Sarmenstorf
Auf diesen Stühlen sitzen Generationen

Die Metallwarenfabrik Sarmenstorf (Mesa) feiert ihren 70. Geburtstag – ihre Produkte sind zeitlos. «Es macht mich stolz, wenn Kunden Produkte bringen, die nach 30 oder 40 Jahren bis auf einen kleinen Defekt noch tadellos aussehen und funktionieren.»

Toni Widmer
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Evelyne Joho-Baur und ihr Bruder Stephan Baur in der Mesa-Stuhlgalerie – im Vordergrund das Urmodell 13-5 AR in Schwarz und natur lackiert. Toni Widmer

Evelyne Joho-Baur und ihr Bruder Stephan Baur in der Mesa-Stuhlgalerie – im Vordergrund das Urmodell 13-5 AR in Schwarz und natur lackiert. Toni Widmer

Toni Widmer

Im renommierten Zürcher Architekturbüro Em2n sitzen die Mitarbeitenden auf Stühlen, deren Konzept und Design vor 70 Jahren in einem Freiämter Familienbetrieb entwickelt worden ist.

«Der Stuhl ist robust, bequem und obwohl es ihn schon sehr lange gibt, hat er dank dem zeitlosen Design nichts an Aktualität verloren. Er passt zu uns und zu unserer modernen, zeitgenössischen Architektur», sagte Architekt Daniel Niggli in einem Beitrag, den SRF Aktuell 2010 über die Metallwarenfabrik Sarmenstorf (Mesa) gedreht hat.

Heute wird die Mesa 70 Jahre alt. Und noch immer werden am Pilatusweg in Sarmenstorf Stühle, Stapel- und Barhocker, Tische und Gartenmöbel hergestellt. Sie unterscheiden sich in Konstruktion und Design nur unwesentlich von jenen Produkten, die von der Firma in den 50er-Jahren an der Basler Mustermesse präsentiert worden sind. Es gibt den Bürostuhl mit Klemmverstellung, abgefedert oder nicht abgefedert und es gibt den Bürostuhl mit Gasdruckverstellung. Man kann Stapelhocker kaufen, Barhocker oder Klavierhocker. Bei der Polsterung hat man die Wahl zwischen Wollstoff und Kunstleder, die Farbgebung ist flexibel.

Nach wie vor Handarbeit

In der Mesa ist nach wie vor praktisch alles Handarbeit. Die Maschinen, mit denen Stephan Baur das Metall für Stühle, Tische und Gartenmöbel schneidet und biegt, haben schon Grossvater Max und Vater Roman eingesetzt. «Einige davon sind über 100 Jahre alt», sagt Stephan, der die Firma seit 2013 in der dritten Generation führt, zusammen mit seiner Schwester Evelyne Joho-Baur.

Gegründet worden ist die Mesa am 7. Mai 1946 von den Brüdern Max und Georg Baur, zusammen mit dem Mechaniker Baptist Abt. Max und Georg Baur betrieben damals auch die Blumenfabrik Sarmenstorf an der Bettwilerstrasse. Mit Metallwaren wollten sie sich ein zweites Standbein schaffen. Georg konzentrierte sich bald wieder ganz auf die Blumenfabrik, Max machte mit der Mesa alleine weiter. Er produzierte vorerst Ladengestelle sowie Rettungsschlitten für Zivilschutzorganisationen und Feuerwehren. Dann erfand er den ersten Bürostuhl mit mechanischer und später mit hydraulischer Schnellverstellung und liess diese Konstruktionen patentieren. So etwas hatte es in der Schweiz bisher noch nicht gegeben, entsprechend war die Nachfrage.

Innovativer Tüftler

Max Baur war ein innovativer Tüftler. Er konstruierte Gartenmöbel und Schulmobiliar, das mit den Kindern «wachsen» konnte. Auch die Mesa wuchs. Zeitweise wurden 10 Festangestellt beschäftigt und dazu ein paar Saisonniers. Die Firma ist ein Familienbetrieb geblieben, in dem auch die Besitzer kräftig anpacken und in dem immer wieder innovative Produkte entwickelt worden sind. «Grossvater und Vater haben über Jahrzehnte sogar die Firmenprospekte selber gedruckt, meist am Wochenende, wenn der Produktionsbetrieb ruhte», zeigt Evelyne Joho auf alte Druckmaschinen. Heute zählt die Belegschaft ein halbes Dutzend Leute. Mit dem Geschäftsgang sind Stephan Baur und Evelyne Joho-Baur zufrieden: «Vor allem unsere Stühle sind gefragt. Das zeitlose Design spricht die Leute an und wir profitieren sicher auch vom Retro-Boom», sagt Evelyne Joho. Dauerbrenner ist der 13-5 AR, das Urmodell, welches noch fast gleich aussieht wie damals, als es Grossvater Max auf den Markt gebracht hat. Bis zur Eurokrise habe man sogar nach Deutschland geliefert, jetzt lohne sich das aber nicht mehr.

1990 hat die Mesa eine auf Möbelgleiter spezialisierte Firma übernommen und verfügt seither über ein umfassendes Sortiment von Kunststoff-, Filz- oder Teflon-Gleitern für die verschiedensten Anwendungsgebiete.

Auch Reparaturen sind kein Problem: «Wir haben ein grosses Ersatzteillager und können alles reparieren, was einst bei uns hergestellt worden ist. Wenn ein Teil nicht vorhanden ist, stellen wir es einfach wieder her», erläutert Stephan Baur. Er arbeitet seit bald 40 Jahren im Betrieb und bekommt nicht selten Stühle oder Tische in die Hände, die er vor Jahrzehnten als Lehrling bearbeitet hat: «Es macht mich stolz, wenn Kunden Produkte bringen, die nach einer Lebensdauer von 30 oder 40 Jahren bis auf einen kleinen Defekt noch tadellos aussehen und funktionieren», sagt er. Infos: www.mesaag.ch.