Schweizergarde
Beförderung zum Hauptmann: Dieser Aargauer beschützt seit 20 Jahren den Papst

Als Lorenz Keusch aus Boswil der Schweizergarde beitrat, hätte er nicht gedacht, dass er 20 Jahre später immer noch den Papst beschützt. Eine Erinnerung ist ihm speziell im Herzen geblieben.

Andrea Weibel
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Lorenz Keusch gehört der Schweizergarde an: «Bereits im ersten Dienstjahr hatte ich meine heutige Ehefrau kennengelernt.»

Lorenz Keusch gehört der Schweizergarde an: «Bereits im ersten Dienstjahr hatte ich meine heutige Ehefrau kennengelernt.»

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Ob im unauffälligen, schicken schwarzen Anzug oder mit dem doch eher auffälligen roten Federbusch auf dem Helm: Seit 20 Jahren ist es der Job des Boswilers Lorenz Keusch, den Papst zu beschützen. Seit diesem Jahr sogar als Hauptmann der Schweizer Garde. Dabei hätte er zu Beginn seiner Karriere nie gedacht, dass er einmal 20 Jahre in Rom verbringen würde. «Wie alle Jungwächtler und Ministranten im Freiamt hatte ich die Erzählungen der ehemaligen Gardisten aus der Region gehört.»

So reifte der Wunsch in ihm, ebenfalls in die Garde einzutreten. Dafür musste er aber eine Ausbildung ­­- «ich habe im schönen Hotel Sonne in Bremgarten an der Reuss Koch gelernt» - sowie die Rekrutenschule absolvieren. Er verpflichtete sich für zwei Jahre. «Niemand hatte auch nur im Entferntesten gedacht, dass 20 Jahre daraus werden würden. Das Wort Karriere war nie Thema», sagt er heute.

Meilensteine, die ihn zum Weitermachen führten

Doch dann ging alles «Schlag auf Schlag», erinnert sich Keusch. «Bereits im ersten Dienstjahr hatte ich meine heutige Ehefrau kennengelernt. Danach wurde ich befördert.» In den Jahren darauf folgten so viele geschichtliche Meilensteine in Rom, dass er immer wieder einen Grund fand, um zu bleiben.

Beispielsweise wurde ein neuer Papst gewählt. 2006 feierte die Garde ihr 500-jähriges Bestehen. Im Jahr darauf wurde Keusch erneut befördert, sodass er seine Frau nach altem Reglement heiraten durfte. «Unser Christian kam zur Welt und anderthalb Jahre darauf kam Anna dazu.»

Lorenz Keusch begleitet den Papst auf seinen Reisen durch die Welt.

Lorenz Keusch begleitet den Papst auf seinen Reisen durch die Welt.

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Im Job bildete sich der Boswiler immer weiter, unter anderem im Schutzdetachement Bundesrat, ausserdem schloss er die Ausbildung zum Fachmann für Sicherheit und Bewachung ab. «2013 folgten überraschend der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. und die Wahl von Papst Franziskus.»

2017 absolvierte er die Handelsschule St. Gallen und wurde zum Wachtmeister befördert. «Unterdessen kamen die Papstreisen um die ganze Welt dazu und nun die Beförderung zum Hauptmann. Ich kann nur sagen, dass wirklich stets ein guter Grund zum Weitermachen bestand.»

Er vermisst Mohrenköpfe und Schweizer Sauberkeit

Als Hauptmann trägt er viel Verantwortung. Doch es sei klar, «dass ich mich freue und mit Elan und Gottvertrauen an die neue Herausforderung wage», sagt Lorenz Keusch. «Nebst der turnusmässigen Aufgabe des Dienstoffiziers, also der Verantwortung über die gesamte im Einsatz stehende Truppe, kommt in meinem Falle die Aufgabe des Logistikoffiziers: Ich habe die Verantwortung über Quartier, Material und Verpflegung.» Ebenso hat er die Führung über eines der drei Geschwader, also rund 30 Mann.

Vermisst er die Schweiz? Keusch erklärt: «Das Heimweh wurde einst auch als Schweizerkrankheit bezeichnet. Selbst nach 20 Jahren im Ausland kann ich dem noch nachempfinden. Ich schätze gewisse Dinge vielmehr, wenn ich in der Schweiz bin, zum Beispiel die Mohrenköpfe aus Waltenschwil oder Cremeschnitten, Sauberkeit und Service public.»

Zum Vergleich zwischen Rom und der Schweiz sagt er: «Es ist in etwa, wie wenn man von Zürich nach Bern fährt, jedoch in erhöhtem Masse. Andere Gepflogenheiten, Sprache, ein entschleunigter Lebensrhythmus. Ein gutes Glas Wein in lauschiger Trattoria steht als Sinnbild dafür.» Ein- bis zweimal jährlich besucht er seine Familie in der Schweiz oder sie ihn in Rom.

Eine Taufe in der Sixtinischen Kapelle

In all den Jahren hat er viele schöne Momente erlebt. «Hervorheben möchte ich die unzähligen Begegnungen mit dem Heiligen Vater. Sei dies in der Vatikanstadt, in Italien und auf den Apostolischen Reisen rund um den Globus.» Die Reisen mit dem Papst, die den Kadern vorbehalten sind, sind für ihn besonders herausragend.

Die Erfüllung des Auftrages sei nicht immer einfach, doch die Erlebnisse und Begegnungen mit Menschen und deren Freude, den Papst zu sehen, seien unvergesslich. «Ob in Mexiko, Bangladesch, Ägypten, Irland, immer fanden unzählige beeindruckende, schöne aber auch nachdenklich stimmende Momente ihren Weg in Gedächtnis und Herz.»

Eine Erinnerung ist ihm speziell im Herzen geblieben. Immer in den ersten Januartagen tauft der Papst eine Kinderschar in der Sixtinischen Kapelle. 2009 war das Papst Benedikt XVI. «Da unser Christian am Weihnachtstag zur Welt gekommen war, bot sich für uns jene Möglichkeit. Umgeben von Michelangelos Meisterwerken, am Ort der Papstwahl, hiessen wir unseren Sohn in der Gemeinschaft der Christen willkommen. Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit dass diese Begebenheiten und unzählige weitere, nun Teil meines Lebens sind.»