Die Maturarbeit des Wohler Kantonsschülers Felix Jäger handelt von der vor 19 Jahren eröffneten Stadtumfahrung Bremgarten. Seine 40-seitige Arbeit vermittelt einige überraschende Einblicke in die Vergangenheit.
Als Abschlussarbeit an der Kantonsschule Wohlen hat Felix Jäger ein spannendes Thema spannend umgesetzt. Der in Bremgarten wohnende 19 1⁄2-Jährige befasste sich mit der 5 Kilometer langen Stadtumfahrung Bremgarten, die seit 1994 befahren wird.
Seine 40-seitige Maturarbeit vermittelt einige überraschende Einblicke zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Bauwerks.
Seit der Eröffnung der Umfahrung hat sich der Durchgangsverkehr stark entwickelt. 1994 rollten im Schnitt täglich 15 800 Fahrzeuge auf der Umfahrung, 2011 waren es 22 600 Fahrzeuge. «Dieses Wachstum von 43 % innert 17 Jahren
hat mich überrascht», sagt Felix Jäger. Zu glauben, dass mit dem Bau der Umfahrung alle Bremgarter Verkehrsprobleme gelöst würden, sei eine krasse Fehleinschätzung gewesen. «Zu den Stosszeiten bilden sich auf der Umfahrung regelmässig Staus». Vermutlich würden zwei noch nicht beschlossene Nachbesserungen - Doppelkreisel Oberebene und Grosskreisel Knoten Bibenlos - die Prob-
leme entschärfen. Vorteilhafter
sei aber, das Verkehrswachstum zu bremsen, statt die Strassen dem Wachstum anzupassen.
Wege dazu: stärkere Verlagerung von Strasse auf öV, verdichtetes Wohnen, Road Pricing, Einschränkungen im Freizeitverhalten. (sl)
Kerntangente oder Umfahrung?
Dass die weiträumige Umfahrung über das Gebiet Fohlenweide samt der Verkehrsspange Oberebene realisiert wurde, nimmt man heute fast als Selbstverständlichkeit zur Kenntnis.
Die Realität sah aber anders aus, wie Felix Jäger darlegt. So kämpften der Stadtrat und das Lokalgewerbe für eine andere Lösung, die Kerntangente. Diese Kurzverbindung hätte ab der Wohlerstrasse rechts am Casino vorbei über eine neue Reussbrücke zum Obertorplatz geführt.
Auch weil diese Kerntangente vergleichsweise preiswert zu haben gewesen wäre – man sprach damals von Gesamtkosten von 15 Mio. Franken – und zügig hätte verwirklicht werden können, engagierte sich die Bremgarter Stadtbehörde stark für diese Variante.
Eine ausserordentliche Gemeindeversammlung 1980 zur Verkehrssanierung brachte die Wende. Zwei Drittel der Anwesenden sprachen sich gegen die Kerntangente und für die Umfahrung aus. Hauptargument: Nur eine weiträumige Umfahrung verspreche eine wirksame Verkehrsentlastung in der Altstadt.
Von 40 auf 81 Millionen Franken
«Nach dem klaren Versammlungsbeschluss stiegen der Stadtrat Bremgarten sowie die Kantonsstellen auf die weiträumige Variante um», hält Jäger fest. Bald lag ein erstes Umfahrungsprojekt mit einer Kostenschätzung in der Höhe von 40 Millionen Franken vor.
Bremgartens Einwohner stimmten zu, 1984 hiess auch das Kantonsparlament das Grossvorhaben gut. Nach fünfjähriger Planungs- und Vorbereitungszeit konnte die Bauerei 1989 angepackt werden. Fünfeinhalb Jahre dauerten die Arbeiten, 1994 konnte die Umfahrung dem Verkehr übergeben werden.
Dass das Strassenwerk mit den diversen Kunstbauten (neue Reussbrücke «Struss» oder Tagbautunnel «Im Chessel») deutlich kostspieliger werden könnte als geplant, zeichnete sich 1986 ab.
Die damalige detaillierte Kostenschätzung lag bei 53,5 Mio. Franken, zuzüglich Teuerung, zuzüglich Umlegung von Werkleitungen (Abwasser, Wasser, Strom).
Effektiv gekostet hat das Bremgarter Jahrhundertwerk alles in allem 81,3 Mio. Franken. Mehr als 54 Millionen Franken berappte der Kanton Aargau, rund 15,5 Millionen steuerte der Bund bei und Bremgarten zahlte 11,5 Millionen Franken.
Hauptgrund der massiven Kostenüberschreitung war die galoppierende Teuerung in der Planungs- und Erstellungszeit. Die Teuerung verursachte Mehrkosten von 19,5 Mio. Franken.
«Altstadt sehr attraktiv geworden»
Was hat die Umfahrung gebracht? «Die verkehrsarme Altstadt ist für Anwohner sehr attraktiv geworden», führt Felix Jäger aus, «ihre Wohn- und Lebensqualität sind stark gestiegen.»
Weitere Pluspunkte: Wegen der Verkehrsberuhigung sei die Marktgasse zu einer Fussgängerzone ausgebaut worden, und die Hausbesitzer entlang der Hauptgassen hätten die Gebäudefassaden nach und nach vom Russ befreien und erneuern können.
«Auch wenn die Umfahrung viel gekostet hat und noch einige Kosten nach sich ziehen wird, ist sie doch der Schlüssel zu einem schöneren, lebenswerten Bremgarten.»
Was wäre bei der Realisierung der günstigeren Kerntangente passiert? «Die Altstadt wäre weniger attraktiv, der Verkehr würde sehr nahe an der Altstadt vorbeigehen.
Die Unterstadt hätte man via Marktgasse/Bogen oder Holzbrücke erschlossen, was einen beträchtlichen innerstädtischen Verkehr bewirkt hätte», hält Jäger fest.