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Freiamt
70 Schülerinnen und Schüler der Kanti Wohlen sind eine Woche im norwegischen Tynset zu Gast. Dafür nehmen sie eine lange Reise auf sich.
Im 5000-Seelen-Dorf Tynset in Norwegen herrschen momentan Temperaturen bis minus zehn Grad. Es schneit. Warum das fürs Freiamt interessant ist? Morgen Sonntag, 2. Februar, um 7 Uhr morgens, machen sich 70 Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Wohlen auf den Weg in ebenjenes Tynset. Die Jugendlichen nehmen während einer Woche an einem Choraustausch teil.
Die ganze vergangene Woche über haben sie fleissig für den Austausch geprobt. Die Sängerinnen und Sänger standen in der Aula der Kantonsschule Wohlen, vor ihnen sass Chorleiter Walter Siegel am Flügel. In den Händen hielten die Jugendlichen ein Notenheft, bedruckt mit den Flaggen der Schweiz und Norwegens. Immer wieder repetierten sie die Aussprache des norwegischen Liedtextes. Einfach war das nicht. «Ich finde es trotzdem unglaublich interessant, Lieder von dort kennen zu lernen», sagte die 19-jährige Schülerin Amani Christen. «Ich freue mich so sehr auf den Austausch.» Auch der 19-jährige Fabian Kleiner war schon etwas hibbelig: «Norwegen ist mal was anderes, früher ging es zum Choraustausch immer in den Osten. Und jetzt Norwegen im Winter, es ist sicher wunderschön dort.»
Bevor die Schülerinnen und Schüler jedoch Tynset und die Umgebung erkunden, Einheimische kennen lernen und weiter im norwegischen Dörfchen für ihre Auftritte proben können, steht ihnen ab morgen eine sehr, sehr lange Reise bevor. Die Jugendlichen haben sich gegen das Flugzeug entschieden und wollen die rund 1900 Kilometer lange Strecke mit Zug und Bus bewältigen. Von Wohlen geht’s mit dem Zug nach Brugg, dann nach Basel und von dort aus im Direktzug nach Hamburg. In der deutschen Hafenstadt haben die Jugendlichen vier Stunden Aufenthalt. Als Chorleiter Walter Siegel erzählte, wie die Reise nach Hamburg weitergehen wird, wirkte er kurz etwas verzweifelt: «Von dort fahren wir mit dem Bus nach Tynset, das dauert fast 24 Stunden.»
Trotzdem beharrten die Jugendlichen darauf, nicht mit dem Flugzeug zu fliegen. «24 Stunden im Bus werden hart. Aber das klappt schon», gab sich Siegel zuversichtlich. Auf der kurzen Packliste der Schülerinnen und Schüler stand: «Dinge für die lange Reise im Bus (Ohrstöpsel, aufblasbares Nackenkissen oder Ähnliches).» Unter anderem sollten die Jugendlichen auch warme Kleidung («mehrere Schichten, Wolle, winddicht»), schwarze Konzertkleidung und ein Gastgeschenk mitnehmen. Verpacken sollten sie ihren Besitz nicht in Hartschalenkoffern – der Platz im Bus ist beschränkt. Ob alles klappt und wie die Reise abläuft, erfahren die Leserinnen und Leser in einer mehrteiligen Serie. Die Jugendlichen schreiben Texte über die Reise, die auf www.aargauerzeitung.ch zu lesen sein werden.
Der Andrang zum Choraustausch war gross, sagte Siegel. «Wir mussten sogar ein Vorsingen für die letzten freien Plätze durchführen.» Der Austausch findet in der zweiten Skiferienwoche statt – freiwillig. Ausserdem tragen die Jugendlichen die Reisekosten zum grössten Teil selbst. «Deswegen hat es mich überrascht, dass trotzdem so viele mitwollten», sagte Siegel, der von einem zweiten Chorleiter und fünf Lehrpersonen auf der Reise unterstützt wird.
Bisher ging es zum Choraustausch stets in den Osten Europas. Nach Norwegen führt es die Jugendlichen nun, weil Walter Siegel in Tynset Kontakte hat. Er erzählte: «Alle Schülerinnen und Schüler kommen in Gastfamilien unter. Sie sollen Bevölkerung und Kultur Norwegens ungefiltert kennen lernen. Sie werden sich öffnen müssen.» Auf dem Programm stehen ein Ausflug in die Weltkulturerbe-Stadt Røros, der Besuch einer Berufsmesse, Langlauf oder gemeinsames Pizzaessen. Und natürlich: Proben, proben, proben. Der Chorleiter erhofft sich «einen Quantensprung an Qualität». Aber nicht nur: «Ich freue mich, die Jugendlichen dabei zu erleben, wie sie mit neuen und unvorhergesehenen Situationen umgehen.» Tynset sei sehr ländlich gelegen, dort gebe es keinen Konsum, dafür Gemeinschaft und Gesang. «Aber ich weiss jetzt schon, dass die Schülerinnen und Schüler im neuen Umfeld glänzen und die Herausforderungen meistern werden.»