Ärzte im Spital Muri arbeiten viel länger als vom Arbeitsgesetz erlaubt. Das Freiämter Regionalspital ist deshalb im Clinch mit den Gewerkschaften. Die Spitalleitung gibt Fehler zu und verspricht Besserung. Doch Muri ist kein Einzelfall.
Arbeiten bis zum Umfallen: Was vor Jahrzehnten in Schweizer Spitälern üblich war, soll heute nicht mehr vorkommen. Seit zehn Jahren gilt für Assistenz- und Oberärzte das Arbeitsgesetz, wonach diese im Durchschnitt nicht mehr als fünfzig Stunden pro Woche arbeiten dürfen.
Die Realität sieht anders aus. Laut einer Umfrage im Auftrag des Ärzte-Personalverbandes VSAO arbeiten 70 Prozent der Assistenzärzte deutlich mehr. Das berichtet die Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF. Die Zürcher Arbeitsinspektorin Heidi Schreiner sagt: «Es gibt selten Fälle, wo man nicht fündig wird.»
Der Verband der Assistenzärzte macht deshalb in Kino-Spots mit harten Worten auf die Situation aufmerksam: «Spitalärzte müssen viel länger arbeiten als es das Gesetz erlaubt. Das kann tödlich sein. Auch für die Patienten. Schluss damit!»
Arbeitsverstösse gibt es auch am Spital Muri. Das Regionalspital im Oberen Freiamt ist im Visier der Gewerkschaften. Der Vorwurf: Angestellte müssen viel länger arbeiten als erlaubt. Laut Philipp Rahm, Präsident der Aargauer Sektion des Personalverbandes VSAO, arbeiten Angestellte bis 17 Tage am Stück. «Das ist jenseits der gesetzlichen Grenze», kritisiert Rahm gegenüber der «Rundschau». Erlaubt seien laut Gesetz maximal sieben aufeinanderfolgende Arbeitstage.
Das Spital Muri gibt Fehler zu. «Wir haben die Dienstplanung komplett den Kliniken überlassen und nie gross kontrolliert», sagt Spitaldirektor Marco Beng. «Das ist etwas, was wir ändern müssen.»
Laut Experten können sich zu lange Arbeitsstunden negativ auf die Arbeitsleistung auswirken, sprich im schlimmsten Fall Patienten gefährden. Laut einer Studie sind Ärzte, die länger als zehn Stunden am Stück gearbeitet haben, im gleichen Zustand wie mit 0,8 Promille Alkohol im Blut.
Die Studie ist jedoch umstritten, auch bei der Leitung des Spitals Muri. Marco Beng: «Ich würde mich lieber von jemandem operieren lassen, der 80 Stunden gearbeitet hat und über viel Erfahrung verfügt, als von einem Assistenzarzt, der immer um fünf Uhr nachmittags seinen Dienst kompensiert.» (pi)