Dank jahrelangen Anstrengungen finden Schlangen wieder mehr Lebensräume. Die Ringelnatter, Tier des Jahres 2015, fühlt isch im Reusstal besonders heimisch.
Aus christlicher Sicht ist sie Teil der Schöpfung, auch wenn sie in der Bibel eine unvorteilhafte Rolle hat. Aus ökologischer Sicht ist sie seit Jahrmillionen Teil des Ökosystems, viel länger als der Mensch. In esoterischen Kreisen schreibt man ihr magische Kräfte zu. Für den Schlangenliebhaber und freischaffenden Biologen Goran Dusej ist sie ein interessantes und schönes Tier. Auf die Frage, warum es denn Schlangen, insbesondere die Ringelnatter, überhaupt brauche, meint er: «Dass ein Lebewesen bedeutsamer ist als ein anderes, ist die Sicht des Menschen. Ist eine Schlange wichtiger als ein Frosch? Oder eine Katze? Wenn man die Natur neutral betrachtet, gibt eine solche Wertung nicht.»
Vor 40 Jahren wurde das Kraftwerk Zufikon-Bremgarten gebaut. Das war die Geburtsstunde des Flachsees, des wohl wichtigsten Naturschutzgebiets im Freiamt. Anlässlich des Jubiläums berichtet die az Freiamt in einer Serie über Themen rund um den Flachsee. Haben Sie besonders schöne Bilder oder Geschichten zum Flachsee? Schicken Sie uns Ihren Beitrag per Mail an freiamt@aargauerzeitung.ch mit dem Betreff «Flachsee», oder per Post an Aargauer Zeitung, Zentralstrasse 3, 5610 Wohlen.
Obwohl sich die Ringelnatter lieber in Gebieten aufhält, in denen sie ungestört ist, ist es möglich, dass sich die Wege von Schlangen und Besuchern kreuzen. «Die Ringelnatter ist eine Wasserschlange und gerne in seichtem Gewässer. Aber sie kann auch mehrere Kilometer vom Wasser wegkriechen.» Weil das viele nicht wüssten, würde die Ringelnatter manchmal auch verwechselt und totgeschlagen. Schlangen in freier Wildbahn solle man in Ruhe lassen, rät Dusej. «Giftige Schlangen gibt es bei uns nur in den Bergregionen, im Jura und in südlichen Landesteilen. Aber es ist schon vorgekommen, dass Schlangen, auch giftige, ausgebüxt sind oder ausgesetzt wurden.» Für Laien sei eine Art-Identifikation oft schwierig, zudem stünden Schlagen und alle anderen Reptilien in der Schweiz unter Schutz, erklärt der Biologe.
Was braucht es denn, damit sich die Ringelnatter wohlfühlt? Wichtig sei die Qualität des Lebensraums, erklärt Dusej. Die Schlange braucht Ruhe, Verstecke, Orte an denen sie sich sonnen kann, eine Überwinterungsstelle und Eiablageplätze. Sie braucht Nahrung – Ringelnattern jagen hauptsächlich Frösche und Kaulquappen, selten erwischen sie auch mal einen Fisch. «Der Lebensraum muss zudem gross genug und vernetzt sein», sagt Dusej. Es wäre nämlich nicht sinnvoll, einen abgeschotteten Lebensraum zu schaffen und dann Schlangen auszusetzen, weil es einen genetischen Austausch braucht. Rund um den Flachsee hat man deshalb Bedingungen geschaffen, damit Ringelnattern «einwandern» können. Konkret: der Auenwald wurde ausgelichtet, Maisfelder reichen nicht mehr bis an den Waldrand, damit Sonnenplätze nicht beschattet werden, Asthaufen und Gebüsche dienen als Verstecke, aus trockenem Schnittgut wurden Eiablageplätze arrangiert. All das muss regelmässig gepflegt werden, damit es nicht «verwildert».
Zudem versucht die Stiftung Reusstal mit Exkursionen Ängste und Vorurteile gegenüber Schlangen abzubauen. Dusej bringt jeweils eine Ringelnatter mit, die er bei sich zu Hause hält. «Wenn ich sie zeige, dann machen die Kinder zwei Schritte vorwärts und die Erwachsenen einen zurück», sagt er und lacht.