Die Leiterin des kantonalen Sozialdiensts, Pia Maria Brugger Kalfidis, referierte vor der Gemeindeammännervereinigung des Bezirks Bremgarten über die Herausforderungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Zusammenarbeit mit den Gemeinden.
Die neue Aufgabe war für sie ein Kaltstart ohne Ankündigung. Im Februar übernahm Pia Maria Brugger Kalfidis gemeinsam mit Loranne Mérillat die Leitung des kantonalen Sozialdiensts (KSD). Damals hatte sie noch keine Ahnung, dass sich ihre Arbeit in den folgenden Monaten vor allem um ein Thema drehen würde: die Bewältigung einer akuten Flüchtlingskrise mit dem Krieg in der Ukraine, der am 24. Februar ausbrach.
«Mir wurde damals fast schlecht, weil ich mich in jenen Tagen oft fragte: ‹Schaffen wir das?›», erklärt Brugger Kalfidis im Rückblick. Ihre Zuhörerschaft ist am Donnerstag die Versammlung der Gemeindeammänner des Bezirks Bremgarten. Aus erster Hand informierte die KSD-Leiterin über die aktuelle Situation im Aargau und die Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Denn diese sind von der Flüchtlingswelle direkt betroffen.
Aus Sicht des Kantons sei es zentral gewesen, die Gemeinden rasch zu unterstützen. «Unser Ziel in der Anfangsphase war, möglichst schnell die drängendsten Fragen der Gemeinden beantworten zu können», sagt Brugger Kalfidis. Der Kanton rief deshalb einen Ukraine-Stab ins Leben, dem auch sie angehört. Auf der Kantonswebsite mit in Ukrainisch übersetzten Merkblättern und wöchentlichen Chat-Foren mit den Gemeindevertretenden sollte der Informationsaustausch funktionieren.
Bis Ende Mai hatten sich in der Schweiz etwas über 50'000 Personen aus der Ukraine als Flüchtlinge mit dem Schutzstatus S registriert. Das Staatssekretariat für Migration gehe laut Brugger Kalfidis davon aus, dass bis Ende September weitere 80’000 bis 120’000 Schutzsuchende eintreffen könnten.
Bis jetzt hat der Kanton Aargau rund 4400 Personen vom Bundesasylzentrum zugewiesen erhalten. Eine der grössten Herausforderungen sei es für Kanton und Gemeinden, die Unterbringung zu planen. Aktuell sind es drei Standbeine, auf die sich die Geflüchteten im Aargau verteilen. Der grösste Teil (75%) lebt bei Privaten, 17% in kommunalen und 8% in kantonalen Unterkünften.
«Die Kapazitätsplanung der Reserveplätze, die alle Angebote umfasst, geht von verschiedenen Szenarien in den kommenden Monaten aus. Jede Planung birgt gewisse Risiken, weil man nicht weiss, wie viele Menschen noch kommen. Aber lieber etwas zu viele Plätze bereithalten als zu wenige. Wir spüren, dass sich die Gemeinden sehr engagieren», sagt Brugger Kalfidis.
Knacknüsse für die Kommunen sind die Bereitstellung von personellen Ressourcen bei der Betreuung der Flüchtlinge, die passende Anzahl Unterkünfte und die vielen Privatunterbringungen. «Der Kanton unterstützt mit finanziellen Beiträgen. Übers Ganze gesehen, sollten Ihre zusätzlichen Kosten so gedeckt sein», erklärt die KSD-Leiterin den Ammännern.
Bei der Unterbringung versuchen die Gemeinden zusätzlich verfügbare Wohnungen anzumieten. Oberlunkhofens Ammann Alain Maître beispielsweise gab Brugger Kalfidis in der Fragerunde zu bedenken, dass sich die Anmietkosten je nach Region sehr unterschiedlich präsentieren. «Das ist für die Gemeinden preislich bei der Suche eine Herausforderung», so Maître.
Die Wohnungsproblematik warf auch Bremgartens Stadtammann Raymond Tellenbach in die Diskussion ein. Es könne unter Umständen zu einer Zwei-Klassen-Flüchtlingsgesellschaft kommen. «Nämlich dann, wenn uns die Wohnungen ausgehen und wir die Menschen in anderen Unterkünften, im schlimmsten Fall in Zelten, unterbringen müssen», so Tellenbach. Für Brugger Kalfidis ist diesbezüglich klar, dass auch der Kanton beim Suchen von Unterkünften dran bleiben muss.