Step 2035
Bahnausbau bräuchte Nord-Süd-Achse – Nationalrat Matthias Jauslin kritisiert den «Speckgürtel»

FDP-Nationalrat Matthias Jauslin bemängelt, dass die Entwicklungsregion Zug-Rotkreuz bei der Streckenplanung vergessen wird

Christian Breitschmid
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Sandra Ardizzone

Der nächste grosse Bahnausbauschritt, im Politjargon Step 2035 geheissen, wurde vom Bundesrat am Tag vor Allerheiligen präsentiert und in dieser Zeitung als «kleines Abschiedsgeschenk» von Bundesrätin Doris Leuthard an ihren Heimatkanton betitelt.

Tatsächlich hat der Bund das Fernverkehrsangebot im Kanton stark verdichtet und sorgt mit der «Systematisierung Mittelland» dafür, dass in Zukunft alle Züge halbstündlich und mit fixen Endpunkten verkehren. Aus der Überlagerung dieses Halbstundentaktes ergibt sich auf diversen Abschnitten dann ein Viertelstundentakt.

Gemäss neuer Vorlage soll die S-Bahn zwischen Lenzburg und Wohlen viertelstündlich fahren, ebenso die Regioexpresszüge Brugg–Baden–Zürich, Aarau-Lenzburg–Zürich und Baden–Aarau. Jede halbe Stunde wird auch ein Intercity in Aarau Halt machen. So weit, so gut. Bei näherer Betrachtung der Step-2035-Pläne fällt auf, dass sich alle Verbesserungen im Bereich des Bahnverkehrs auf die Ost-West-Achse beziehen. «Das ist ein grundsätzliches Problem», sagt dazu der Wohler FDP-Nationalrat und Zugfahrer Matthias Jauslin, «aber weder der Kanton noch der Bund wollen dieses Problem erkennen.» Bei der Vorlage Step 2035 gehe es primär um Investitionen. «Es geht darum, den Fernverkehr durch notwendige bauliche Massnahmen zu verbessern. Dafür braucht es praktisch baureife Projekte und die liegen weder im Freiamt noch im Fricktal vor. Da müsste sich der Kanton stärker ins Zeug legen und überzeugende Planungen präsentieren.»

«Speckgürtel» kam gut weg

Schon lange stört sich Jauslin daran, dass bei der Fernverkehrsplanung des Bundes und des Kantons die Nord–Süd–Achse, von Basel via Lenzburg–Freiamt–Rotkreuz ins Tessin, keine Beachtung findet. «Der Speckgürtel, Baden–Aarau–Zofingen, kann mit dem Resultat zufrieden sein. Dem Freiamt und dem Fricktal bringt der Viertelstundentakt zu wenig. Auch eine andere Strecke, die S 42 von Muri via Wohlen, Hendschiken, Dietikon zum Hauptbahnhof Zürich, wird nicht erwähnt. Dabei ist das ein wichtiges Anliegen der Freiämter.»

Jauslin hat gute Gründe, immer wieder auf die wenig beachtete Nord-Süd-Achse durchs Freiamt hinzuweisen: «Auch der Regierungsrat vergisst bei seinen Überlegungen immer das Entwicklungsgebiet Zug–Rotkreuz. Das ist ein wachsender Wirtschaftsraum. Der braucht gute Verbindungen. Es ist doch unsinnig, den ganzen Nord-Süd-Verkehr über Zürich leiten zu wollen und damit die Überlast im HB Zürich weiter zu verschärfen, wenn auch über das Freiamt ausgewichen werden könnte.»

Ein Vorstoss von Matthias Jauslin und Herbert Strebel (CVP Muri) liegt seit Sommer 2012 beim Regierungsrat. Er fordert die schnelle Anbindung des Freiamts an die Neat-Linie ab 2016. «Der Vorstoss ist noch nicht behandelt», hält Jauslin lakonisch fest. Es läge eine Studie vor, gemäss derer die Passagierzahlen im Freiamt für einen Regioexpress nicht ausreichen würden. «Aber wenn der Regioexpress da wäre, dann würde er auch genutzt», ist Jauslin überzeugt. «Das ist eine Frage von Angebot und Nachfrage.»

Durchdachte Feinverteilung

Der engagierte öV-Förderer konzentriert sich aber nicht nur auf «seine» Nord-Süd-Achse. Er bedauert, dass der 2. Heitersbergtunnel keinen Platz im Step 2035 gefunden hat. Immerhin sei die Planung für die Direktverbindung Zürich–Aarau enthalten. «Man darf im Aargau nicht einfach nur auf die Ost-West-Linie schauen. Meine Vorstellung wäre die, dass alle Intercityzüge mindestens einmal auf ihrem Weg durch den Aargau anhalten müssten. Von diesen Haltestellen aus muss es eine gute Feinverteilung geben.» Alleine die Vorstellung, in weniger als zwei Stunden aus dem Aargau im Tessin zu sein, überzeugt jeden Sonnenanbeter.