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Die Primarschule Rottenschwil wurde dieses Jahr zum ersten Mal für den LISSA-Preis nominiert. Fest steht: An der Preisverleihung von heute Abend in Brugg werden die Rottenschwiler als einzige Aargauer Schule ausgezeichnet.
Die Primarschule Rottenschwil wurde dieses Jahr zum ersten Mal für den LISSA-Preis nominiert. An der Preisverleihung heute Abend an der FHNW in Brugg wird entschieden, welchen der ersten drei Plätze die Schule belegen wird. Fest steht: Rottenschwil ist die einzige Aargauer Schule, die ausgezeichnet wird.
Bereits vor zwei Jahren wurde die Schule Rottenschwil vom LISSA-Preis angefragt, sich für die Preisverleihung anzumelden. Damals fühlte man sich in Rottenschwil aber noch nicht bereit, weil das eigene Förderungsprogramm nach Meinung der Schulleitung noch nicht genügend ausgereift war. Der LISSA-Preis zeichnet in der Deutschschweiz Schulen aus, die durch ihre überzeugenden Projekte zur Stärkenförderung aller Schüler auffallen.
Gezielte Unterstützung
Die Idee, Kinder mit individuellen Stärken spezifisch zu fördern, hat ihren Ursprung in einem aussergewöhnlichen Schüler. Vor rund sechs Jahren besuchte ein Kind die Schule Rottenschwil, das trotz guter Voraussetzungen nicht die erwarteten schulischen Leistungen erbrachte. Das Kind war schlicht nicht fähig, sein Können zu zeigen. Aufgrund dessen beschloss die Schulleitung, ein von einem Spezialisten geführtes Begabungsatelier einzurichten. Neben der normalen Schule hatte das Kind durch intensive Betreuung die Chance, seine Stärken zu entfalten. Das Projekt erfreute sich grosser Beliebtheit, weshalb bald auch andere Schüler das Atelier besuchten. So wurde das Konzept zunehmend verfeinert und ein spezielles Förderungsprogramm ausgearbeitet. Mittlerweile profitieren alle Schüler davon. Durch die Möglichkeit, eigene Interessen und Aufgaben zu verbinden, sollte sich die Arbeit nicht mehr als solche anfühlen, sondern Spass und Entdeckerlust wecken. Im Idealfall gehen die Kinder komplett anders mit ihren Aufgabenbereichen um und erzielen zusätzlich bessere Leistungen.
Auszeichnung für alle
Um die neue Lernmethode überhaupt zu ermöglichen, ist die Hilfe kompetenter Lehrpersonen nötig. So betont Niels Anderegg, ehemaliger Schulleiter und Heilpädagoge, ausdrücklich: «Der LISSA-Preis gebührt in erster Linie nicht der Schule, sondern vielmehr der Zusammenarbeit von Schülern und Lehrern.»
Aber wie funktioniert das Modell in der Praxis? Ein Beispiel: Ein Mädchen beschäftigt sich mit den Grössen verschiedener Säugetiere – das Grösste ist der Blauwal. Ihr fällt es jedoch schwer, sich sein Ausmass wirklich vor Augen zu führen. Um eine Vorstellung von der wirklichen Grösse eines solchen Kolosses zu kriegen, beginnt sie auf Anweisung einer Lehrerin, mit Massband und Kreide bewaffnet einen massstabgetreuen Blauwal auf den Flussballplatz zu malen. Mit Interesse stossen weitere Kinder dazu und setzen sich mit dem Säugetier auseinander. Sie führen Recherchen durch und diskutieren darüber im Plenum. Unbewusst findet so eine nachhaltige Wissensvermittlung statt, wobei dies die Kinder nicht als Arbeit, sondern viel mehr als Vergnügen betrachten sollen. Sie werden nach und nach zu kleinen Spezialisten auf diesem Gebiet.
Reaktionen sind positiv
Während Eltern dieser Art des Lernens teilweise kritisch, jedoch überwiegend positiv gegenüberstehen würden, seien die Kinder begeistert: «Wir erhalten von unseren Schülern hohe Zustimmung», freut sich Niels Anderegg. Um auch aussenstehenden Leuten die Möglichkeit einer solchen Lernmethode bieten zu können, öffnet das Atelier jeden Montagnachmittag für Interne und Externe aller Stufen. Gleichzeitig ist es als Eltern von Gemeinden ausserhalb möglich, seine Kinder fest an der Schule Rottenschwil anzumelden. Niels Anderegg und Manuela Müller, Schulleiterin, sind der Überzeugung, dass diese Methode des Lernens für die neue Generation zwingend ist, um in der flexiblen Arbeitswelt bestehen zu können. Starres Auswendiglernen sei in der heutigen Zeit, in welcher man nach Belieben eine komplett andere Karriere einschlagen kann, eher ein Hindernis als eine Hilfe.
Auf die Frage, was die Schule mit dem Preisgeld vorhat, antwortet Andergg: «Ich träume schon lange von einem einwöchigen Forschungscamp für interne und externe Kinder, welches in den Sommerferien stattfinden soll.»