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Aargau
Freiamt
Thomas Meyer war 16 Jahre im Gemeinderat des kleinen Dorfes tätig. Davon leitete er das Gremium während neun Jahren als Ammann.
Thomas Meyer: Ja, auf jeden Fall. Die Zeit als Gemeindeammann und im Gemeinderat war bereichernd und hat mir auf verschiedensten Ebenen viele Erfahrungen gebracht. Ich denke, in unserem föderalistischen Milizsystem müssen sich fähige Leute engagieren, um damit einen wesentlichen Beitrag zum guten und effizienten Funktionieren der öffentlichen Hand leisten zu können. Das Positive an diesem Amt hat überwogen, auch wenn es nicht immer einfach war, allen Anspruchsgruppen (Familie und Beruf) gerecht zu werden.
Da kommen mir spontan zwei Sachen in den Sinn. Erstens unsere 700-Jahr-Feier. Im Gemeinderat haben wir dieses Ereignis fast etwas «verschwitzt» und hatten auch nichts im Budget vorgesehen. Pragmatisch wie wir waren, haben wir respektive mein Gemeinderatskollege Rolf Friedli fast im Alleingang ein kleines, aber feines und auch würdiges Fest für die Bevölkerung ausgerichtet. Die nicht budgetierte Unterdeckung von rund 20 000 Franken konnten wir danach der Gemeindeversammlung problemlos «verkaufen». Und damit wäre ich beim zweiten wichtigen Punkt. Die jährlichen Gemeindeversammlungen stellten immer ein prägendes Ereignis dar. Hier wurde die direkte Demokratie gelebt, und ich durfte bei jeder Versammlung ein hohes Vertrauen gegenüber mir und dem ganzen Gemeinderat spüren. Dies war ein tolles Gefühl und hat motiviert.
Dass man mit Einsprachen bis vor Bundesgericht ein sehr sinnvolles Ausbauprojekt einer Strasse rund zehn Jahre blockieren und verzögern kann, hat mich geärgert. Das Eigeninteresse eines Einzelnen steht somit wegen einer Bagatelle über den Gesamtinteressen einer ganzen Bevölkerung. Auch wenn Privat- und Eigentumsrechte in der Schweiz hohe Güter sind, so wünschte ich mir ab und zu etwas mehr Durchsetzungsmöglichkeiten.
Ich denke, das Baugesetz und den Denkmalschutz hätte ich etwas pragmatischer angewendet. Gerade in ländlichen Gebieten mit älteren, baufälligen Liegenschaften in der Landwirtschaftszone müssten auch vermehrt heutige Bedürfnisse (z. B. nach grösseren Fenstern) berücksichtigt werden. Es mutet immer etwas absurd oder auch heuchlerisch an, wenn bei einem Bauprojekt nur noch eine Hauswand im Unterabstand zu einer Kantonsstrasse stehen bleibt. Hier müssten die Gesetze oder Bewilligungsbehörden mehr Flexibilität zu sinnvollen Lösungen bieten.
Grundsätzlich soll und kann sich jeder Bürger politisch für seine Gemeinde einbringen. Auch abtretende Gemeindeammänner sollen dies tun. Wertvoll für einen aktiven Gemeinderat ist natürlich, wenn ehemalige Behördenmitglieder Anliegen unterstützen. Dies kann vor allem an Gemeindeversammlungen wichtig sein, da Voten von verdienten ehemaligen Behördenmitgliedern noch etwas zählen. So habe ich jeweils Meinungsäusserungen von meinem Vorgänger Peter Koch sehr geschätzt. Vielleicht kann es aber sinnvoll sein, dass, wenn der aktive Gemeinderat nicht vollständig in eine «falsche Richtung läuft», sich der Alt-Gemeindeammann bei anderer Meinung auch mal vornehm zurückhält.