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«Stiller Protest»: Wie sehr hat die Coronademo Wohlen geschadet?

Am 20. Februar demonstrierten in Wohlen 2500 bis 3000 Leute gegen die Coronamassnahmen des Bundesrates. Zwei Wohler Mitte-Politiker wollten anschliessend vom Gemeinderat wissen, wie sehr das dem Ansehen Wohlens geschadet hat. Der Gemeinderat beantwortet die zehn Fragen vor allem mit Bezug auf die Grundrechte.

Andrea Weibel
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Bild vom Protestmarsch des Vereins «Stiller Protest» gegen die Coronamassnahmen in Wohlen.

Bild vom Protestmarsch des Vereins «Stiller Protest» gegen die Coronamassnahmen in Wohlen.

Andre Albrecht (20. Februar 2021)

Zwischen 2500 und 3000 Gegner der Coronamassnahmen demonstrierten am Samstag, 20. Februar, in den Wohler Strassen. Die Demo selber verlief friedlich, die Polizei zeigte sich zufrieden. Doch dass überhaupt eine Demo hatte stattfinden dürfen, erzürnte viele Wohler Gemüter. Vor allem fragten sich aktuelle und ehemalige Politiker in den sozialen Medien, warum der Wohler Gemeinderat sie bewilligt hat.

Gemeindeammann Arsène Perroud hatte gegenüber der AZ darauf geantwortet: «Als Gemeindebehörde sind wir dazu verpflichtet, die politischen Grundrechte einzuhalten. Das ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt.»

Doch gaben sich die beiden Mitte-Einwohnerräte Sonja Isler-Rüttimann und Ruedi Donat nicht damit zufrieden. Sie stellten zehn Fragen zum Thema an den Gemeinderat. Darin ging es hauptsächlich um die für die Gemeinde entstandenen Kosten. Zudem wollten sie wissen, warum jene, die sich nicht an die Maskenpflicht gehalten hätten, nicht gebüsst worden seien. Und sie wollten erfahren, welche Auswirkungen die Demonstration auf den Ruf der Gemeinde Wohlen gehabt habe.

Initianten mussten Bewilligung und Platzgebühr bezahlen

Die Antworten des Gemeinderats sind einfach zusammenzufassen. Im Grunde sagt ein einziger Satz schon alles aus: «Der Gemeinderat respektiert die politischen Grundrechte der Schweizer Bevölkerung.»

Bis zu 3000 Personen sind laut Organisatoren in Wohlen zusammengekommen.
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Sie haben gegen die Coronamassnahmen demonstriert.
Mit Lautsprecher-Durchsagen wurden die Teilnehmenden aufgefordert, Masken zu tragen. Allerdings nicht ganz ohne Ironie.
Viele der Teilnehmer trugen im Voraus bestellte Schutzanzüge.
Auch Alain Berset nahm teil – oder zumindestens jemand, der den Gesundheitsminister imitierte.
Viele Teilnehmer trugen keine Maske.
Weitere Impressionen der Kundgebung.
Der Tross zieht durch Wohlen.
Ein Teilnehmer hat seine Forderungen aufgeschrieben.
Die Präsidentin des Vereins «Stiller Protest» bei ihrer Rede.
Weitere Impressionen der Kundgebung.
Die Teilnehmenden bilden die «Menschenkette der Liebe» in Wohlen.
«Die Menschenkette der Liebe.»
Zuger alt Kantonsrat und Bäckermeister Thomas Brändle zu den Massnahmen: «Es ist ein Suizid auf raten für die KMU.»
Diese Yogalehrerin will, dass sie ihr Studio wieder öffnen kann. Sie sagt: «Ich kann das Wort Solidarität nicht mehr hören. Mit uns geht man alles andere als solidarisch um.»
Familientherapeutin Mana: «Nicht der Virus tötet, sondern die Massnahmen dagegen.»
«Dialog unmöglich», schreiben diese Teilenehmenden auf ihren Plakaten, beobachtet werden sie von einem Polizisten.
In Wohlen haben sich viele Corona-Skeptiker eingefunden.
«Demokratie wird überschätzt», meint ein Demonstrationsteilnehmer.
«Verbrechen an Kindern stoppen», fodert einer der Teilnehmenden.
Ob das nur 1000 Leute sind?
Die Demonstranten ziehen durch Wohlen.
Am Nachmittag laufen die Demonstranten durch Wohlen.
«Moderne Sklaven tragen Masken» steht auf einem Schild einer Demonstrierenden in Schutzanzug.
Das Merkurareal füllt sich am Mittag mit Menschen.
Das Merkurareal in morgendlichen Nebelschwaden. Noch ist hier Ruhe.
Hier werden am Nachmittag 1000 Coronaskeptiker erwartet, um gegen die geltenden Massnahmen zu protestieren.

