Bezirksgericht Bremgarten
Bestellung von der Nummer der Ehefrau aus – Elektromonteur musste sich vor dem Richter verantworten

Das Bezirksgericht Bremgarten urteilte über einen Elektromonteur, der seinen Ex-Arbeitgeber betrogen haben soll. Es ging um Bestellungen bei einem Elektromaterialgrossisten Waren im Gesamtwert von rund 8900 Franken.

Marc Ribolla
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Das Rathaus von Bremgarten, in dem sich auch das Bezirksgericht befindet.

Das Rathaus von Bremgarten, in dem sich auch das Bezirksgericht befindet.

Aargauer Zeitung

«Hatten Sie ein Rachebedürfnis gehabt», wollte Richterin Corinne Moser vom Beschuldigten in der persönlichen Befragung konkret wissen. Ihr gegenüber sass der 41-jährige Elektromonteur Manuel (Name geändert) aus der Region. Er musste sich vor dem Bezirksgericht Bremgarten wegen Betrugs verantworten, den ihm die Staatsanwaltschaft in einem Strafbefehl, den er weiterzog, vorwarf. «Nein, überhaupt nicht», antwortete der Beschuldigte auf Mosers Frage.

Gemäss der Anklageschrift soll er rund zwei Monate nach seinem Abgang bei seinem Ex-Arbeitgeber, der Firma Kabel AG (Name geändert), in dessen Namen telefonisch bei einem Elektromaterialgrossisten Waren im Gesamtwert von rund 8900 Franken bestellt und unter dem Namen eines anderen Mitarbeiters abgeholt haben. Dazu soll er für die Bestellung das Mobiltelefon seiner Ehefrau benutzt haben – und bei der Abholung zusätzlich den Verweis auf ein bestimmtes Projekt getätigt haben.

Auf ordentliche Kündigung folgte prompt die fristlose

Hinter dem Fall steckt aber mehr als nur der geschilderte Vorfall vom Winter 2019, wie sich im Laufe der Verhandlung zeigte. Nach eigener Aussage hatte Manuel von der Strafanzeige wegen Betrugs, die der Inhaber der Kabel AG eingereicht hatte, erst bei einer Schlichtungsverhandlung vor dem Arbeitsgericht erfahren. Und fiel aus allen Wolken.

«Dieser Vorwurf stimmt nicht. Ich habe überhaupt nichts damit zu tun», erklärte Manuel weiter. Es fiel ihm sichtlich schwer, bei der Befragung durch Richterin Moser klare Gedanken zu fassen und zu fokussieren. Manuel spürt nach wie vor die Auswirkungen eines Unfalls als Kind und erlitt vor ein paar Jahren ein Burn-out. Seither ist er regelmässig in Therapie und sein Arbeitspensum bei der Kabel AG schwankte. Er kündigte seine Stelle von sich aus ordentlich und erhielt prompt die fristlose Kündigung. «Ich war eher überrascht darüber als frustriert», sagte Manuel, der sich in jener Causa aussergerichtlich einigen konnte.

Einzelrichterin Moser versuchte, weiter Licht in die Sache zu bringen. Ob er den Mann und das Projekt, unter dessen Namen er die Waren abgeholt haben soll, kenne. «Nein, ich habe gar nichts mit dem Projekt zu tun gehabt und ihn kenne ich nur flüchtig», meinte Manuel. Weshalb die Nummer seiner Ehefrau in den Bestellunterlagen auftauchte, konnte er vor Gericht ebenso wenig plausibel erklären. «Sie hat auch nicht angerufen», sagte er.

«Lügengebilde fällt in sich zusammen»

Manuels Verteidiger setzte in seinem Plädoyer vor allem auf die Beweisführung und die mangelnde Glaubwürdigkeit des Kabel-AG-Inhabers. «Die Beweismittel sind dürftig und stützen sich nur auf dessen Aussage. Die Staatsanwaltschaft hat nicht mal ansatzweise recherchiert», so der Anwalt.

Er führte mehrere Kritikpunkte an. So sei zum Beispiel in der fraglichen Zeit kein Bestellanruf registriert worden. Zudem sei auch die Person, die die Bestellung an den Angeklagten übergeben haben soll, nie befragt worden. Es sei nicht mal das Datum bekannt und die persönliche Abholung durch Manuel weder durch Videoaufnahmen noch Protokolle oder Quittungen belegt. «Die Kabel AG benutzte die Betrugsvorwürfe als nachträgliche Legitimation der fristlosen Kündigung», erklärte der Anwalt. Man müsse sich auch fragen, weshalb die Kabel AG den behaupteten Schaden nicht zivilrechtlich einklage. «Das Lügengebilde, das konstruiert wurde, fällt in sich zusammen.»

Richterin Moser sprach Manuel im Urteil vom Betrugsvorwurf frei und sprach ihm eine Entschädigung von 3500 Franken zu. «Vieles in diesem Fall ist unklar. Es gibt Indizien, aber keine Beweise. Deshalb gilt im Zweifel für den Angeklagten.»