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Unter dem Motto «Herzen öffnen, nicht Gemeindekassen» findet derzeit in Oberwil-Lieli eine Kundgebung statt. Die zahlreichen Teilnehmer protestieren gegen SVP-Hardliner Andreas Glarner, der in seinem Dorf keine Asylbewerber aufnehmen will.
Die Szenerie mutete skurril an: Da gegen 150 friedliche Leute, die an diesem herrlichen Spätsommernachmittag bei der Bushaltelle «Lieli Dorf» angeregt miteinander diskutierten. Dort eine Handvoll bewaffnete Regionalpolizisten in schusssicheren Westen, die das Geschehen aus sicherer Distanz verfolgten. Sie mussten nicht eingreifen. Die Demonstration gegen die Haltung von Gemeindeammann Andreas Glarner in der Flüchtlingsfrage blieb absolut friedlich.
Die "anderen" Oberwil-Lieler
Gekommen waren gegen 150 Personen. Ältere und jüngere Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder. Der überwiegende Teil davon aus der Gemeinde. Man sah auch vereinzelt regionale Politiker aus dem linken Spektrum, die sich in Szene zu setzen hofften. Die Kundgebung verkam aber nicht zu einer Wahl- beziehungsweise Antiwahlveranstaltung.
Sie wurde zu dem, was die Initiantin Michelle Schuhmacher sich erhofft hatte: «Ich lebe heute in Zürich, bin aber in Oberwil-Lieli aufgewachsen. Das ist noch immer meine Heimat. Die Medienberichte über und um Andreas Glarner haben in mir sehr viel ausgelöst. Konkret hat es mir einfach ‹den Nuggi herausgejagt›, als ich gesehen habe, wie er sich im ARD-Bericht zum Thema geäussert hat.» Die Kundgebung wurde unter den Leitspruch gestellt: «Öffnen wir unsere Herzen, statt die Gemeindekasse.»
Mit dieser Kundgebung wolle man zeigen, dass in Oberwil-Lieli längst nicht alle Leute so denken würden wie Glarner. «Wir sind empört über seine Aussagen zum Thema Flüchtlinge und noch empörter, dass er diese Aussagen im Namen einer ganzen Gemeinde gemacht hat. Oberwil-Lieli ist auch unser Dorf und es gibt hier viele Leute, die gegen Glarners menschenverachtende Politik sind.» Zur Kundgebung aufgerufen hat Schuhmacher mit persönlichen Mails an Leute im Dorf sowie über Facebook. Das Echo habe sie gefreut: «Ich bin spontan von verschiedener Seite unterstützt worden.»
«Ich vertrete keine politische Partei. Ich wohne in Oberwil-Lieli. Hier lebt meine Familie seit Generationen. Aber ich finde es nicht richtig, dass man sich so gegen hilfsbedürftige Menschen wendet, wie das unser Gemeindeammann tut», erklärte Johanna Güdel in ihrer Rede vor den versammelten Menschen.
Nicht einig mit Glarners Politik
In der Berichterstattung zu Glarners Auftritt in der ARD sei der Eindruck vermittelt worden, dass die ganze Gemeinde hinter ihm stehe. «Dem ist nicht so. Ich unterstütze es nicht, dass er 290'000 Franken aus der Gemeindekasse nimmt, damit keine Flüchtlinge in unser Dorf kommen. Mit diesem Geld könnte man vielen bedürftigen Menschen helfen.» Mehrere Mitglieder des Gemeinderates verfolgten die Kundgebung am Rande. Auch Andreas Glarner. Das Wort wurde ihm für einmal nicht erteilt.