Bis zu 3000 Personen sind laut Organisatoren in Wohlen zusammengekommen.

Andre Albrecht

72 Arbeitsstunden seien insgesamt für die Vorbereitung geleistet worden, informierte der Gemeinderat in seiner Antwort. Diese, wie auch die Arbeitsstunden der Kantonspolizei, dürften den Protestierenden nicht in Rechnung gestellt werden.

«Bei der Kundgebung handelte es sich um eine politische Veranstaltung, an welcher die Teilnehmenden ihre politischen Grundrechte ausüben konnten.» Gemäss geltendem Recht gehöre die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in diesem Zusammenhang zum Grundauftrag der Polizei. «Deshalb dürfen mögliche Kosten des Polizeieinsatzes grundsätzlich nicht auf Veranstalter oder Teilnehmende überwälzt werden, weil dies faktisch einer Grundrechtseinschränkung gleichkommen würde», hält der Gemeinderat fest. Einzig die Kosten für die Bewilligung und die Platzgebühr des Merkurareals wurden dem Veranstalter in Rechnung gestellt.

«Keine negativen Auswirkungen auf das Image der Gemeinde»

Auf Fotos und Videos ist zu sehen, dass die Maskenpflicht nicht von allen Teilnehmenden eingehalten worden ist. Doch gebüsst wurden sie dafür nicht. «Die Einsatzleitung lag bei der Kantonspolizei. Die Verstösse nachträglich zur Rechenschaft zu ziehen, erachtete die Einsatzleitung als schwierig, und die einzelnen Personen zu büssen, als nicht verhältnismässig», schreibt der Gemeinderat.

Einige Teilnehmende äussern sich, warum sie am Samstag, 20. Februar 2021, nach Wohlen gefahren sind.

Pascal Bruhin

Weiter wollten die Anfragesteller wissen, warum die bundesrätliche Weisung, die politische Veranstaltungen bis maximal 50 Personen zuliess, nicht angewandt worden sei. Der Gemeinderat schreibt, dass in der Covid-19-Verordnung festgehalten wird, «dass Versammlungen politischer Körperschaften, politische und zivilgesellschaftliche Kundgebungen sowie Unterschriftensammlungen keinen Beschränkungen der Personenzahl unterliegen».

Zu den Auswirkungen der Demonstration «auf das Image respektive Standortmarketing der Gemeinde Wohlen» heisst es in der Antwort: «Der Gemeinderat erkennt keine negativen Auswirkungen auf das Image der Gemeinde Wohlen.» Vielmehr sollte der Einsatz von Kantons- und Regionalpolizei bewertet werden. Und diese hätten sich «professionell, vorbildlich und verhältnismässig» verhalten.

Weiter betont der Gemeinderat: «Es kam zu keinerlei Sachbeschädigungen oder Verunreinigungen des öffentlichen Raums. Auch kam es während des Protestmarsches zu keinerlei Störaktionen. Die Kundgebung in dieser Grösse war jederzeit unter Kontrolle der Einsatzkräfte.»