Wohlen
Kanton will SVP-Stammbeiz als Asylunterkunft – macht der Wirt noch einen Rückzieher?

Das Hotel Schönau als neue Bleibe für Asylbewerber: Die Gemeinde Wohlen hat keine Freude am Vorhaben des Kantons, ihr sind aber die Hände gebunden. Die SVP tobt: Ausgerechnet ihre Stammbeiz wird umfunktioniert. Der Wirt sagt nun: Er habe noch nicht unterschrieben.

Toni Widmer
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Bald logieren Asylbewerber im Hotel Schönau in Wohlen.
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Die Zivilschutzanlage der Kantonsschule Wohlen soll weiterhin eine Notunterkunft bleiben.
Die Barackensiedlung am Sorenbühlweg soll im nächsten Jahr geschlossen werden.
Die Barackensiedlung am Sorenbühlweg soll im nächsten Jahr geschlossen werden.

Bald logieren Asylbewerber im Hotel Schönau in Wohlen.

Toni Widmer

Das Hotel Restaurant Schönau in Wohlen soll im Herbst zur Unterkunft für bis zu 90 Asylbewerber umfunktioniert werden. Abgeschlossen werde ein Mietvertrag über 5 Jahre. Das hat das Departement Gesundheit und Soziales (DGS) am Montag so kommuniziert.

Allerdings: Der Mietvertrag ist laut Besitzer Christoph Weber noch nicht unterzeichnet: «Dass ich nach 22 Jahren im Herbst aufhöre, ist sicher. Ich habe jedoch noch zwei Interessenten für einen Kauf der Liegenschaft», sagt er auf Anfrage. Diese hätten bis zum Donnerstag Zeit, ihre Option einzulösen.

Das DGS geht aber davon aus, «dass es aufgrund der fortgeschrittenen Verhandlungen zum Mietvertrag kommt», wie Kommunikationschef Balz Bruder betont.
Auf die vorzeitige Publikation des Vorhabens angesprochen, sagt Bruder: «Das ist kein ungewöhnliches Vorgehen.

Der Stand der Verhandlungen lässt einen Abschluss erwarten, deshalb wurden die gemäss Ablaufschema, das Kanton und Gemeinden vereinbart haben, Vorgespräche mit dem Gemeinderat geführt.» Die Publikation sei erfolgt, damit eine Bereinigung der Situation in Wohlen insgesamt stattfinden und die kursierenden Gerüchte aus der Welt geschafft werden könnten.

Mehrere Deals ausgehandelt

Der Gemeinderat hat keine Freude am Entscheid: «Sicher machen wir keine Luftsprünge», sagt Vizeammann Paul Huwiler. «Insbesondere, nachdem im Herbst mit der Liegenschaft Salmen schon ein ehemaliges Restaurant vom Kanton als Asylbewerberunterkunft angemietet worden ist.» Ausser die Faust im Sack könne der Gemeinderat kaum etwas tun: «Was haben wir für Möglichkeiten, das zu verhindern?», fragt Huwiler und gibt die Antwort gleich selber: «Keine.»

Immerhin habe die Wohler Behörde einige Deals aushandeln können: «Der Kanton wird die Asylbaracke am Sorenbühlweg schliessen, er wird im Hotel Schönau nur Einzelpersonen und keine Familien einquartieren und er hat versprochen, in Wohlen keine Asylunterkünfte mehr anzumieten», so Huwiler. Weiter wird der Kanton die Zivilschutzanlage der Kanti Wohlen, für deren Umnutzung der Gemeinderat die Baubewilligung erteilt hat, nur in absoluten Notfällen nutzen.

Schule am Anschlag

Auf asylsuchende Familien verzichten will man in Wohlen, weil die Situation der Schule ohnehin schon angespannt ist: «Vertreter der Schule haben an der Besprechung mit dem DGS zur Bereinigung der Asylunterkünfte in Wohlen teilgenommen. Wir verzeichnen in Wohlen seit einiger Zeit eine hohe Quote an Zuwanderern aus Portugal. Warum weiss niemand, eine solche Massierung gibt es in keiner anderen Aargauer Gemeinde», sagt Huwiler. Die sogenannten Rik-Klassen (Regionale Integrations-Klassen) seien bereits überfüllt. Noch mehr fremdsprachige Kinder zu integrieren, wäre von der Schule Wohlen kaum zu bewältigen.

«Kommt dazu, dass die Asylbewerberunterkunft Hotel Schönau an der Bremgarterstrasse liegt und die Rik-Klassen den Unterricht im Schulhaus Bünzmatt besuchen müssen. Das wäre für Flüchtlingskinder auch vom Schulweg her ein schwer lösbares Problem», sagt Huwiler. Die Kapazität der oberirdischen Asylunterkünfte in Wohlen erhöht sich mit der Anmietung der «Schönau» laut Gemeinderat von heute 115 um 40 auf neu 155 Plätze. Der Wegfall von 50 Plätzen in der Baracke am Sorenbühlweg ist da bereits eingerechnet. «Niemand kann heute voraussagen, ob diese Plätze dereinst auch entsprechend belegt werden», hält der Gemeinderat in seiner Mitteilung zum Thema fest. Zurzeit leben in Wohlen 98 Asylbewerber. Davon 21 in den Unterkünften der Gemeinde, die weiteren in den Kantonsunterkünften Chilegässli (Kapazität 4, Belegung 4), Sorenbühl (50/52) und Restaurant Salmen (40/21).

Wohlen hat aktuell eine Aufnahmepflicht von 50 Personen. Das Soll der Aufnahmequote erreicht die Gemeinde, weil die in den kantonalen Unterkünften beherbergten Personen angerechnet werden.

Die SVP protestiert heftigst

Die SVP Wohlen reagiert in einer Medienmitteilung heftig. Ausgerechnet die «Schönau», die bisher als ein Stammlokal der SVP galt, soll in eine Asylunterkunft umfunktioniert werden.
«Wir fragen uns allen Ernstes, ob sich diese Vermieter wie auch der Gemeinderat bewusst sind, was das für Auswirkungen für die Gemeinde hat.

Mehr Asylbewerber bedeuten auch mehr Kosten für die Gemeinde», halten die Einwohnerräte Roland Büchi und Christian Lanz fest und schreiben weiter: «Unsere dringendst anstehenden Investitionen werden uns zusammen mit denen, die uns das Sozialwesen noch verursachen wird, in den finanziellen Ruin treiben. Wir hoffen, der Gemeinderat wird diesem Trend, der jetzt Wohlen noch härter erfassen wird, gemeinsam und energisch entgegentreten und in Aarau protestieren.»

Was macht der Kanton, wenn er die «Schönau» doch nicht mieten kann? Vielleicht weicht er auf das Hotel Freiämterhof aus; das soll ihm ebenfalls als Mietobjekt angeboten worden sein.