Bremgarten
Mit dem Stachel gegen die Strömung: So bereiten sich die Wasserfahrer auf ihren Saisonhöhepunkt an der Reuss vor

Der Wassersport-Club Bremgarten organisiert erstmals seit 2007 wieder die Schweizer Meisterschaften. Erwartet werden am Wochenende rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Reuss. Im Vorfeld der Wettkämpfe machte vor allem das Hochwasser im Juli Probleme.

Marc Ribolla
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Das Manövrieren mit dem Weidling auf der Reuss ist anspruchsvoll.

Das Manövrieren mit dem Weidling auf der Reuss ist anspruchsvoll.

Marc Ribolla

Mit starken Stössen aus den Oberarmen «sticht» sie den Weidling dem rechten Reuss-Ufer entlang Richtung Bremgarter Hexenturm. Entgegen der Fliessrichtung. Die Wasserfahrerin keucht, es ist anstrengend, das rund 350 Kilo schwere Boot in Bewegung zu bringen. Ihr Hilfsmittel ist der Stachel, ein Holzholmen mit einem eisernen Zacken an der Spitze, mit dem sie im Wasser abstossen kann.

Vom Ufer aus beobachtet Nicole Hürlimann die Vorbeifahrt. Sie ist Medienverantwortliche des Wassersport-Clubs Bremgarten (WSC), der am kommenden Wochenende vom 28. und 29. August die Schweizer Meisterschaften im Einzelfahren organisiert. «Jetzt muss sie den Weidling um die Boje beim Hexenturm wenden. Dabei darf sie sie nicht berühren, das gibt sonst Strafsekunden», erklärt Hürlimann.

Das gelingt der Wasserfahrerin aus dem Baselbiet problemlos. Sie trainiert an diesem Abend gemeinsam mit einer Handvoll Vereinskollegen für die Schweizer Meisterschaft in Bremgarten. Für den WSC ist der Einzelwettkampf, der nur alle drei Jahre stattfindet, ein Vereinshöhepunkt. Zuletzt hatten die Bremgarter diese Ehre vor 14 Jahren.

Zwei Monate kein Training wegen des Hochwassers

Die Vorbereitungen auf den Grossanlass mit voraussichtlich 500 Teilnehmenden in sieben Alterskategorien starteten schon vor zwei Jahren. Schwierigkeiten bereitete kürzlich das Hochwasser. «Wir mussten die Strecke der Aktiven anpassen und auf die rechte Reuss-Seite verlegen. Und wir konnten fast zwei Monate nicht trainieren.» Dies sei aber kein Nachteil, da alle Flüsse in der Schweiz betroffen waren und andere Klubs auch nicht üben konnten. «So sind alle bezüglich Trainingsstand etwa auf gleichem Niveau», sagt Hürlimann.

Nicole Hürlimann vom WSC Bremgarten.

Nicole Hürlimann vom WSC Bremgarten.

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Das Zahlenverhältnis zwischen Frauen und Männern ist beim Wasserfahren noch eindeutig verteilt. An der Schweizer Meisterschaft nehmen nur rund 30 Frauen in der Kategorie über 20 Jahre teil, der einzigen Aktivkategorie der Frauen. «In den vergangenen Jahren hat die Anzahl aber zugenommen, besonders bei den Mädchen. Denn beim Wasserfahren zählt nicht nur die reine Kraft, sondern auch die Kondition», erläutert Nicole Hürlimann.

Sie übt den Sport selbst seit elf Jahren aktiv aus. Was macht die Faszination für sie aus? Hürlimann sagt:

«Man ist draussen in der Natur, egal bei welchem Wetter. Zudem mag ich die Interaktion mit dem Wasser, das Arbeiten damit.»

Sie schätze auch die Kameradschaft im Verein und über die Vereinsgrenzen hinweg. Es sei ein Gemisch aus verschiedenen Faktoren, so Hürlimann.

Ein Teil der Sportgeräte der Wasserfahrer: der Stachel (links) und zwei Ruder, eines aus Holz, das andere aus Karbon.

Ein Teil der Sportgeräte der Wasserfahrer: der Stachel (links) und zwei Ruder, eines aus Holz, das andere aus Karbon.

Marc Ribolla

In der Wassersport-Szene kennt man sich gut, sie ist wie eine Familie. Der Sport wird nur in der Deutschschweiz ausgeübt und umfasst 30 Wasserfahrvereine mit rund 800 Lizenzierten. In der Vereinsrangliste lande Bremgarten meistens um den 3. bis 5. Rang.

«An der Spitze klassieren sich oft die gleichen Vereine. Nebst uns sind dies Muttenz, Birsfelden, Ryburg-Möhlin und Rupperswil», sagt Hürlimann. Im Reussstädtchen werden alle Schweizer Vereine vertreten sein. Die Meisterschaft ist ein Pflichtanlass.

Was ist Wasserfahren?

Als erster Schweizer Wasserfahrverein wurde 1869 der Limmat Club Zürich gegründet. Aktuell existieren 30 Vereine. Der WSC Bremgarten wurde 1936 ins Leben gerufen. Bei den sportlichen Wettkämpfen muss der Weidling, also das Boot, dem Ufer entlang, beidseits des Flusses, mit dem Stachel gegen den Strom und somit vorwärts bewegt werden. Dies kann alleine oder zu zweit ausgeübt werden. Um einen Fluss zu queren, wird vom Stachel zum Stehruder gewechselt. Im Wettkampf gilt es, einen vorgegebenen Parcours um Bojen und durch Stangentore (wie beim Kajakfahren) zu absolvieren. Begeht man Fehler, setzt es Strafsekunden ab. Die Richtzeit bei den Aktiven beträgt für jeden Parcours vier Minuten, unabhängig vom Gewässer. Gewinner ist, wer die jeweilige Strecke am schnellsten hinter sich bringt.

Kraftvoll muss der Weidling über den Fluss bewegt werden.

Kraftvoll muss der Weidling über den Fluss bewegt werden.

Marc Ribolla

Alles zu den Schweizer Meisterschaften im Einzelwasserfahren in Bremgarten auf www.wscbremgarten.ch.