In Bremgarten und Umgebung kennt man Stefan Dietrich und seine Hilfsaktionen gut, er war bereits über ein Dutzend Mal in Bosnien-Herzegowina unterwegs, um Schuhe, Kleider und Schlafsäcke sowie Lebensmittel in Flüchtlingslager zu verteilen. Auch dieses Jahr reiste er über Weihnachten in den Nordosten des Landes, um zu helfen.
Während die Familien im Freiamt Weihnachten feierten, gutes Essen genossen und es sich gut gehen liessen, trat Stefan Dietrich eine weitere Reise in den Nordosten Bosnien-Herzegowinas an. Der Sekundarlehrer aus Bremgarten ist seit seiner Jugend aktiv in der Friedensbewegung und war schon über ein Dutzend Mal in Bosnien-Herzegowina unterwegs, um die Flüchtenden auf der Balkanroute mit Lebensnotwendigem zu unterstützen.
Aufgrund seiner familiären Wurzeln im jugoslawischen Raum kennt er nicht nur das Schicksal der Flucht, er beherrscht nebst Ungarisch auch Russisch und Serbokroatisch. Das ermöglicht es ihm, vor Ort mit den Menschen zu sprechen und die Einsätze des Hilfswerks Help Now im Vorfeld zu koordinieren. Das Hilfswerk gründete er 2015 zu Beginn der Migrationskrise. Seit 2017 steht es unter dem Dach des Vereins Netzwerk Asyl Aargau.
Vierzehn Stunden Autofahrt nahmen Dietrich und sein Team unter die Räder, um Hilfe zu leisten. Mit dabei war unter anderem Sandro Covo aus Jonen, der gemeinsam mit Dietrich in der SP-Geschäftsleitung aktiv ist. Mit dabei waren auch Rolf Schmid aus Frick und Michael Staubli aus Baden. Die erste Station war Bihac, eine Stadt im Nordwesten Bosnien-Herzegowinas.
Stefan Dietrich sagt: «Seit Wochen konzentriert sich die internationale Medienberichterstattung auf die Situation der Geflüchteten an der Grenze zwischen Belarus und Polen und die politischen Auseinandersetzungen zwischen Minsk und Warschau.» Aber:
«Im Schatten dieser Berichterstattungen versuchen weiterhin zahlreiche Menschen, über das Mittelmeer oder die Balkanroute Europa zu erreichen.»
Mit im Gepäck führte Dietrich Schlafsäcke und Spendengelder in der Höhe von mehr als 30'000 Franken. Die Armut in Bihac sei gross, so Dietrich. Die Schlafsäcke verteilten sie an eine Hilfsorganisation, die sowohl in Bihac und Sarajevo aktiv ist und Geflüchteten einen warmen Ort bietet, an dem sie sich aufwärmen, duschen und ihre Kleider waschen können.
Die Gruppe suchte auch Geflüchtete an ihren Schlafplätzen auf. Viele finden Unterschlupf in improvisierten Zeltlagern oder in vom Krieg zerstörten Häusern. Dietrich erzählt: «Die Zustände sind menschenunwürdig. Die Menschen leben im Schlamm. An kleinen Feuern versuchen sie, sich vor der Eiseskälte zu schützen.» Gemäss seinen Informationen befinden sich derzeit viel weniger Menschen in den Lagern als noch vor einem Jahr. Dies hänge einerseits mit der veränderten politischen Lage und andererseits mit den kalten Jahreszeiten zusammen, sagt er.
Die Truppe kaufte Lebensmittel ein und stellte diese zu grossen Paketen zusammen. Diese verteilten sie nicht nur an Geflüchtete, sondern auch an die lokale Bevölkerung. Viele von ihnen leben in grosser Armut.
Die Situation in den Lagern und Aufnahmezentren habe sich im Vergleich zu seinem letzten Besuch im Februar 2020 deutlich entspannt, stellt Dietrich fest. Einige Zentren wurden neu aufgebaut und verbessert. Ankommende Flüchtende werden nun auch medizinisch untersucht und in Quarantäne oder Isolation gesetzt.
Dennoch gäbe es Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen leben müssten, so Dietrich weiter. Viele Geflüchtete halten sich in Sarajevo und Umgebung auf. Er sagt: «Sie warten die wärmere Jahreszeit ab. Man geht davon aus, dass sich in den warmen Monaten wieder mehr Menschen aus der Türkei und Griechenland auf den Weg in Richtung Bihac machen werden.»
Doch nicht nur den Geflüchteten konnten Dietrich und sein Team helfen. Auch den Einheimischen, die teilweise unter menschenunwürdigen Umständen leben, halfen sie. So stellten sie unter anderem sicher, dass die Suppenküche einer Hilfsorganisation in Bihac für die nächsten beiden Monaten Bedürftigen jeweils einmal täglich eine warme Mahlzeit anbieten kann.
Lebensmittel sowie Schuhe und Kleider kauften die Helfer vor Ort ein. Insgesamt hätten sie gegen 32'000 Franken an Spendengeldern eingesetzt, schätzt Dietrich. Er ist derzeit damit beschäftig, die Abrechnung zu erstellen. Sein Fazit fällt durchzogen aus, dies auch hinsichtlich der sich ständig zuspitzenden Lage in der Balkanregion:
«Die Lage ist deutlich entspannter, es sind weniger Menschen unterwegs. Doch ich befürchte, das ist die Ruhe vor dem Sturm.»
Weitere Infos unter: www.helpnowswitzerland.ch