Mit dem «Curriculum» wird Assistenzärzten der hautnahe Einblick in den Hausarztalltag ermöglicht.
Einmal im Monat erleben 10 der 15 Assistenzärzte der Abteilung Medizin des Kreisspitals Muri innerhalb des «Curriculums» den Alltag eines Hausarztes hautnah. Das vom Präsidenten des Freiämter Ärzteverbandes Roland Schumacher und CEO des Kreisspitals Muri Marco Beng entwickelte Projekt wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen. Es ist ein Ansatz, dem anhaltenden Hausärztemangel entgegenzuwirken und den Nachwuchs für den Beruf zu begeistern. Die Idee wurde inzwischen in zahlreichen anderen Spitälern kopiert.
Die Zahl der Freiwilligen, die sich für ein solches Hausarzt-Curriculum interessieren, ist spürbar gestiegen. Waren es 2013 drei Assistenzärzte, sind heute zehn angehende Ärzte Teil des Programmes. Dass der Chefarzt des Spitals Muri bereitwillig für einen Tag auf einen Mitarbeiter verzichtet, kann nur durch die gute Kooperation beider Seiten gewährt werden. Am Ende profitieren davon beide Instanzen. Wenn bereits ein Hausarzt den Patienten behandeln kann, erleichtert das die Arbeit in den oftmals überlasteten Krankenhäusern und Notfallstationen. Dort fallen denn auch höhere Behandlungskosten an.
Einer der Assistenzärzte im Programm Curriculum ist Andreas Kreisler. Letzten Sommer begann er bei Roland Schumacher in der Praxisgemeinschaft Schumacher-Khov in Villmergen einen Tag im Monat zu arbeiten. Dabei ist er nicht bloss Zuschauer, sondern führt beispielsweise selbst Patientenkonsultationen durch. Was ihm gefällt, ist der Mensch hinter dem Patienten. «Ein Hausarzt verfügt über langjährige Kenntnisse seines Patienten, nicht nur bezüglich Krankheitsbild, sondern auch seines sozialen Umfelds. Der Umgang ist intensiver. Das kommt im Spital eher weniger zum Tragen. Man könnte sagen, je grösser das Spital, desto unpersönlicher das Verhältnis zwischen Arzt und Patient.» Durch das «Curriculum» vermag Kreisler sich konkrete Vorstellungen über das Ausmass der anfallenden Arbeit als Hausarzt zu machen. Und sein Wunsch, Hausarzt zu werden, ist dadurch gefestigt worden.
Einige der Nachfolger sind dem Projekt Curriculum zu verdanken. 2013 waren zwei von drei jungen Assistenzärzten danach als Hausarzt tätig. In Wohlen wird gerade diesen Sommer eine ehemalige Assistenzärztin in die Fusstapfen eines Wohler Hausarztes treten und dessen Praxis übernehmen. Ob das wirklich das Geheimrezept gegen Hausärztemangel ist? Auf alle Fälle besser, als ständig zu lamentieren. «Wir wollen zeigen, dass der Beruf des Hausarztes spannend, schön und vielseitig ist, anstatt nur die Nachteile zu beleuchten», verdeutlicht Schumacher. Patienten auf der Suche nach Hausärzten haben es stets noch schwer. Spontane Anmeldungen in Hausarztpraxen können kaum beachtet werden. Bei den Nachforschungen ist eine längere Planung unumgänglich.
50 Hausärzte sind gemäss Roland Schumachers Einschätzungen im Freiamt tätig. Häufig arbeiten diese in Gemeinschaftspraxen mit zwei bis drei oder mehreren Ärzten. Gab es 1988 lediglich fünf Gemeinschaftspraxen im Freiamt, sind es heute 26. Der Vorteile einer von mehreren Personen geführten Praxis ist vor allem die flexible Arbeitszeit. Davon profitieren nicht nur berufstätige Frauen mit Familien, sondern zunehmend auch Männer. Einzelpraxen sind mehr und mehr am Verschwinden. Hausärzte, die das Pensionsalter erreichen, finden oft keinen Nachfolger, welcher die Praxisführung alleine antritt. Viel attraktiver ist es für angehende Hausärzte und Hausärztinnen, gemeinsam mit anderen Kollegen eine solche Einzelpraxis zu übernehmen und zur Gemeinschaftspraxis umzuformen. (lys)