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Der Unteroffiziersverein in Bremgarten feiert seinen 100. Geburtstag und hat trotz Veränderungen eine positive Zukunft.
«Eigentlich sind wir mittlerweile ja alles zahnlose Gladiatoren und gehören einer aussterbenden Gattung an», lacht Patrick Fischer, der Präsident des Unteroffiziersvereins (UOV) Bremgarten.
Damit stapelt der ehemalige FDP-Grossrat etwas gar tief. Zum einen gehört der Verein, den er seit zehn Jahren präsidiert, zu jenen drei Organisationen im Aargau, die bis jetzt überlebt haben und darf seit Jahren auf eine eingeschworene Mannschaft von immerhin 32 aktiven Mitgliedern zählen.
Und zum andern geht dem Bremgarter UOV, der am nächsten Freitag, 9. März mit der 100. Generalversammlung einen runden Geburtstag feiert, auch in den nächsten Jahren die Arbeit nicht aus.
Seit 1964 kümmert sich der Verein engagiert um das Bollhaus (siehe Text unten). «Früher war das Bollhaus ein Bollwerk für die Stadt, heute ist es eine Art Bollwerk für uns – eine Aufgabe, die uns antreibt und am Leben hält», sagt Patrick Fischer. Dennoch wagt er keine Prognose: «Ob unser Verein auch seinen 200. Geburtstag feiern kann, das steht in den Sternen.»
Unteroffiziersvereine waren einst die ausserdienstlichen Fitnesscenter der Armee. Sie organisierten fachtechnische Weiterbildungen für ihre Mitglieder und sie führten regelmässig sportliche Wettkämpfe durch, um die körperliche Leistungsfähigkeit der Armeeangehörigen zu fördern und zu erhalten.
«Die Weiterentwicklung der Armee hat Veränderungen mit sich gebracht, welche der ausserdienstlichen Tätigkeit nicht eben förderlich sind», erklärt Patrick Fischer dazu. Durchdiener zum Beispiel würden ihren Dienst am Stück machen und sich danach definitiv vom Militär verabschieden. Zudem sei der Stellenwert der Armee auch allgemein nicht mehr überall so gross, wie einst.
Im UOV Bremgarten sind keine aktiven Wehrmänner mehr vertreten, dafür querbeet die verschiedensten Dienstgrade. «Unser Vereinszweck ist mittlerweile vor allem die Pflege der Kameradschaft. Wir treffen uns zu geselligen Anlässen und schwelgen in Erinnerungen an unsere Dienstzeit, verfolgen aber das Geschehen in und die Entwicklung der Armee nach wie vor mit Interesse», erläutert Fischer.
Und mit dem Unterhalt des Bollhauses ist der Verein laufend gefordert: Der Er darf das historische Gebäude bewirtschaften, und dort an allen grossen Märkten im Städtchen ein Lokal betreiben. Der UOV sorgt aber auch für dessen Unterhalt. «Weil das Haus keine Heizung hat, muss dort jeden Frühling neu gestrichen werden. Auch andere kleinere Unterhaltsarbeiten besorgen wir selber. Für uns ist das keine Arbeit, für uns ist es eine Ehre, dieses historische Kleinod zu unterhalten», betont der Präsident.
Die Gründungsversammlung des Vereins hat am Sonntag, 24. Februar 1918 im Gasthof zur Sonne stattgefunden. Weil nicht nur die Gründungsurkunde noch vorhanden ist, sondern auch sämtliche der akribisch geführten Protokollbücher, lässt sich die Entwicklung des UOV bis heute exakt verfolgen.
Ziel des Vereins bei der Gründung waren die allgemeine persönliche Kampfwertsteigerung und ausserdienstliche Kameradschaft, die unter anderem mit Weiterbildung, Förderung des Schiesswesens und Armee-Vorträgen erreicht werden sollten.
Die Protokollbücher zeigen auch den technischen Wandel im Bürobereich: Bis 1957 wurde mit Füllfederhalter und Tinte geschrieben, dann wenige Jahre mit Kugelschreiber und ab 1964 mit Schreibmaschine.
Die 60er- und 70er-Jahre waren die eigentliche Blütezeit des Vereins. Der UOV Bremgarten war damals regelmässig mit mehreren Patrouillen an kantonalen Übungen und eidgenössischen Wettkämpfen vertreten. Und das mit Erfolg, wie verschiedene im Bollhaus ausgestellte Siegestrophäen belegen.
Neben der Jubiläumsversammlung vom 9. März begeht der UOV seinen runden Geburtstag mit weiteren Anlässen. Am 27. Juni gibt es eine Jubiläumsreise mit Car und Schiff zum Bundesbriefarchiv in Schwyz und dem Bourbaki-Panorama in Luzern. Dazu sind auch die Partnerinnen der Vereinsmitglieder eingeladen.
Bereits am 21. April organisiert der UOV die 155. Delegiertenversammlung des Schweizerischen Unteroffiziersverbandes. Neben dem 100. Geburtstag des UOV gibt es noch einen zweiten (militärischen) Grund dafür, dass diese 2018 im Reussstädtchen stattfindet: Der Waffenplatz Bremgarten kann dieses Jahr mit dem 50. ebenfalls einen runden Geburtstag feiern.
Das Bollhaus an der Ostseite der Holzbrücke wurde um 1579 gebaut. Der doppelgeschossige Bau diente einst zur Bewachung und Verstärkung des äusseren Reusstores. Seine keilförmige Schmalfront richtet sich gegen die Strömung der Reuss. Der Unterbau besteht aus grossen, sorgfältig zugehauenen Steinquadern.
Das aufgehende Mauerwerk ist aus verputzten Bruchsteinen gefügt. Eingemauerte steinerne Kanonen-Kugeln verleihen der Schiess-Scharten besetzten Aussenfront ein trutziges Aussehen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts diente das Gebäude zeitweise als Verkaufslokal für Wolle und Garn. Deshalb wurde es auch Garnhüsli genannt. Das Bollhaus steht unter Heimat- und Denkmalschutz.
1964 konnte der UOV Bremgarten das damals verlotterte Haus übernehmen und hat es in der Folge mit viel Fronarbeit in ein Bijou verwandelt. An den notwendigen Sanierungen des Fundamentes und anderen werterhaltenden Arbeiten hat sich die Stadt aber immer angemessen finanziell beteiligt.
Marktbesucher kennen das historische Gebäude vor allem als Bollhus-Beizli, das vom UOV jeweils an den grossen Markttagen geführt wird. Traditionell gibt es dabei jeweils Menüs aus der Militärküche wie heissen Beinschinken und Pot au Feu. (to)