dann übergab sie den Fall an eine Kollegin, die die Anklagen erstellte. Vor Gericht wiederum wurden die Anklagen dann von einem dritten Staatsanwalt vertreten.

Mädchen suchte Halt bei älteren Männern

Zurück zum Fall: Das 14-jährige Mädchen befand sich 2015 nach dem Tod eines geliebten Menschen in einer psychisch sehr schwierigen Phase. Weil sie den nötigen Halt im engeren Umfeld offenbar nicht fand, suchte sie diesen bei Kollegen ihres Vaters. Unter anderem bei den beiden Angeklagten. Vor Gericht war die Rede davon, das Mädchen habe damals regelrecht für ältere Männer geschwärmt.

Unbestritten ist, dass die Pubertierende 2015 selber den Kontakt zu den beiden Beschuldigten gesucht hat. Vorerst anonym hat sie ihnen Whatsapp-Nachrichten geschrieben. Anfänglich mit normalem, später auch mit sexuellem Inhalt. Die Männer konnten sich vor Gericht nicht erklären, wie das Mädchen überhaupt an ihre Handynummern gekommen ist.

Beide beteuerten, diese nirgendwo öffentlich kommuniziert zu haben. Bis zu einem gewissen Punkt sind die beiden Männer auf das Mädchen eingegangen, weil sie ihm bei seinen Problemen helfen wollten. Das haben sie vor Gericht auch offen zugegeben. Der Vater, so beteuerten beide, sei über diese Kontakte von ihnen jedoch stets informiert worden.

Kontakte bestätigt, sexuelle Handlungen bestritten

Zur Anklage ist es gekommen, weil das Mädchen aufgrund seiner psychischen Verfassung eine stationäre Therapie absolvieren musste. Dort sprach es offenbar erst von Geheimnissen, die es habe, und erzählte nach und nach die Geschichten von den angeblichen sexuellen Handlungen mit den Angeklagten.

Sie selber erklärten in der Untersuchung und vor Gericht, sich strikte an das Kontaktverbot gehalten zu haben, das der Vater ausgesprochen habe, um die Therapie nicht zu gefährden. Sie hätten, sagten sie unisono, sogar ihre Handynummern gewechselt, weil das Mädchen über verschiedene Social-Media-Kanäle weiter versucht habe, mit ihnen in Kontakt zu treten.

Übereinstimmend haben die zwei Männer in den jeweiligen Verhandlungen erklärt, dass sie diese Kontaktversuche mit der Zeit als lästig empfunden und mit dem Vater des Mädchens auch darüber gesprochen hätten.

Aussage gegen Aussage

Weiter haben beide Angeklagte bestritten, Nachrichten mit sexuellen Anspielungen und/oder entsprechende Bilder übermittelt zu haben. Und auch zu sexuellen Handlungen sei es zwischen ihnen und dem Mädchen nicht einmal ansatzweise gekommen.

Die Staatsanwaltschaft war in ihrer Argumentation in beiden Fällen vorsichtig. Ja, es stünden Aussagen gegen Aussagen. Doch obwohl weder auf dem Handy des angeblichen Opfers, noch auf jenen der beiden Männer irgendwelche anzügliche Chats oder Bilder gefunden worden seien und es auch sonst keine konkreten Beweise gebe, wirkten die Aussagen des Mädchens glaubwürdig.

Auch das Gericht sieht in seinem Urteil das «Opfer» nicht per se als Lügnerin. Doch, so die Begründung, seine Aussagen seien «nicht durchgehend konsistent und teilweise mit Lücken behaftet». Belegen lasse sich jedoch, dass die beiden Angeklagten nach einiger Zeit versucht hätten, sich vom Mädchen abzugrenzen und teilweise sogar den Kontakt mit ihr verweigerten. Somit seien die zwei Männer nach dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen.