Bezirksgericht Muri
Für ihn hat der letzte Gong geschlagen: 52-Jähriger betrog das Betreibungsamt, um seine Schulden zu bezahlen

Er hat das Betreibungsamt um rund 12'000 Franken betrogen und auch in den Jahren zuvor bereits mit Finanzdelikten auf sich aufmerksam gemacht. Nun musste sich ein Oberfreiämter vor dem Bezirksgericht Muri verantworten.

Melanie Burgener
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Ein 52-Jähriger aus dem Oberfreiamt musste sich wegen seiner Betrügereien vor dem Bezirksgericht Muri verantworten.

Ein 52-Jähriger aus dem Oberfreiamt musste sich wegen seiner Betrügereien vor dem Bezirksgericht Muri verantworten.

Marc Ribolla

«Ich stand vor diesem Schuldenberg und habe keinen anderen Ausweg gesehen. Es tut mir mega leid.» Dass sich der 52-jährige Thomas (Name geändert) im Gerichtssaal reuig zeigte und seine Taten alle gestand, kam ihm bei seinem Strafmass zugute. Verurteilt wurde der zugezogene Oberfreiämter trotzdem.

Denn sein Erscheinen vor dem Bezirksgericht Muri war nicht sein erstes Treffen mit den Justizvollziehern. Bereits in der Vergangenheit sorgte er mit diversen Delikten für Aufmerksamkeit. Veruntreuung, Zechprellerei, Betrug – die Liste seiner Vorstrafen, alle im Finanzbereich, ist lang.

Regelmässiges Einkommen verheimlicht

Bei seinen jüngsten Vergehen handelte es sich um mehrfachen betrügerischen Konkurs und Pfändungsbetrug. Im Zeitraum vom 4. Januar bis am 29. Juni des vergangenen Jahres wurden beim Beschuldigten fünf Pfändungen vollzogen. Dass er zu dieser Zeit Arbeitslosentaggeld bezog, deklarierte er zwar.

Doch dass er zusätzlich ein regelmässiges Einkommen von einem Temporärbüro erhielt, verheimlichte Thomas sowohl dem Betreibungsamt als auch der Arbeitslosenversicherung. 12'250.45 Franken waren es, die eigentlich den Gläubigern zugestanden hätten, die er jedoch für sich abgezogen hat. Dafür forderte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten eine unbedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Der Schuldenberg häuft sich seit seiner Lehre an

Der Auslöser für die Schuldenspirale liege in seiner Jugend, so der 52-Jährige. «Mit 16 Jahren, ich war in der ersten Woche meiner Lehre, wurde ich aus dem Elternhaus geschmissen», erzählte der alleinstehende Mann dem Gerichtspräsidenten Markus Koch. Seither habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie.

«Ich habe damals gedacht, dass ich es selbst über die Runden schaffe», sagte Thomas. Doch habe der tiefe Lohn in der Gastronomie nicht gereicht, um sich über Wasser zu halten, und schon gar nicht, um seine immer höher werdenden Schulden zu tilgen.

«Ich konnte meine Miete nicht bezahlen und habe deshalb meine Wohnung verloren. Danach zog ich in ein Hotelzimmer, für das ich ebenfalls kein Geld hatte», beschrieb der Beschuldigte den Anfang seiner Abwärtsspirale. Heute habe er nicht einmal mehr eine Krankenversicherung, weil er sich die Prämie nicht leisten könne, unterstütze ihn seine Anwältin.

«Jetzt hat der letzte Gong geschlagen»

Um bei den zuständigen Ämtern um Hilfe zu bitten, schämte er sich zu sehr. So sei es auch dazu gekommen, dass er im vergangenen Jahr probiert habe, einen Teil seiner Schulden selbst abzubezahlen. «Ich wollte mit dem Geld, das ich durch meine neue Anstellung verdiente, meine immensen Rechnungen von Versicherungen und einer Garagenreparatur bezahlen», erzählt er. Luxusgüter oder Ferien habe er sich damit nicht geleistet, wie er beteuerte.

«Der Druck war einfach zu gross. Also habe ich gelogen, obwohl ich wusste, dass ich mich damit strafbar mache», sagte er. Das sei falsch gelaufen, wie so vieles in seinem Leben. Er ergänzte:

«Aber jetzt hat der letzte Gong geschlagen. Mir ist klar, dass das so nicht weitergehen kann und ich mir Hilfe hohlen muss.»

Das riet ihm auch der Gerichtspräsident, der seine Geschichte aus der Jugend nicht als Entschuldigung anerkannte. «Es gibt viele solche Schicksalsschläge, doch die führen nicht bei allen zu Delinquenzen», betonte er. Auch, dass der Angeklagte vor vier Wochen erneut eine Stelle angetreten ist, die er bis heute noch nicht dem Betreibungsamt gemeldet habe, liess Koch stutzen. «Das sollte das Erste sein, was Sie tun, sobald Sie den Gerichtssaal verlassen», mahnte Koch ihn.

Die Strafe wurde gemildert, die Probezeit verlängert

Dennoch hatte Markus Koch noch Hoffnung für den Beschuldigten. «Ich glaube Ihnen, dass Sie heute zum letzten Mal vor Gericht sind. Ich hoffe, Sie enttäuschen mich nicht», sagte er bei der Verkündung des Urteils. Dieses fiel milder aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert. «Es war kein riesiger Deliktsbetrag, da gibt es Schäden in ganz anderen Grössen», sagte Koch.

Straferhöhend hätte sich jedoch ausgewirkt, dass Thomas bereits vorbestraft ist. «Ich verurteile Sie zu acht Monaten Freiheitsstrafe bedingt mit einer Probezeit von vier Jahren», lautete Kochs Urteil. Die Probezeit habe er bewusst so lange angesetzt. «Sie sind kein blauäugiger Ersttäter mehr. Damit schwebt in den kommenden vier Jahren ein Damoklesschwert über Ihnen, das hoffentlich dafür sorgt, dass Sie deliktfrei bleiben.»

Sollte ihm das keine Lehre gewesen sein, drohe ihm eine Gefängniskarriere. «Und ich glaube nicht, dass Sie das mit 52 noch anfangen wollen», so Koch.