Wohlen
Büelisackerkanal sorgt für Knatsch: «Da geht es auch darum, etwas Stunk zu machen»

Die fehlende Querung des Büelisackerkanals wirft in Wohlen zurzeit hohe Wellen. Doch das Problem lässt sich nicht so einfach lösen, wie Kritiker glauben machen.

Toni Widmer
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Die Querung des Büelisackerkanals in Wohlen sorgt derzeit im Dorf für grossen Gesrpächsstoff.

Die Querung des Büelisackerkanals in Wohlen sorgt derzeit im Dorf für grossen Gesrpächsstoff.

Toni Widmer

Von einer Lachnummer ist in Leserbriefen die Rede, von Stirnrunzeln, einem Hohn für alle Fussgänger und von fehlendem Menschenverstand im Wohler Gemeindehaus. Auch die Redaktion der örtlichen Lokalzeitung wirft dem Gemeinderat – einmal mehr – mangelnden Handlungswillen und Untätigkeit vor. Die Behörde habe zwar Kenntnis von den Sorgen der Leute, aber statt etwas zu unternehmen, warte sie einfach ab.

Um was geht es bei diesem Thema, das zurzeit in Leserbriefen und redaktionellen Artikeln zum aktuell offenbar grössten Wohler Problem hochstilisiert wird?

Ein kurzer Rückblick: «Es ist ein Meilenstein in der Geschichte des Hochwasserschutzes», hatte der Aargauer Baudirektor Stephan Attiger am 16. Juni 2017, anlässlich der Eröffnung des Hochwasserrückhaltebeckens an der Bünz zwischen Wohlen und Waltenschwil erklärt. Und Markus Zumsteg, Sektionsleiter Wasserbau im Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), war auf die Geschichte des auf rund 16 Mio. Franken veranschlagten Grossprojekts eingegangen: «Hochwasser ist die am häufigsten auftretende Naturgefahr im Aargau. Gerade das Bünztal gilt als stark gefährdet. Wenn wir nichts dagegen unternommen hätten, wäre das einfach unverantwortlich gewesen», hatte er erklärt. Bis zur Eröffnung sei es ein langer Weg gewesen. Erste Vorschläge für ein Hochwasserrückhaltebecken hätten bereits in den 70er-Jahren auf dem Tisch gelegen, so richtig ins Rollen gekommen sei das Projekt aber erst 2010.

Verschiedene Interessen unter einen Hut bringen

«Die Planung war sehr komplex», sagt Zumsteg im Rückblick. Man habe die verschiedensten Interessen unter einen Hut bringen müssen: «Wir mussten zum einen die Landwirte ins Boot holen, die für dieses Projekt auf rund 41 000 Quadratmeter Nutzfläche verzichten mussten und zudem weitere rund 52 Hektaren Land an das Überflutungsservitut beigesteuert haben. Weiter ging es darum, die bestehende Radwegverbindung zwischen Waltenschwil und Wohlen sicherzustellen, die auch ein wichtiger Schulweg ist. Nicht ausser Acht lassen durften wir den Naturschutz und – ein Faktor der bei solchen Projekten immer wichtiger wird – den Erholungsdruck.» Die Bünz sei als Folge der verschiedenen Renaturierungen im Raum von Muri bis Wildegg als Erholungsgebiet immer attraktiver geworden, sagt Markus Zumsteg. Bei Projekten wie dem Hochwasserrückhaltebecken gehe es deshalb immer auch darum, die Besucherströme in die richtigen Bahnen zu lenken.

In Wohlen wurde in einem langen Prozess unter allen Beteiligten eine verträgliche Lösung gefunden: Platz für Erholungssuchende östlich der Bünz, Raum für den Naturschutz und die landwirtschaftliche Nutzung westlich des kleinen Flüsschens. Die ausgehandelte Lösung wurde in der Folge einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen und schliesslich im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens auch rechtlich zementiert.

Ein Trampelpfad als Kompromiss

Durch die Revitalisierung des kleinen Büelisackerkanals ist im Bereich des neuen Hochwasserrückhaltebeckens ein Natur-Idyll entstanden, welches man den Erholungssuchenden nicht ganz vorenthalten wollte. Deshalb wurde im Planungsverfahren zwischen den Beteiligten ein Kompromiss ausgehandelt: Mit einem Trampelpfad sowie einem improvisierten Übergang über den Kanal wurde eine Möglichkeit für Besucher geschaffen, den Naturschutzbereich in einem kleinen Rahmen doch erkunden zu können. Laut Markus Zumsteg war im Bewilligungsverfahren jedoch nie die Rede von einer fixen, grosszügig gestalteten Querung über den Büelisackerkanal: «Ein solcher Übergang würde dem im Planungsverfahren ausgehandelten Kompromiss zwischen den beteiligten Interessengruppen krass widersprechen», hält der Sektionsleiter Wasserbau fest.

Doch genau ein solcher, grosszügig und sicher gestalteter Übergang wird jetzt gefordert. Läge die Realisierung eines entsprechenden Projekts überhaupt in der Kompetenz des Gemeinderates? «Nein», hält Zumsteg klar fest: «Wenn, dann wäre dafür ein neues Bewilligungsverfahren nötig, inklusive einer erneuten Interessenabwägung.» Es gehe letztlich um die Glaubwürdigkeit der Bewilligungsinstanzen: «Man hat damals einen Kompromiss ausgehandelt, zu dem insbesondere auch die Bauern sehr viel beigetragen haben. Wir können doch jetzt nicht einfach von den damaligen Zusicherungen an Landeigentümer und Landwirtschaft abweichen, nur weil Erholungssuchende einen grösseren Bereich an der Bünz für sich beanspruchen», sagt er klar.

Es geht auch um Treu und Glauben

Bei dem im Bewilligungsverfahren gefundenen Kompromiss, erläutert Zumsteg, sei es primär darum gegangen, den Besucherstrom im Gebiet zu kanalisieren. «Wenn wir jetzt den ganzen Bereich öffnen und damit – unter anderem – auch ermöglichen, dass Hundehalter ihre Tiere auf angrenzenden Flächen versäubern lassen, die eigentlich der Landwirtschaft vorbehalten sind, dann haben wir an der Bünz ein deutlich grösseres Problem als das, welches jetzt in Wohlen so intensiv diskutiert wird. Dann müssten wir uns vorwerfen lassen, im Bewilligungsverfahren abgegebene Versprechen nicht einzuhalten und das wäre gegen Treu und Glauben.»

Hat Markus Zumsteg eine Erklärung dafür, warum das Thema des fehlenden, beziehungsweise lediglich rudimentären Übergangs über den Büelisackerkanal in Wohlen zurzeit derart grosse Wellen wirft: «Ich denke, da geht es letztlich auch darum, etwas Stunk gegen den Wohler Gemeinderat zu machen», hält er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Er betone aber noch einmal, sagt Zumsteg abschliessend: «Auch wenn der Gemeinderat Wohlen wollte: er kann und darf einen solchen Steg nicht in eigener Kompetenz beschliessen und realisieren. Wenn, dann braucht es ein neues Baubewilligungsverfahren, dessen Ausgang angesichts der Lage ungewiss ist und Einsprachen bereits angekündigt sind.»