Wohlen
Einst schnitt er die Tonaufnahmen von Hand und mit einer Schere

Urs Huber (67) zieht sich nach 35 Jahren aus seiner Videofilmproduktionsfirma zurück. Als er in die Tonaufnahmeproduktion einstieg, war noch etwas gang und gäbe, das sich heute kaum mehr jemand vorstellen kann: Tonaufnahmen von Hand zu schneiden.

Lisa Stutz
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David Henzmann und Wing Lung Choong übernehmen die Videofilmproduktionsfirma von Firmengründer Urs Huber (rechts). ZVG

David Henzmann und Wing Lung Choong übernehmen die Videofilmproduktionsfirma von Firmengründer Urs Huber (rechts). ZVG

Tonaufnahmen von Hand mit einer Schere schneiden? Das kann sich heute wahrscheinlich kein Jugendlicher mehr vorstellen. Doch als Urs Huber in den 70er-Jahren in die Tonaufnahmeproduktion einstieg, war das noch gang und gäbe. Im Jahr 1975 gründete er in Wohlen seine Firma, die kurz darauf internationale Bekanntheit erlangte. Das Tonaufnahmestudio – von dem in Wohlen fast keiner Notiz nahm – wurde von einer englischen Fachzeitschrift im Jahr 1980 zum «Studio des Jahres» gewählt.

In dieser Zeit entstanden bei Urs Huber unzählige Tonproduktionen mit berühmten Sprechern, wie zum Beispiel Walter Andreas Müller oder Walter Roderer, viele Märchen-Aufnahmen und insgesamt 27 Langspielplatten mit Guschti Brösmeli.

«Als ich die Firma gegründet habe, gab es in der Schweiz nur wenige private Tonstudios. Insgeheim hatte ich aber damals schon die Idee, den Ton mit dem Bild zu verknüpfen», verrät Urs Huber, der seine Firma Spectrum Video (seit 1. Januar 2013 Avarel Studios) nun an zwei junge Nachfolger übergibt. «Ich werde den Wechsel fliessend gestalten. Das heisst, dass unsere Kunden in den nächsten drei Jahren weiterhin persönlich von mir betreut werden», erklärt er.

Lärmbelästigung durch Nachbarn

Wenn der gelernte Radioelektriker und ehemalige Trompeter der
erfolgreichen First Harmonic Brass Band zurückblickt, ist er glücklich: «Die Verbindung zwischen Technik, Musik und ‹Neues ausprobieren› war die perfekte Mischung für mich. Ich kann mir keinen spannenderen
Beruf vorstellen, als den, den ich die letzten 38 Jahre ausgeführt habe.»

Dennoch hat Huber mit seiner Firma eine kleine Odyssee hinter sich: Unter dem Namen Spectrum Video Productions stieg er 1983 ins Filmgeschäft ein. Vier Jahre später verlegte er den Firmensitz nach Brugg. Doch dort wurde es der aufstrebenden Firma schnell zu eng, sodass er nach Villmergen ins Industriegebiet zog.

Aber auch dort hielt es ihn nicht lange. Wegen Lärmbelästigung durch ein benachbartes Geschäft verkauften er und seine Frau den Sitz nach zweieinhalb Jahren und zogen im Jahr 1991 wieder nach Wohlen, wo sie sich auf Videofilmproduktionen spezialisierten und bis heute sesshaft sind. Parallel zu diesem Umzug zog Huber auch einen Geschäftspartner hinzu: Mit Jann
Erne als Mitinhaber gründete er eine GmbH. Mit grossen Aufträgen für Rolf Knie, Kochsendungen mit Annemarie Wildeisen, Sitcoms wie «Hotel Paradiso» und viele mehr, machte sich die Videofilmproduk-
tionsfirma einen Namen. «Insgesamt haben wir 2800 Ton- und Videoproduktionen produziert», lacht Huber.

«Die Zeiten haben sich geändert»

Der 67-Jährige sagt, er sei langsam ein wenig ausgebrannt. «Ich komme mit der Zeit an meine Grenzen, was das Verständnis der technischen Fortschritte angeht. Seit ich mit der Ton- und Videoproduktion angefangen habe, hat sich das ganze Handwerk komplett verändert. Die neue Computertechnik ist sehr schwer für mich.»

Das sei einer der Gründe, weshalb er aussteigen möchte. «Ich akzeptiere, dass die Zeiten sich geändert haben», sagt er. Ihm helfe die Gewissheit, dass er seine Firma in vier gute Hände gelegt habe. Diese Hände gehören Wing Lung Choong und David Henzmann. «Sie bringen frischen Wind in die Firma. Sie sind jung, innovativ und nicht nur aufs Geld aus», sagt Huber.

In der Firma ändert sich mit der neuen, jungen Geschäftsleitung aber nicht nur der Firmenname. Auch das Angebot wird erweitert: «Neu bieten wir auch Webdesign und Fotografie an», erklärt Choong. «Ziel ist, dass wir für Institutionen gleich ein ganzes ‹Paket› produzieren können», sagt der 25-Jährige.

Tele Freiamt besteht weiter

Das Internetfernsehen Tele Freiamt, das Huber vor drei Jahren gründete, und das nur die schönen Seiten des Freiamts zeigt, wird weiter bestehen. «Ich hoffe, dass ich mich nun mehr darum kümmern kann. Und auch Luftaufnahmen reizen mich», so Huber. Er erklärt: «Ich brauche wieder etwas Neues, an dem ich herumexperimentieren kann. Das Filmen bleibt natürlich mein grosses Hobby.»